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Presse release | Gegen die Mehrheit

Der Berliner Palast der Republik wird abgerissen, doch der Widerstand dagegen erlahmt in keiner Weise (junge welt, 7.5.2007)

»Der Palast lebt – trotz alledem«. So heißt eine Ausstellung, die seit Montag in den Räumen der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Franz-Mehring-Platz 1, in Berlin zu sehen ist. Seit Anfang 2006 wird der Palast der Republik abgerissen, nicht etwa »demontiert« wie am Bauzaun verkündet wird. Dies sei auf eine »demokratische Entscheidung« zurückzuführen, ist dort auch zu lesen. Dahinter hat jemand ein Fragezeichen gesetzt. Denn der Beschluß des Bundestages, den Palast abzureißen, widerspricht der Meinung der Bevölkerungsmehrheit. Der Palast wird schlichtweg entsorgt.

Erst wurde er geschlossen. Der ursprüngliche Schließungsgrund, die »Asbestverseuchung«, wird immer unglaubwürdiger. Die Zahl der asbestbelasteten öffentlichen Gebäude in Deutschland geht in die Tausende. Allein in Berlin soll es zirka 4000 davon geben. Werden sie alle saniert oder abgerissen?

Dann ließ man das Gebäude verkommen. Schließlich wurde es auf den Rohbauzustand zurückgeführt – um den Asbest zu beseitigen. Für den Bruchteil der bis heute dafür verschwendeten 80 Millionen Euro Steuergelder lagen se–riöse Angebote ausländischer Firmen zur Komplettsanierung vor. Sie wurden absichtlich nicht zur Kenntnis genommen.

Die Nutzung des Rohbaus für vielfältige kulturelle Zwecke bewies hohe Anziehungskraft. Die Palastgegner, allen voran sogenannte Bürgerrechtler aus DDR-Zeiten, wurden nervös. Zwischenzeitlich Bundestagsabgeordnete geworden, wie z.B. Eppelmann, Nooke, Lengsfeld u.a., drängten sie auf Eile. Hauptmotor war und ist Wolfgang Thierse, ehemals Mitarbeiter im Ministerium für Kultur der DDR, später Bundestagspräsident. Interessanterweise wurde der Beitritt zur BRD im Palast beschlossen. Ebenso war dort auch das Wahlzentrum der »ersten freien Wahlen« in der DDR am 18. März 1990 zu finden.

Die politisch gewollte Vernichtung des Palastes der Republik wurde von vielfältigen Protesten begleitet. Petitionen an den Bundestag werden seit Monaten nicht beantwortet, die Abrißkosten explodieren. Die Bewegung gegen den Abriß hat sich neu formiert. Im März wurde der bundesweite »Freundeskreis Palast der Republik« gegründet. Für dessen Mitglieder ist der Palast ein Symbol dafür, wie mit Bürgerinteressen umgesprungen wird. Schwerpunkte des Freundeskreises sollen Wanderausstellungen, Vorträge, Recherchen und Dokumentationen zum Geschehen auf dem Berliner Schloßplatz sein. Im Internet ist der Freundeskreis unter palastschaustelle.eu <http://palastschaustelle.eu>  zu erreichen.