News | Asien - International / Transnational - Geschlechterverhältnisse - Globalisierung Über neue Intimitäten in Vietnam und Popmusik in Thailand

Unterstützt durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung Südostasien organisierten Queer Forever! und das Manzi Kunst-Café am 9. Juni 2014 in Hanoi, Vietnam, einen Diskussionsabend über Vietnames_innen, die im Ausland leben und über K-POP Cover-Tanz.

Nach einer kurzen Einleitung und Begrüßung durch Nadja Charaby, Leiterin des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Hanoi, begann Nguyen Tang Hoang seinen Vortrag. Als Videokünstler und Wissenschaftler, dessen Arbeiten sich mit queeren asiatischen Identitäten, vietnamesischer Kultur im Ausland und südostasiatischen Filme beschäftigen, richtete er das Hauptaugenmerk seines Vortrags auf die Analyse der romantischen Komödie De Mai Tinh (Fool for Love). Dies ist ein vietnamesischer Kassenschlager aus dem Jahre 2010, der beschreibt, wie Intimität bei den zwei Hauptcharakteren, beides Viet Kieu (Vietnames_innen, die im Ausland leben), dargestellt wird. Auf der einen Seite Mai, eine junge Deutschvietnamesin mit der Hoffnung, Karriere als Songwriterin zu machen und auf der anderen Seite Hoi, ein schwuler, vietnamesisch-US-amerikanischer Unternehmer, der versucht, sich die Liebe und Zuneigung eines heterosexuellen vietnamesischen Freundes zu erkaufen. In seinem Vortrag bezeichnete Hoang die im Film gezeigten neuen Formen von Beziehungen zwischen Vietnames_innen und Viet Kieu als neue Form der Intimität. Die verschiedenen Biographien und Einflüsse, denen die Viet Kieu ausgesetzt sind, repräsentieren den globalen Kapitalismus, sowie kosmopolitische und transnationale Mobilität und Austausch. Darüber hinaus irritieren die nicht-normativen Genderrollen im Film und brechen klassische Rollenvorstellungen auf. Privatheit und Öffentlichkeit, Ferne und Nähe werden in diesem Film neu gedacht. Durch den Erfolg des Films strahlten diese Themen auch auf die gesamte Gesellschaft aus und wurden stärker diskutiert.

Im zweiten Vortrag beschäftige sich  Dredge Byung’chu Käng (Doktorand an der Emory University in Atlanta, USA, in Anthropologie) mit dem Phänomen von K-Pop Cover-Tänzen. K-Pop ist in erster Linie ein Sammelbegriff koreanisch sprachiger Popmusik und bezeichnet ein weit gefasstes musikalisches Genre. Die Cover-Tänze sind hoch choreographierte Gruppentänze zu dieser Musik, die sich insbesondere in Thailand großer Beliebtheit erfreuen. Aufführungen dieser Tänze werden zum einen über Videos im Internet verbreitet, zum anderen an öffentlichen Plätzen, wie Shopping Malls, Bars oder Cafés aufgeführt. Es gibt aber auch große, nationale Wettbewerbe, wo Gruppen gegeneinander antreten. Dadurch haben thailändische Cover-Tänzer wie zum Beispiel die Wonder Gays nationale Berühmtheit erlangt. Dredge beschrieb in seinem Vortrag, wie diese Tänze eine neue Ausdrucksform für queere thailändische Jugendliche bieten. Dies öffnet Möglichkeiten, neue eigenständige Subjektivitäten herauszubilden, die nicht an westliche Einflüsse gebunden sind. Die Tänzer selbst bezeichnen sich als modern, entwickelt, queer und asiatisch. Dadurch wird ein Spielraum für eigenständige queere Politik geschaffen, der sich nicht gegen den Vorwurf der postkolonialen Vereinnahmung durch den Western erwehren muss.

Nach diesen beiden Vorträgen diskutierten die rund 50 Teilnehmenden noch lange und lebhaft die aufgeworfenen Thesen und Thematiken. Der Wunsch von Nadja Charaby aus ihrer Einleitung, festgelegte Grenzen mit queeren Politiken zu überschreiten, schien zumindest an diesem Abend in Erfüllung gegangen zu sein.

 

von Christopher Wimmer