Publication Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Globalisierung - International / Transnational - Amerikas Wege der Umwandlung (eine theoretische Betrachtung)

Beitrag zu den Thesen der Rosa-Luxemburg-Stiftung für das Seminar „Reform oder Revolution? Gesellschaftliche Konflikte, Konzepte, Akteure, Strategien des Kampfes gegen den Neoliberalismus“, Rio de Janeiro, Juni/Juli 2004

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Series

Online-Publ.

Author

César Benjamin,

Published

July 2004

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Beitrag zu den Thesen der Rosa-Luxemburg-Stiftung für das Seminar „Reform oder Revolution? Gesellschaftliche Konflikte, Konzepte, Akteure, Strategien des Kampfes gegen den Neoliberalismus“, Rio de Janeiro, Juni/Juli 2004

Bei diesen Texten handelt es sich um Arbeitsübersetzungen für den Seminargebrauch. In einer mehrsprachigen Buchpublikation, die weitere Texte umfassen wird und zum nächsten WSF in Porto Alegre vorgelegt wird, werden die Beiträge in ihrer Endfassung publiziert.Wir bitten darum, die Texte bis dahin nicht zu zitieren.

Der Kapitalismus hat gewonnen. Wir befinden uns schließlich in einer Welt in der  alles Ware sind, wo auf verrückte Weise für einen noch verrückteren Verbrauch produziert wird und auf verrückte Weise verbraucht wird um noch verrückter zu produzieren. Es wird für Geld produziert, es wird für Geld spekuliert, Kriege werden um Geld geführt, es wird wegen Geld getötet, es wird wegen Geld korrumpiert, das ganze gesellschaftliche Leben wird um Geld herum organisiert, es wird nur an Geld gedacht, das Geld wird verehrt, der wahre Gott unserer Zeit - ein den Menschen gegenüber gleichgültiger Gott, Feind der Kunst, der Kultur, der Solidarität, der Ethik, der Liebe. Ein Gott der außerordentlich zerstörerisch wurde. Und unersättlich: wie wir sahen ist die Ansammlung abstrakten Reichtums von der Definition her ein Vorgang ohne Grenzen.  Der Kapitalismus hat gewonnen. Vielleicht kann er jetzt verlieren. Denn, wie Hegel gesagt hat, bevor das Neue erscheinen kann, muss das Alte seine vollständigste Form erlangen, welche auch die einfachste und wesentlichste ist, wobei die zwischenzeitlichen Mittel, die sie brauchte, um sich zu entwickeln aufgegeben werden. Der höchste Moment eines Systems, wenn seine Möglichkeiten voll entfaltet sind, ist der Augenblick, der seiner Erschöpfung und Überwindung vorausgeht.  13. Die Notwendigkeit des Findens einer anderen Form der sozialen Organisation ergibt sich nicht  primär daraus, dass die Arbeiter mehr oder weniger ausgebeutet werden - das ist nicht der wesentlichste Gesichtspunkt der Frage. Sie ergibt sich daraus, dass die Menschheit, um zu überleben, schließlich das Kommando ihrer eigenen Geschichte übernimmt. Dieser Schritt setzt voraus, das der Grundsatz zur Organisierung des sozialen Lebens nicht mehr das Ansammeln von Kapital und die Form-Ware ist. Dieses ist die Herausforderung, die uns für dieses Jahrhundert gestellt ist. Wir wissen noch nicht, wie wir sie lösen können.  Wie es auch sei, wir wissen bereits, dass der Sozialismus nicht zum Ziel haben soll, dasjenige besser zu machen was der Kapitalismus bereits macht. Es steht dem Sozialismus nicht zu, effizienter als der  Kapitalismus zu sein, denn es gibt keine abstrakte Effizienz. Ebensowenig kann der Sozialismus vorhaben, ein geplanter Kapitalismus zu sein der sich von seinen eigenen Krisen befreit hat, was im übrigen unmöglich ist. Es muss überlegt werden, wie eine andere Gesellschaft, mit anderen  Werten, anderen Zwecken und anderer Dynamik. Es steht dem Sozialismus vor allem zu, das menschliche Zusammenleben neu zu gestalten, unter Bewahrung und Aufwertung aller vorangegangenen Eroberungen der Zivilisation, und den Menschen wieder in den Mittelpunkt zu setzen. Warum betrachten wir dann nicht mehr mit einem offenen Geist die Menschheit als ein Ganzes? Denn einer der Gründe unseres gegenwärtigen Stillstandes liegt vielleicht in der eurozentrischen Linken, einem gewichtigen Erbe. Die ganze von mir bisher zusammengefasste Diskussion ist vor allem eine europäische Diskussion.   Es sei mir ein Bekenntnis gestattet: ich fühle mich unwohl in der ewigen Rolle eines Statisten, die wir den Völkern am Rande übertragen haben, welche immer die große Mehrheit darstellten. Es ist richtig, sie wurden vom jungen sich ausbreitenden Kapitalismus versklavt. Aber sie sind gereift. In einer Phase des alternden Kapitalismus, wer weiß, ob sie nicht eine neue aktivere Rolle übernehmen können?