Publication Staat / Demokratie - Gesellschaftstheorie - Globalisierung - International / Transnational Lateinamerika, eine neue Ära?

Reihe: Texte der RLS Bd. 47 von Hans Modrow, Dietmar Schulz (Hrsg)

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Texte (Archiv)

Author

Dietmar Schulz,

Published

April 2008

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Von Hans Modrow, Dietmar Schulz (Hrsg)

Reihe: Texte der Rosa-Luxemburg-Stiftung; Bd. 47

ISBN 978-3-320-02155-9

176 Seiten, Broschur


Inhalt

Vorwort
ERNESTO KROCH: Eine neue Ära hat begonnen. Stand und Perspektiven linker Regierungen in Lateinamerika
HANS MODROW, DIETMAR SCHULZ: Das Forum São Paulo. Bündnis gegen Neoliberalismus für eine neue Ära in Lateinamerika – seine Entwicklung seit 1990
HANS MODROW: Neue Momente in der kubanischen Revolution
ACHIM WAHL: Brasilien – Lula zwischen Neoliberalismus und Reformaufbruch
HELMA CHRENKO: Bolivien – Aufbruch in eine neue Zeit
AHMED ABED, MAXIMILIAN JABLONOWSKI, LUCIA SCHNELL, BEN STOTZ: Venezuela und die Bolivarianische Revolution. Ein Land auf dem Weg zum demokratischen Sozialismus
ACHIM WAHL: Die Linke Lateinamerikas und die sozialen Bewegungen
OTTO PFEIFFER: Die Vereinigte Sozialistische Partei Venezuelas und ihre Wurzeln
XIV. Treffen des Forums vom São Paulo 22.-25. Mai 2008, Montevideo – Uruguay Schlusserklärung
Was erwartet der Süden von der europäischen Linken? Botschaft des Präsidenten Evo Morales Ayma an die Vereinigte Europäische Linke, GUE/NGL, verlesen von der Botschafterin Boliviens in Frankreich, Luzmila Carpio Sangueza, während der Konferenz der GUE in Cité de Sciences, Paris, am 18. Mai 2008

ANHANG
Glossar
Biographische Angaben
Autorinnen und Autoren

 

Vorwort
Die gegenwärtige Entwicklung in Lateinamerika löst in aller Welt Aufmerksamkeit aus. Auch in Deutschland schauen viele Linke auf den Subkontinent und verfolgen größtenteils mit Sympathie die politischen und sozialen Veränderungen, die sich in einer Vielzahl von Ländern Lateinamerikas vollziehen. Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland unterstützt hingegen die Kräfte des Neoliberalismus, der Restauration, der Machterhaltung der alten Eliten und ist den Interessen deutscher Großunternehmen und Banken verbunden.

Die linken, progressiven und demokratischen Kräfte in Lateinamerika wollen sich nicht mit dem »Ende der Geschichte« abfinden, wollen nicht hinnehmen, dass der den Gesellschaften des Subkontinents in den vergangenen Jahrzehnten aufgezwungene Neoliberalismus die »Ultima Ratio« der Menschheitsentwicklung  sein soll. Ideenreich und in ständiger Wechselwirkung mit den sozialen Bewegungen der Zivilgesellschaft suchen sie nach Wegen und Mitteln, um das Vordringen des Neoliberalismus aufzuhalten, die Entwicklung umzukehren und den Neoliberalismus letztendlich zu überwinden.

Dieser Kampf gegen den Neoliberalismus und seine verheerenden sozialen Folgen für den Großteil der Bevölkerung in Lateinamerika ist die wichtigste Triebfeder für die gegenwärtige Entwicklung. Aufgrund der Breite der in diesen Prozess involvierten Kräfte und ihrer unterschiedlichen politischen Positionen finden sich recht unterschiedliche Projekte zur Lösung dieser Grundfrage. Sie reichen von der Entwicklung des »Sozialismus im 21. Jahrhundert« bis hin zu großbürgerlichen Reformprojekten, die den Rahmen der gegenwärtigen Herrschaftsverhältnisse nicht in Frage stellen. Vielen gemeinsam ist das Streben nach einer grundlegenden Demokratisierung des Staates und seiner Strukturen, ja der gesamten Gesellschaft einschließlich der Sphäre der Wirtschaft, die eine wirkliche Mitbestimmung der Menschen an der Gestaltung der Gesellschaft ermöglicht – ein Vorhaben, das weit über die Grenzen der westlichen »repräsentativen Demokratie« hinausgeht.

Die Autoren und Herausgeber dieser Artikelsammlung wollen einen Beitrag zur Diskussion und Analyse der sich derzeit in Lateinamerika vollziehenden Wandlungen leisten. Eine solche Debatte hat unseres Erachtens unter der deutschen Linken gerade erst begonnen und bedarf einer konsequenten Weiterführung.

Wir wollen mit unserer Veröffentlichung zur Entwicklung eines differenzierten Lateinamerikabildes beitragen, das von Solidarität mit und tiefer Sympathie für die progressiven Kräfte zeugt, aber zugleich auf fundierter Kenntnis und sachlichkritischer Analyse beruhen soll.

Nachdrücklich wollen wir zum Lernen von den lateinamerikanischen Freunden anregen. Insbesondere hinsichtlich der Konzeption von einer Verbreiterung und Vertiefung der Demokratie sowie den dabei gewonnenen Erfahrungen können wir wichtige Anregungen aufnehmen – den Willen dazu vorausgesetzt.

Ein besonderes Anliegen war es uns, das Forum von São Paulo einem breiteren Leserkreis nahezubringen. Dieser Zusammenschluss von progressiven und linken Parteien und Bewegungen Lateinamerikas erfährt hierzulande leider noch nicht die ihm unserer Meinung nach gebührende Aufmerksamkeit. In den nahezu zwei Jahrzehnten seines Bestehens hat das Forum von São Paulo – bei allen Problemen, die seine Entwicklung begleitet haben – einen wichtigen Beitrag zur Zusammenführung und Bündelung der linken, progressiven und demokratischen Kräfte in Lateinamerika geleistet. Von großem Wert sind die Ideen, Anregungen und Konzeptionen, die, ausgehend von der Debatte und dem Erfahrungsaustausch im Rahmen des Forums von São Paulo, den Weg in die soziale und politische Wirklichkeit der Länder Lateinamerikas gefunden haben.

Den Anspruch auf eine umfassende Beschreibung und Analyse der Situation in Lateinamerika konnten und wollten die Autoren und Herausgeber nicht für sich erheben. Schlaglichtartig sollen die Artikel dieses Buches die Situation in einer Reihe von Ländern bzw. einige wichtige regionale Entwicklungen darstellen. Das spezielle Eingehen auf Bolivien und Venezuela ist der Tatsache geschuldet, dass diese Länder sehr konsequent und entschlossen neue Wege bei der demokratischen Gestaltung einer politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung zugunsten ihrer Völker und, besonders im Falle Boliviens,  zugunsten der bisher benachteiligten, unterdrückten und ausgegrenzten indigenen Bevölkerung beschreiten und damit das weltweite Interesse auf sich ziehen.

Alle Artikel spiegeln den Standpunkt der jeweiligen AutorInnen wider.

Hans Modrow, Dietmar Schulz