In Anwesenheit von PolitikerInnen und anderen VertreterInnen der Zivilgesellschaft aus mehreren arabischen Ländern und Deutschland eröffnete die Rosa-Luxemburg-Stiftung am 8. Oktober 2014 offiziell ihr Nordafrika-Büro in Tunis. «Wir beschäftigen uns mit Fragen der sozialen Gerechtigkeit, der friedlichen Konfliktlösung, Demokratie und Rechtstaatlichkeit», erklärte Vorstandsvorsitzende Dr. Dagmar Enkelmann die Aufgaben des Büros vor den über 200 Gästen, «also rundherum Fragen, die eine linke Stiftung stellt, aber auch beantworten sollte.»
Vernetzung kritischer WissenschaftlerInnen
Zum Auftakt der Büroeröffnung fand ein Kolloquium statt, das das neue Programm «Unabhängige Hochschulen und Förderung Kritischen Denkens als Beitrag zur Demokratisierung in Nordafrika» vorstellte. Das Programm, das im Januar 2015 seine Arbeit in Tunis aufnimmt, will kritisches Denken in der universitären Bildung Nordafrikas fördern und die Selbstorganisation von Hochschulen und damit die Freiheit von Lehre und Forschung unterstützen.
Namhafte WissenschaftlerInnen aus Tunesien, Marokko und Deutschland diskutierten die «Rolle der Wissenschaft in der arabischen Welt und die Herausforderungen der Globalisierung» unter reger Beteiligung des Publikums. «Es gibt einen grundlegenden Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Unterentwicklung und Abhängigkeit einerseits und dem Rückstand eigener wissenschaftlicher Leistungen andererseits. Den Geistes- und Sozialwissenschaften kommt die zentrale Aufgabe zu, die Entwicklungen im Maghreb kritisch zu begleiten und zu analysieren» sagte Dr. Khaled Chaabane, zukünftiger Koordinator des Programms. «Ziel ist die Entwicklung einer realistischen und nachhaltigen Strategie zur Beendigung der Abhängigkeit. Grundvoraussetzung dafür ist eine unabhängige und kritische Wissenschaft.»
Herausforderungen für linke Akteure
Am Tag darauf fand im Rahmen der Eröffnung ein regionales Seminar über «aktuelle Linke Politik im arabischen Raum» statt. Anhand von Fallbeispielen aus Tunesien, Ägypten und Palästina diskutierten PolitikerInnen und AktivistInnen aus den Ländern von Marokko bis Libanon über die derzeitigen Herausforderungen für fortschrittliche Politik und Organisierung. Inhaltlich ordnet sich das Seminar in die Bemühungen der Stiftung hinsichtlich der weltweiten Vernetzung fortschrittlicher politischer Kräfte und der Organisierung gemeinsamen Lernens ein.
«Wir konzentrieren uns auf die Auswirkungen der europäisch-nordafrikanischen Beziehungen auf die Länder Nordafrikas», beschrieb Peter Schäfer, Leiter des Büros in Tunis den Regionalfokus der Stiftung, «die von den Abhängigkeiten durch internationale Verschuldung bis hin zu den Rechten von Flüchtlingen reichen.»
«Mit dem Nordafrika-Büro in Tunis verfügt die Stiftung nun über 17 Auslandsbüros, die mit zivilgesellschaftlichen Kräften in über 60 Ländern kooperieren», so Wilfried Telkämper, Direktor des Zentrums für Internationalen Dialog der Rosa-Luxemburg-Stiftung, und wies auf die Bedeutung nicht nur der Beziehungen zwischen Nordafrika und Europa hin, sondern vor allem auf die von der Stiftung geförderte Süd-Süd-Kooperation.
Der deutsche Botschafter in Tunesien, Dr. Andreas Reinicke, sowie Elias Ghariani, ehemaliger Botschafter Tunesiens in Deutschland, begrüßten die Stiftung in Tunesien. VertreterInnen tunesischer Linksparteien und Gewerkschaften sowie der Oberbürgermeister der Stadt Tunis überbrachten der Stiftung persönlich ihre Glückwünsche.
Nordafrika-Referat, Oktober 2014