Die Wahl zum 7. Landtag Brandenburg am 1. September 2019 endete für die AfD mit einem großen Erfolg. Mit 23,5 % der Zweitstimmen verdoppelte sie nahezu ihr Ergebnis von 2014 (12,2 %) und stieg zur zweitstärksten Partei im Land auf. Statt 11 stellt sie jetzt 23 von 88 Abgeordneten, darunter 15 direkt gewählte. In 20 der 44 Wahlkreise entfielen mit 24,4 % bis 36,0 % der gültigen Stimmen die meisten Zweitstimmen auf die AfD. In den Wahlkreisen Oberspreewald-Lausitz I und Spree-Neiße II erzielte sie mit 22,5 bzw. 22,8 Prozentpunkten die größten Zuwächse. In 22 Gemeinden erhielt die Partei über 40 % der Zweitstimmen, in Hirschfeld und Heinersbrück Spitzenwerte von 50,6 % und 50,5 %. Im Landesdurchschnitt entschieden sich für die AfD 14,2 % aller Wahlberechtigten Brandenburgs, in 53 Gemeinden mehr als jeder fünfte, in drei Gemeinden sogar über 30 %. Die Hochburgen der AfD ballen sich vor allem im Süden und Osten des Landes, in der Lausitz und der Grenzregion zu Polen.
Thomas Falkner arbeitet als Grundsatzreferent bei der Fraktion DIE LINKE im Landtag Brandenburg. Horst Kahrs arbeitet als Referent für Demokratie und Wahlen, Klassen und Sozialstruktur im Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
In unserer kleinen Studie tragen wir Erkenntnisse über die Zusammensetzung der AfD-Wählerschaft, regionale Besonderheiten, sozialen Wandel und historische Linien zusammen und fragen, inwieweit auch die Schwäche anderer Parteien den AfD-Erfolg ermöglichte. Die eine monokausale Erklärung für den Aufstieg der AfD gibt es aus unserer Sicht nicht. Einflussfaktoren verschiedener Ebenen wirken zusammen. Regionale (sozialräumliche) Ungleichheiten und ihre lebensweltliche Wahrnehmung spielen eine Rolle, ebenso eine allgemeine eher unspezifische Unzufriedenheit wie auch eine besondere Unzufriedenheit mit der eigenen wirtschaftlichen Lage, das Gefühl, nicht zu bekommen, was einem zusteht. Die relative Dominanz der Themen «Kriminalität, Innere Sicherheit» und «Zuwanderung, Islam» bei der Wahlentscheidung für die AfD spricht dafür, dass die AfD ein ideologisches Muster der politischen Komplexitätsreduktion anbietet, welches ein großes, affektiv und emotional gefärbtes Erklärungspotential bietet und die beiden Gefühlswelten, verlassen und hinter andere (Zugewanderte) zurückgesetzt worden zu sein, politisch adressiert. Wirkmächtig ist dies nicht zuletzt, weil es einen «harten Kern» von Wählern und Wählerinnen weit rechts agierender Parteien in Brandenburg schon lange vor den AfD-Erfolgen gab. Auch gelingt es der AfD, «schlummernde» nationalistische und rassistische Einstellungen anzusprechen und wieder gesondert politisch zu formieren.
Inhalt
- Soziale Merkmale des Landesergebnisses der AfD
- Alter und Geschlecht
- Ein «harter Kern» von Wählern und Wählerinnen rechter Parteien
- Bildung und Berufstätigkeit
- Beginnende Herausbildung einer Stammwählerschaft
- Ideologische Nähe und politische Einstellungen
- Schwäche der Wettbewerber
- Erklärungsfaktoren für (überdurchschnittliche) AfD-Ergebnisse
- Demografischer Wandel
- Regionale Disparitäten
- Strukturwandel
- Lange historische Linien
- Kraft und Potenzen der AfD
- Verzeichnis der Abbildungen