News | Afrika - Staat / Demokratie - Wirtschafts- / Sozialpolitik Keine Investitionen um jeden Preis

Eine Diskussionsveranstaltung zu Fragen von Investitionen und Handel für mehr Entwicklung in Johannesburg.

Im Oktober vergangenen Jahres kündigte die südafrikanische Regierung das Investitionsschutzabkommen mit Deutschland. Zuvor hatte Südafrika bereits ähnliche Abkommen mit anderen europäischen Staaten nicht erneuert. Die deutsche Regierung bedauerte diesen Schritt und nicht wenige Kommentatoren erwarteten wegen Südafrikas Entscheidung einen Rückgang ausländischer Investitionen in Südafrika.

Vor diesem Hintergrund luden die Young Economists for Africa http://economistsforafrica.wozaonline.co.za/mit Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Südliches Afrika zu einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung mit den Experten Thabo Chauke, Direktor im südafrikanischen Handelsministerium, und Bernd Schneider, Berater in Handelsfragen des EU-Abgeordneten Helmut Schulz (Die Linke), in das Foyer des WITS Arts Museum in Johannesburg ein. Mehr als 40 Gäste, vor allem StudentInnen, kamen am Mittwoch Abend, um mit den beiden zu diskutieren.

Für Thabo Chauke sind die alten Investitionsschutzabkommen überflüssig und schädlich. Überflüssig, da Südafrikas Verfassung den ausländischen Investoren bereits alle notwendigen Rechte garantiere. Eine Enteignung, wie sie manche Investoren wegen der Nationalisierungsdebatten im Land fürchten, ist ohne eine angemessene Entschädigung ausgeschlossen. Schädlich sind die Investitionsschutzabkommen, da sie durch ihre ungenauen Regelungen die Handlunsgspielräume des Staates bei wichtigen öffentlichen Aufgaben einengen, meinte Chauke.

Chauke verwies dabei auf das Beispiel der Asienkrise und den Maßnahmen der malaysischen Regierung. Damals setzte Malaysia gegen den Rat des Internationalen Währungsfonds auf Kapitalkontrollen zur Bekämpfung der Krise. Das Land überstand die Krsie, so Chauke, weitaus besser als andere asiatische Länder. Die Maßnahmen griffen aber in die Rechte von Investoren ein. Unklar sei, ob umfassende Kapitalkontrollen im jetzigen Regime der Investitionsschutzabkommen für Südafrika möglich wären.

Zudem, so Chauke weiter, sei keine Beziehung zwischen bestehenden Abkommen und dem Umfang von ausländischen Direktinvestitionen feststellbar. Mit Indien, Japan und den USA bestehen keine solchen Schutzabkommen und dennoch sei der Umfang der Investitionen aus diesen Ländern in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.

Bernd Schneider stimmte Chauke ausdrücklich zu und bezeichnete die Kündigungen der Investitionsschutzabkommen als richtig und die Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit als vernachlässigbar. Schneider machte auch deutlich, dass Südafrika keineswegs allein sei, dass auch andere Länder ihre Investitionsschutzabkommen überdenken. In den neuen Abkommen werden die Möglichkeiten der Regierungen gestärkt, in einzelne Bereiche (etwa im Gesundheitswesen) einzugreifen.

Wichtiger, so Schneider, seien die allgemeinen Rahmenbedingungen für Investitionen, dazu gehören beipsielsweise eine ausreichende und sichere Versorgung mit Elektrizität und eine gute ausgebildete Arbeitnehmerschaft. Aber auch die Marktgröße sei entscheidend. Chinas Erfolg auf dem Weg aus der Armut beruhe nicht auf Schutzabkommen. Südafrika und andere afrikanische Länder müssten sich, so Schneider, vielmehr um eine regionale Integration ihrer Märkte und einen intensiveren Handeslaustausch in der Region kümmern, damit das Kapital in der Region bleibt und dort wieder reinvestiert wird.

An die Vorträge der Experten schloss sich eine rege Diskussion mit dem Publikum an. Im Mittelpunkt der Fragen der Gäste stand vor allem die Themen Nationalisierung von Unternehmen und Abhängigkeit der südafrikanischen Wirtschaft von ausländischen Investoren, sei es aus Europa, den USA oder aus China. Die Nationalisierung von Bergbauunternehmen, Banken und großen Industriebetrieben strebt neben der neuen Partei Economic Freedom Fighters, an deren Spitze der ehemalige Präsident der ANC-Jugendliga, Julius Malema, steht, auch die Metallarbeitergewerkschaft NUMSA an. Chauke wies erneut darauf hin, dass die Verfassung enge Grenzen für eine Enteignung setze und dass ohne entsprechende Entschädigung keine Enteignung möglich sei.