Publication Parteien / Wahlanalysen - Westeuropa - Europa links Einfache Antworten gibt es nicht

Die europäischen Linksparteien müssen sich mit den Ursachen der Wahlniederlage auseinandersetzen. Analyse der Europawahlen von Conny Hildebrandt

Information

Published

May 2019

Ordering advice

Only available online

Plenarsaal des Europaparlaments in Brüssel CC BY 2.0, Tim Reckmann / flickr

Bis zum 26. Mai 2019 verliefen die Europawahlkämpfe scheinbar klassisch vorhersehbar zwischen Konservativen, Liberalen, Sozialisten/Sozialdemokraten, Grünen, Linken und den Parteien der politischen Rechten. Die Konservativen mit Manfred Weber als Spitzenkandidat verteidigten trotz zahlreicher Probleme wie bei Migration oder den unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungen die EU als Erfolg und deshalb den Status quo. Die Sozial­demokraten forderten mit Frans Timmermans tiefgreifende Veränderungen sozial und ökologisch. Die Grünen forderten die grundlegende sozial-ökologische Umgestaltung der EU und konkrete Maßnahmen in der Klimafrage. Dies verlangen auch die Linken und ebenso ein Festhalten an den Menschenrechten. Sie lehnen als Einzige eine europäische Armee ab.

Die Rechtsparteien forderten vor allem die Abschottung und Neuausrichtung der EU im Inte­resse der „Vaterländer“. Sie fordern angesichts des Brexits zwar nicht mehr den Austritt aber die grundlegende Umgestaltung der EU-Institutionen bis zur Abschaffung des Parlaments. Auf großen Bühnen in Paris und Mailand feierten sie ihre neue Stärke. Doch inmitten dieser Feierlichkeiten platzte das Ibiza-Video mit dem FPÖ-Obmann und österreichischen Vize­kanzler Heinz-Christian Strache von der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) als Hauptdar­steller, das wie in einem Sittengemälde die Verwahrlosung (so der österreichische Präsident Van der Bellen) die Käuflichkeit der FPÖ bloßstellt. Strache musste zurücktreten, so auch der Innenminister, und wenig später ziehen sich die FPÖ-Minister aus der Regierung zurück, sodass es im September zu Neuwahlen kommt. Inzwischen hat das österreichische Parlament auch dem Bundeskanzler Kurz, dem zu Recht die Verantwortung für das Desaster um die rechts-rechte Regierung angelastet wurde, das Misstrauen ausgesprochen.

Eigentlich hätte man annehmen müssen, dass diese sich überstürzenden Ereignisse die Wahlergebnisse des 26. Mai beeinflussen würden. Doch das war in keinem erkennbaren Ausmaß der Fall, nicht auf EU-Ebene, und selbst in Österreich, wo die FPÖ nur etwas mehr als 2 Prozent verlor. Inzwischen wurde sogar bekannt, dass H.C. Strache aufgrund der auf ihn entfallenden Vorzugsstimmen einen Sitz im Europaparlament erobern konnte.

Salvinis Lega zieht mit 28% als stärkste italienische Fraktion ins EP, ebenso in Frankreich Marie Le Pen mit Rassemblement National (RN) mit 23,31%. Die FPÖ wird mit 17,2% dritt­stärkste Fraktion im Land. Die Brexit-Partei Nigel Farage wird mit 31,69% und 29 Sitzen zur stärksten Partei der Briten.  Die AfD in Deutschland verdoppelt ihre Stimmen. Aber auch Orbans FIDESZ mit 52,3% und die polnische PIS-Partei (Recht und Gerechtigkeit) mit 45,4% und 23 Sitzen verstärken ihre Positionen. Summiert man zu den Abgeordneten der Rechts­fraktionen ECR, ENF und EFDD die faschistischen Parteien wie die ungarische Jobbik, die griechische Morgenröte, die spanische VOX, die slowakischen Nationalisten und die FIDESZ, so kommt man auf ca. 190 Abgeordnete, d.h. ca. 25% der Stimmen des Europaparlaments. Der Rechtsruck verfestigt sich und spaltet die Gesellschaften in fast allen Ländern der EU. 

Es verlieren deutlich Konservative, Sozialdemokraten und Linke. Es gewinnen die Liberalen und Grünen.

Zum Gesamtergebnis