News | Krieg / Frieden Ex-Drohnenpilot und Whistleblower Brandon Bryant über den US-Drohnenkrieg

Bericht von der Veranstaltung am 18.3. in Potsdam

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Julia Bär,

Am Freitag, den 18. März, folgten ca. 50 Teilnehmer/innen der Einladung der Bundestagsfraktion DIE LINKE, der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg in die Räume der Berlin-Brandenburgischen Auslandsgesellschaft (BBAG) in Potsdam, um aus erster Hand über Insiderwissen aus dem US-Drohnenkrieg informiert zu werden. Der Ex-Drohnenpilot und Whistleblower Brandon Bryant saß gemeinsam mit Martina Renner (MdB) und Norbert Müller (MdB) auf dem Podium, um die Fragen der Moderatorin Julia Bär (RLS Brandenburg) und des Publikums zu beantworten. Brandon Bryant war von 2006 bis 2011 Pilot bei der United-States-Airforce und auch für gezielte Tötungsoperationen mittels Drohnen zuständig bis er im Juli 2011 von seinem Posten zurücktrat und sein Wissen über den Drohnenkrieg an die Öffentlichkeit brachte. In Potsdam berichtete Bryant zunächst über seinen Arbeitsalltag als Drohnenpilot bei der US-Airforce, wie er jeden Morgen aufstand um zur Arbeit zu fahren, sich für einen langen Arbeitstag vor seinen Monitor setzte und als letztes Glied in der Befehlskette die tödlichen Operationen ausführte – die Banalität eines Arbeitsalltags mit tödlichen Folgen für Menschen am anderen Ende der Welt.

Eindrucksvoll schilderte Bryant seine Entwicklung vom Drohnenkrieger zum Dissidenten und Whistleblower. Ursprünglich habe er gelernt zu kämpfen, um Menschen zu schützen. Er habe die demokratischen Werte der amerikanischen Verfassung schützen wollen und nach und nach gemerkt, dass er in eine Tötungsmaschinerie hineingeraten war, die mit diesen Werten nicht mehr viel zu tun habe. Auf die Frage, was ihn veranlasst habe, aus dem Drohnenprogramm auszusteigen, schilderte er einige Ereignisse, die ihn nachhaltig geprägt haben. So habe er irgendwann registriert, wie durch eine falsche oder versäumte Informationsweitergabe, die Bereitschaft zum Töten gesteigert worden sei. Als Beispiel schilderte er ein Erlebnis, als er den Befehl erhalten habe, auf eine Gruppe von Menschen zu schießen, die angeblich Sprengstoff bei sich getragen hätten. Nach dem Abschuss hätte es also eine zweite Detonation geben müssen, die aber ausgeblieben sei, was darauf hingewiesen hätte, dass es gar keinen Sprengstoff gegeben habe. Auch als er angefangen habe, seinen Vorgesetzten Fragen zu stellen und diese nicht beantwortet worden seien, hätten sich seine Zweifel weiter verstärkt. Bryant redete nicht wie ein Pazifist, sondern wie ein enttäuschter Kämpfer und Patriot und dadurch wirkten seine Aussagen besonders authentisch. Er fühle sich seinem Land nach wie vor verbunden, aber wer Krieg führe, müsse auch bereit seien, einen Preis zu zahlen. Ein Drohnenkrieger hingegen müsse nicht bereit sein, einen Preis zu zahlen.

Ein weiterer Aspekt, der auch das Publikum beschäftigte, war die Frage, wie in der Air-Force mit diesem Töten umgegangen worden sei und ob die Soldaten untereinander oder mit Vorgesetzten darüber redeten. Bryant erläuterte an mehreren Beispielen die verbale „Dehumanisierung“ der Opfer. Auf diese Weise wird offenbar eine moralische Distanz zu den Opfern hergestellt. Er berichtete davon, dass er auf den Monitoren gesehen habe, wie bei einem  Angriff ein Kind gestorben sei und man ihm gesagt habe, es sei nur ein „Hund“ gewesen. Überhaupt sei es üblich gewesen, die Opfer mit Tiernamen zu belegen oder getötete Kinder und Jugendliche als „zukünftige Terroristen“ zu bezeichnen.

Auch die Beteiligung Deutschlands am Drohnenkrieg wurde von Brandon Bryant zur Sprache gebracht und von Martina Renner vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus dem NSA-Untersuchungsausschuss bestätigt. „Ohne Ramstein würde es keinen Drohnenkrieg geben“ – so Brandon Bryant. Alle Signale die zur Steuerung der Drohnen erforderlich seien, würden über Ramstein gesendet. Martina Renner bekräftigte die Bedeutung, die Bryants Aussagen für die Aufklärungsarbeit des NSA-Untersuchungsausschusses gehabt hätten. Neben Ramstein, das nicht nur für die Steuerung von Drohnen, sondern auch weitere Informationsübermittlungen relevant sei, führte sie noch die Bedeutung von weiteren in der Spionageaffäre bedeuteten Institutionen an wie die Africom und die Hauptstelle für Befragungswesen, welche verdeckte Befragungen von Geflüchteten durchführte. 

Auf die Frage aus dem Publikum, ob er  in die USA zurückkehren könne, berichtete Brandon Bryant von den Drohungen und Schikanen, denen er und seine Familie dort ausgesetzt seien. Er wolle durch seine Enthüllungen von Deutschland aus auf die politische Entwicklung seines Landes einwirken.