News | Parteien- / Bewegungsgeschichte - Deutsche / Europäische Geschichte - GK Geschichte Combined historical approaches to conflict (III International Conference “Strikes and Social Conflicts”)

Bericht über eine Konferenz zu globaler Arbeiterinnen- und Arbeitsgeschichte (15.-19. Juni in Barcelona)

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Das akademische und politische Feld der Global Labour History ist so vielfältig und gleichzeitig verwirrend wie die architektonische Anlage der in den 1960ern außerhalb Barcelonas gegründeten „autonomen“
Universität. Im Nachgang zur dritten Konferenz der 2011 gegründeten International Association Strikes and Social Conflicts stellen sich die üblichen Fragen:
- Geht es um Geschichte/Vergangenheit und/oder (auch) um die Gegenwart?
- Was ist der Gegenstand? Geht es um Streiks und soziale Konflikte oder in einem breiteren Sinne um globale, transnationale Arbeits-, ArbeiterInnen-, und ArbeiterInnenbewegungsgeschichte?
- Und ja, was ist „Arbeit“ in diesem Zusammenhang eigentlich?
Die Konferenz stand ganz im Schatten der jüngsten Krisenproteste, wie die Organisatoren dies bereits in ihrem Aufruf und auch bei der Eröffnung deutlich machten. Die dramatischen sozialökonomischen Transformationsprozesse der letzten Jahrzehnte hätten zur Wiederbelebung sozialer Bewegungen und Konflikte als eines wesentlichen Motors sozialpolitischer Veränderungen geführt, eine Dynamik, der die Forschung in diesem Bereich jedoch selbst noch weit hinterherhinke. Die Organisatoren formulierten daher das ehrgeizige Ziel, durch die Konferenz die Forschung zu Streiks, sozialen Bewegungen und sozialem Protest in den unterschiedlichsten Bereichen sowohl disziplinen- als auch epochenübergreifend zusammenzuführen und zu stimulieren. Letztlich soll darauf hingearbeitet werden, eine neue Forschungsagenda zu konstruieren, in der Streiks und soziale Konflikte eine Schlüsselrolle einnehmen würden, und damit auch zu einem neuen Verständnis von Vergangenheit und Gegenwart beizutragen. Symbolisch hierfür stand der Ort der Konferenz, die Universitat Autònoma in der Nähe von Barcelona,
eines der Zentren der Bewegung der indignados (die Empörten) von 2011 und eine Stadt, in der erst wenige Tage zuvor bei den Kommunalwahlen eine Bürgermeisterin gewählt wurde, die aus der Bewegung gegen Zwangsräumungen kommt.
Dieses Anliegen wurde auch von Josep Fontana in seiner Eröffnungsrede aufgenommen. Der Nestor der spanischen Sozialgeschichte, der auf der Konferenz womöglich seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte, zog einen weiten Bogen vom 16. Jahrhundert bis in unsere Zeit, um den Zusammenhang zwischen ökonomischem Konjunkturverlauf und der Entwicklung gesellschaftlicher Gleichheit bzw. Ungleichheit zu analysieren. Dabei erteilte er unter Rückgriff auf so unterschiedliche Theoretiker wie Walter Benjamin, Eric J. Hobsbawm und Thomas Picketty, der vor allem in den 1960er Jahren entwickelten Ansicht, wonach wirtschaftliches Wachstum auf lange Sicht zu mehr gesellschaftlicher Gleichheit führe, eine Absage. Vielmehr bilde die tatsächlich zu konstatierende abnehmende Ungleichheit vom Ende des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts in langfristiger Perspektive eine Ausnahme, die Fontana mit der Rolle sozialer Bewegungen wie der Arbeiterbewegung erklärte.

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