News | Gesellschaftliche Alternativen Vermessung der Utopie

Raul Zelik über Mythen des Kapitalismus und Perspektiven der Veränderung

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Julia Bär,

Raul Zelik, Foto: Julia Bär

 

Am Donnerstag, dem 2. Juni, hatten wir gemeinsam mit dem freiLand zu einem Vortrag und einer Diskussion über „Mythen des Kapitalismus und die kommende Gesellschaft“ eingeladen. Raul Zelik, Autor von zahlreichen Artikeln, Essays, politischen Sachbüchern und Romanen, legte vor ca. 40 Teilnehmer_innen die Widersprüche offen, in die sich der Kapitalismus derzeit immer weiter verstrickt, übte Kritik am klassischen Utopismus und formulierte am Ende einen pluralistischen Ansatz, bei dem sich die Umsetzung  „konkreter Utopien“ (Bloch) und politische Kämpfe um radikale Reformen gegenseitig ergänzen.

Die Widersprüche des Kapitalismus, die derzeit sichtbar werden, wurden von  Raul Zelik präzise benannt. Der Kapitalismus baue auf „Effizienz“ und produziere somit Reichtum, den er aber nicht in der Lage ist, gerecht zu verteilen. Auch sei der ursprünglich kooperative Gedanke der Arbeitsteilung im Kapitalismus in ein ständiges Konkurrenzverhältnis der Menschen untereinander verwandelt worden. Zelik warnte davor, „Utopie“ als konkrete starre Idee zu verstehen, die man einer Gesellschaft von oben überstülpen könne und erinnerte an die Erfahrungen mit dem Scheitern des autoritären Staatssozialismus. Überhaupt sei einer revolutionären Bruch-Strategie immer auch Autorität eingeschrieben. Die Verteidigung einer revolutionären Idee im Zweifelsfall auch gegen eine gesellschaftliche Mehrheit bringe ein Demokratiedefizit mit sich, an dem der autoritäre Staatssozialismus gelitten habe. Vielmehr sei eine positive Veränderung in Kategorien des sozialen Fortschritts zu messen: dem Abflachen von Hierarchien, Kooperation statt Konkurrenz, mehr Gleichheit, weniger Privateigentum, mehr Gemeingüter. Der Weg dorthin könne nur als Kombination aus vielen unterschiedlichen konkreten Projekten und Kämpfen gedacht werden. Gesellschaftliche Veränderung müsse von gesellschaftlichen Mehrheiten gestaltet werden und sei weniger von der Frage abhängig, wer regiert. Vielmehr sei es Aufgabe der Linken, gesellschaftliche Kräfteverhältnisse zu verändern, indem anhand der genannten Kriterien sozialen Fortschritts unterschiedliche Kämpfe miteinander in Verbindung gesetzt und gemeinsame Horizonte eröffnet werden.

Raul Zeliks Vortrag zum Nachhören gibt es hier:

soundcloud.com/freilandpotsdam/raul-zelik-vermessung-der-utopie