
«Wir haben gekämpft wie die Blöden», erinnert sich Katrin Wolf, 68, DDR-sozialisiert, seit 1989 engagiert für Frauenrechte und Unterstützung von Selbstorganisation von Frauen. Ein Gespräch mit Ulrike Hempel, Rosa-Luxemburg-Stiftung auch über die heutige frauenpolitische Situation, «die dramatisch ist», so Katrin Wolf.
Ulrike Hempel: Was ist übrig geblieben vom DDR-Feminismus?
Katrin Wolf: Ich bin der Meinung, dass es einen DDR-Feminismus nicht gegeben hat. Es waren nur wenige, staatlich unabhängige Frauengruppen, die sich um Friedensfragen, lesbisches und homosexuelles Leben und Menschenrechtsfragen in der DDR gekümmert haben. Eine zivilgesellschaftlich-feministische Bewegung konnte es ja nicht geben. Schon einfach deshalb, weil eine Zivilgesellschaft in der DDR nicht gefördert wurde und alle nichtstaatlichen Aktivitäten äußerst misstrauisch beäugt und oft auch bespitzelt wurden.
Katrin Wolf, Jahrgang 1956, in Ost-Berlin geboren, Tochter des Schriftstellerpaares Christa und Gerhard Wolf, studierte Theaterregie und arbeitete als Regisseurin und Rezensentin.
Die offizielle Institution für Frauenpolitik, das war der Demokratische Frauenbund Deutschlands (DFD), der am 8. März 1947 in Ostberlin gegründet wurde. Der Frauenbund hat sich schon auch mit Frauenbelangen beschäftigt, aber Feminismus als Bewegung «von unten» in dem Sinne hat es nicht gegeben. Insofern kann ich die Frage danach, was davon heute noch existiert, nicht beantworten.
Feminismus als Bewegung ‹von unten› hat es in der DDR nicht gegeben.
Ja sicher, es gab in der DDR eine strukturelle Frauenförderung in allen Arbeits- und Familienbereichen. Aber sie war nicht erkämpft, sondern staatlich verordnet.
Ich geriet 1990 als Persönliche Referentin der Gleichstellungsbeauftragten in die erste und letzte frei gewählte DDR-Regierung. Dr. Marina Beyer (heute Grasse) war im Rang einer Staatssekretärin direkt angesiedelt bei Lothar de Maizière. Da wurden wir auf einen Satz in der ersten Verfassung der DDR vom 7. Oktober 1949 Artikel 7 aufmerksam: «Mann und Frau sind gleichberechtigt. Alle Gesetze und Bestimmungen, die der Gleichberechtigung der Frau entgegenstehen, sind aufgehoben.» Dieser Satz hat uns sehr beeindruckt. Denn er beschreibt ein Programm, das auch mit zahlreichen Maßnahmen von Parteitag zu Parteitag umgesetzt worden ist. Zum Sozialismus gehörte die Emanzipation der Frauen dazu.
Die Berufstätigkeit von Frauen wurde wirklich sehr gefördert. Natürlich auch vor dem Hintergrund des Bedarfs an Arbeitskräften, da war es wichtig, dass auch die Frauen gearbeitet haben. Und die vielen familienpolitischen Maßnahmen haben dies auch den Frauen ermöglicht – ich war selbst Nutznießerin davon. Bei Schwangerschaft war dir dein Arbeitsplatz sicher, die flächendeckende Kinderbetreuung, ab den Siebzigern gab es statt § 218 die Fristenlösung, Pille auf Rezept, Frauenförderpläne in den Betrieben und so weiter. All das, was heute als die sozialen Errungenschaften des Ostens angesehen wird.
Aber diese Maßnahmen verschleierten die – ich nenne es mal die «unterschwellige» Diskriminierung der Frauen in der DDR, also nicht so offensichtlich wie im Westteil.
Wie hat sich die Diskriminierung aber dennoch gezeigt?
Auch in der DDR haben die Frauen für die gleiche Arbeit weniger Geld bekommen. Und ja, sie wurden nicht so stark in bestimmte Berufsgruppen abgeschoben, hatten auch Zugang zu vermeintlichen Männerberufen. Trotzdem: In Führungspositionen gab es wenige Frauen. In der Regierung präsent war nur diese eine schreckliche Margot Honecker, Ministerin für Volksbildung und Frau von Erich Honecker. Fast alle anderen Posten waren wie selbstverständlich von Männern besetzt.
Die Frauenpolitik wurde also von alten Männern bestimmt, die zuallererst mal die sozialistische Wirtschaft und den eigenen Machterhalt im Blick hatten. Insofern war das, was den Frauen in der DDR zugestanden wurde auch diktiert von ideologischen und ökonomischen Bedingungen. Den Haushaltstag hat in der DDR auch nicht der Mann bekommen, sondern nur die Frauen.
Trotzdem bin ich der festen Überzeugung, dass das Verhältnis zwischen den Geschlechtern ein anderes war als im Westen.
Das Familien- und Frauenbild in der DDR war konservativ
Die Frauenförderung war in der DDR vor allem so angelegt, dass der Staat ökonomisch und familienpolitisch reibungslos laufen konnte und sollte. Ein Nachdenken etwa über Homosexualität, ob es lesbische Frauen und schwule Männer gibt, über alternative Familienmodelle kam nicht vor. Die Frage der Menschenrechte war in der DDR insgesamt ausgespart. Amnesty International war verboten. Das haben wir dann erst von den westdeutschen Feministinnen gelernt. Da hatten wir einfach wegen der Situation in der DDR auch nach der Wende etwas nachzuholen.
Den Frauen, die in der DDR gelebt haben und sozialisiert wurden, wird nachgesagt, sie seien besonders stark, selbstständig und unangepasst. Ist das nur ein Stereotyp?
Naja, das lässt sich nicht so klischeehaft sagen. Wir haben uns 1989/90 sehr darüber amüsiert, dass die Frauen im Westen ihre Männer bis in die 70er Jahre fragen mussten, ob sie arbeiten gehen durften und bei der Bank ein eigenes Konto eröffnen konnten. Das war für uns tiefstes Mittelalter, so was war in der DDR unvorstellbar.
Die Scheidungsrate war bei uns hoch, die Frauen waren unabhängig: Im Frauenreport´90 den wir damals veröffentlicht haben, ist nachzulesen, dass in der DDR 70 Prozent der Scheidungen von Frauen eingereicht wurden. Die Frauen hatten keine Angst, durch eine Trennung vom Mann in eine Armutsfalle zu tappen. Über 90 Prozent waren berufstätig, im Westen zu der Zeit 46 Prozent. Die DDR-Frauen waren nicht reich, aber eben unabhängig. Und eine Scheidung war kein gesellschaftlicher Makel.
Ich habe in der Übergangszeit 1989/90 und auch noch danach erlebt, wie die Frauen im Osten arbeitslos wurden. Gleichzeitig waren aber sie es, die sich auf den Weg gemacht und überall nach Arbeit gesucht haben, während viele Männer unbeweglicher waren und sich in ihrem vermeintlichen Elend einrichteten. Das kann ich zumindest für das Land Brandenburg sagen, wo wir anfangs die Frauenabteilung beim Hildebrandt-Ministerium mit aufgebaut haben. [Anm. Red.: Regine Hildebrandt war 1990 bis 1999 Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg] Die DDR-Frauen hatten weniger Angst, loszugehen und sich neu zu orientieren. Und das, obwohl sie im Westen auf dem Arbeitsmarkt oftmals nicht gut empfangen worden sind.
Die turbulente Wende…
Ja, die Zeit der Übergangsregierung von Lothar de Maizière war eine sehr besondere Situation. Wir hatten ja nicht damit gerechnet, dass die CDU so hoch gewinnen würde, sondern auf mehr Beteiligung der Bürgerbewegung gesetzt. Der Unabhängige Frauenverband (UFV) hatte die Stelle für die Staatssekretärin für Gleichstellung erkämpft. Er forderte eigentlich ein Frauenministerium und eine Abteilung Gleichstellung. Übrigens kannten wir das Wort Gleichstellung nicht. Bei uns hieß das immer Gleichberechtigung, das Wort «Recht» mitgedacht.
Diese ganze Regierung wurde natürlich dann schnell zusammengewürfelt. Es war ziemlich verrückt, wer da mit wem und wo gearbeitet hat. Unser Team – wir waren sieben Frauen – hat sich in einer brisanten Zeit schnell und tief einarbeiten müssen. Aus heutiger Sicht würde ich sagen, da hätte man normalerweise Jahre gebraucht. Aber es war nichts «normal» in diesem halben Jahr. Das waren keine idealen Bedingungen, wir haben nächtelang durchgearbeitet und es hat trotzdem nicht gereicht.
Ich denke heute, dass das eine der ‹Ursünden› des Beitritts war: Keine Zeit, kein gegenseitiger Respekt.
Marina hat in dieser Zeit dann den Frauenreport´90 in Auftrag gegeben. Es gab bis dahin keine Daten zur sozialen Situation der Frauen in der DDR. Nun war die dabei unterzugehen. Dieser Report sollte eine Grundlage darstellen für Zukünftiges. Dass die Übergangszeit nur ein halbes Jahr dauern würde, hat damals kaum jemand geahnt. Ich denke heute, dass das eine der «Ursünden» des Beitritts war: Keine Zeit, kein gegenseitiger Respekt, die Grundhaltung war: Macht ihr das mal schön so, wie wir es euch sagen und das ist ja gut gegangen. Das betraf leider auch Leute, die sich als politisch links verstanden. Mit einem Mal war der Westen so etwas wie ein Modell des Erfolgs.
Dass der Frauenreport´90 zur sozialen Lebenslage der Frauen in der DDR nicht so bekannt wurde, wie er eigentlich hätte werden müssen, hängt mit der Reaktion der westlichen Regierung zusammen. Als die gedruckten Exemplare des Frauenreports´90 ins Ministerium angeliefert wurden, drohte uns lächelnd einer der «Berater», der für uns zuständig war: «Wenn die morgen noch hier rumliegen, werden sie eingestampft!» Was für eine Arroganz und Ignoranz. Wir haben die Stapel dann sofort aus dem Ministerium weggeschafft. Eine Familie hatte ein Auto, einen Wartburg. Da haben wir die alle reingeladen und in unsere Wohnungen verfrachtet. Kam uns irgendwie bekannt vor. Eigentlich ein Skandal, den wir leider nicht öffentlich gemacht haben.
Von der vermeintlich neuen Welt ist der Frauenreport´90 zur Situation der Frauen in der DDR überhaupt nicht wahrgenommen worden, obwohl wir den überall hingeschickt haben. Er befindet sich heute in Frauenbibliotheken, so sie noch existieren.
Das Interesse an den DDR-Frauen und ihren Lebens- und Arbeitszusammenhängen war eben nicht da, das hat sich ja bis heute kaum geändert, oder?
Ich glaube, das lag und liegt vor allem daran, dass sie gar keine Öffentlichkeit für das Thema Frauen in der DDR wecken wollten und schon gar keine politische, zivilgesellschaftliche, feministische. Der umstrittene § 218 in der BRD traf auf die Fristenreglung der DDR. Einige Maßnahmen der positiven strukturellen Frauenförderungen in der DDR lagen auf den Verhandlungstischen – nichts davon haben wir erhalten können. Wir haben wie die Blöden gekämpft. Nichts konnte mitgenommen werden in diese «neue Welt». § 218 – das ist für Frauen aus der DDR so was von überholt gewesen.
Einige Frauen aus dem Westen, mit denen ich damals zu tun hatte und die unsere Arbeit unterstützt haben, sagten mir: «Also Frauen wie euch, so was gibt es bei uns gar nicht.» Ich wusste erst nicht, was sie meinten. «Ja, für euch ist das alles so selbstverständlich. Ihr trefft eigene Entscheidungen und zieht das dann auch durch.» Damals habe ich das erste Mal einen anderen Blick auf uns selbst bekommen.
Da trafen 1989/1990 grundverschiedene Frauen-Welten aufeinander?
Es dominierten lange Zeit die Modelle des westdeutschen Feminismus. Und die Erfahrungen der Ostfrauen, die wurden nicht richtig ernst genommen. Da war es wichtiger, ob eine Ingenieurin «Ich war Ingenieurin» statt «Ingenieur» sagte, als das wahrgenommen wurde, dass sie eine von den vielen top ausgebildete Ingenieurinnen war.
Der Blick lag auf dem Trennenden, nicht auf dem Gemeinsamen.
Diese Belehrungshaltung von den westdeutschen Frauen – anstatt zu staunen und auch anzuerkennen. Nee, wir kamen nicht zusammen. Das ist ein Jammer! Dadurch haben wir keine gemeinsame, große, feministische Kraft entwickelt. Der Blick lag auf dem Trennenden, nicht auf dem Gemeinsamen. Aber der Blick ging sowieso nicht auf das Andere und die Frage, warum sind wir so anders. Uns wurde suggeriert: Obwohl ihr berufstätig gewesen seid und so viel Erfahrungen habt, seid ihr feministisch unterentwickelt. Und das nur, weil wir theoretische Ansätze nicht kannten und die wichtigsten feministischen Bücher auch nicht. Woher sollten wir die kennen? Sie fanden uns in unseren Kittelschürzen, um mal ein Klischee zu bedienen, einfach nur hausbacken. Dass für uns aber diese Kittelschürzen bedeuteten, dass die Frauen in dem und dem Betrieb gearbeitet haben und unabhängig waren, selbständiger entscheiden konnten, was sie wollten, dass spielte für die Frauen aus dem Westen keine Rolle. Es ging viel um Äußerlichkeiten und wer sich besser ausdrücken konnte.
Was wir im Pankower Friedenskreis gemacht haben – ich war seit der Gründung 1981 dabei, dort habe ich auch Marina kennen gelernt – wurde alles von der Staatssicherheit beäugt und misstrauisch verfolgt. Da konnte wenig bewegt werden in der Gesellschaft, aber wir haben Selbstbehauptung erprobt und waren aktiv da, als das System zusammenfiel. Aber diese Art von Selbstdarstellung, das hatten wir im Osten nicht gelernt. Das ist eben ein Nachteil, so ohne freie Zivilgesellschaft, in der du das üben kannst oder in der Konkurrenzgesellschaft auch können musst.
Es gab in der DDR keine Zivilgesellschaft, außer die Kaninchenzüchter und Anglervereine.
Glaubst du, dass die jüngere Frauengeneration, also unsere Töchter und Enkelinnen, dass bei ihnen noch etwas da ist von dem, was ihre Mütter und Großmütter in der DDR an Unabhängigkeit gelebt haben?
Ich glaube, das wird sich noch zeigen, ich kann das nicht beurteilen. Vielleicht gibt es dazu Studien und Forschungsergebnisse. Für mich kann ich nur das reflektieren, was es in meinem Umfeld, bei Freundinnen und der eigenen Familie gibt. Unsere Tochter wollte zum Beispiel eine Weile gar nichts mehr hören von und über die DDR. Irgendwann dann aber meinte sie, sie würde fühlen, dass auch sie dadurch sozialisiert sei. Heute kümmert sie sich um Frauenrechte. Sie selbst hat keine Tochter, sie hat Söhne. Und sie werden auch in diesem Sinne erzogen. All das hängt ja doch auch immer vom sozialen Umfeld ab.
Doch, meine Tochter hat auf jeden Fall ein Unrechtsbewusstsein «geerbt». Sie hat – wie wir 1992 das Ost-West-Europäische FrauenNetzwerk – eine Organisation gegründet, ist Geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von FAIR SHARE of Women Leaders e.V. Bei Fair Share geht es darum, eine neue, feministische Führungskultur zu entwickeln und in zivilgesellschaftlichen Organisationen mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Diese Arbeit wird heutzutage schwieriger, die gesamtgesellschaftliche Richtung scheint sich gerade umzudrehen, das erschwert auch die Finanzierung.
Die Themen werden einfach nicht aufgenommen. Das ist ganz schön niederschmetternd.
Es wird von Krieg und Wehrpflicht, vom Aufrüsten und Abbau des Sozialstaates geredet. Die Bürgergeldempfänger*innen werden zu einem Problem aufgebauscht, das angeblich den Reichtum und das Wachstum behindert. Es gibt Verbote, gendergerechte Sprache zu nutzen. Geht’s noch? Alles Ablenkungen. Wer interessiert sich dann noch für Feminismus, Gleichstellung oder etwa Klimaschutz?
Wenn die Bundestagspräsidentin Julia Klöckner sagt, die Regenbogenflagge wird nicht auf dem Bundestagsgebäude gehisst, dann weiß da jemand überhaupt nicht, was Menschenrechte sind.
Das Erbe aus der DDR- und vor allem aus der Umbruchszeit 1989, das hat sich für die kommenden Generationen schon wieder verändert. Das zeigt sich doch aktuell ganz klar. Es ist absolut dramatisch, was abgeht. Wenn jemand wie die Bundestagspräsidentin Julia Klöckner sagt, die Regenbogenflagge wird nicht auf dem Bundestagsgebäude gehisst, dann weiß da jemand überhaupt nicht, was Menschenrechte sind. Das ist doch eine Katastrophe. Und auch Bundeskanzler Friedrich Merz mit seiner Zirkusbemerkung – hat er von der Geschichte der Menschenrechte etwas verstanden? Ich glaube kaum. Aber er liebt ja seine Frau. Ein Superfeminist. Es geht rückwärts in die Zukunft.
Es ist immer ein minimaler Anteil der Gesellschaft, der sich wirklich engagiert, Neues denkt und entwickelt. Von der aktuell gewählten Regierung gibt es sehr wenig, was mir da Hoffnung auf Veränderung macht. Dass die Menschen gerade jetzt so konservativ wählen, das bedeutet doch etwas wie Zukunftsangst und alles, was von den Wenigen versucht wird, anders zu machen, wird diskreditiert. Ich betrachte das mit großer Sorge. Die Welt brennt, aber die Vorstellung, eine neue Heizungsart einzubauen, die bringt dann den großen Widerstand.
Und da reden wir jetzt hier in diesem Interview über das DDR-Erbe? Das frauenpolitische Erbe wurde abgeschnitten, sofort 1990 und mit scharfer Klinge. Das, was eigentlich für die Gleichstellung und die Gleichberechtigung der Frauen hätte vererbt werden können und müssen, das ist unter den Tisch gekehrt worden. Wie soll sich denn etwas fortsetzen davon in einer Welt, in der wir einen großen Backlash haben?
Eine starke Frauenbewegung muss her
All das, was wir jetzt in dieser Hinsicht erleben, das beunruhigt mich sehr. Gleichzeitig sehe ich eine Frauenbewegung, die sich immer mehr in immer kleinere Gruppen ausdifferenziert, statt eine große gemeinsame Gegen-Kraft zu entwickeln. Bis heute ist es uns nicht gelungen, die Osterfahrungen der Frauen und den Westfeminismus in einen guten Dialog zu bringen. Das wäre genau jetzt dran: Eine starke gemeinsame Frauenbewegung. Die sich wehrt dagegen, was wir hier jetzt alle vorgesetzt bekommen. Aber ehrlich: Ich sehe diese Frauenbewegung leider nicht.
Ist das jetzt alles zu niederschmetternd – oder hoffentlich auch motivierend?
Mehr zu Katrin Wolf:
1990 war Katrin Wolf in der Übergangsregierung der DDR als Persönliche Referentin der Gleichstellungsbeauftragten tätig. 1992 gründete sie das Ost-West-Europäische Frauen-Netzwerks OWEN e.V. mit, wo sie bis 2003 arbeitete und Trainings leitete. OWEN unterstützte Frauen in Osteuropa, eigene Strukturen aufzubauen und von Erfahrungen und Methoden des Westens (bis USA) und des Südens (bis Ghana) zu profitieren. Von 1998 bis 2008 arbeitete sie parallel als Trainerin (u.a. in Russland, Tschetschenien und der Ukraine) und Ausbilderin für Konfliktbearbeitung und Transkulturelles Lernen, gründete den A.T.C.C.-Verband mit und engagierte sich für den deutsch-israelischen Frauendialog (1998 bis 2007). 2003 bis 2006 koordinierte sie den Aufbau von DARE-network, einem europäischen Bildungsnetzwerk für Menschenrechtsbildung. 2007 zog sie nach Hamburg, um bei filia.die frauenstiftung als stellvertretende Geschäftsführerin, verantwortlich u.a. für die Öffentlichkeitsarbeit der weltweit tätigen Frauenstiftung zu arbeiten. Katrin Wolf lebt mit dem Grafiker Martin Hoffmann zusammen, sie haben zwei Kinder und inzwischen vier Enkel.
