Publication Wirtschafts- / Sozialpolitik - Commons / Soziale Infrastruktur - Wohnen Die falschen Versprechen der Umwandler

Unbezahlbarer Wohnraum und keine einzige zusätzliche Wohnung

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Christoph Trautvetter,

Published

December 2020

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«Verkauft!» Transparent in Berlin-Neukölln, April 2019
Bezugsfrei und teuer verkaufte Eigentumswohnungen sind als bezahlbarer Wohnraum dauerhaft verloren. Transparent in Berlin-Neukölln, April 2019, picture alliance / ZB | Sascha Steinach

«Als Union wollen wir mehr Familien den Traum vom Eigenheim ermöglichen. Die eigenen vier Wände sind nicht nur ein wichtiger Bestandteil der privaten Altersvorsorge, sondern schützen auch vor steigenden MietenJan-Marco Luczak (Vorsitzender der Berliner CDU-Landesgruppe)

Auf dem Wohngipfel 2018 wurde eine Einschränkung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen versprochen. Zum Jahresende 2020 verhandelt die Regierungskoalition über deren Ausgestaltung. Paragraf 250 des Baugesetzbuches (BauGB) soll Umwandlungen auf angespannten Wohnungsmärkten bundesweit beschränken. Teile der CDU/CSU, die FDP und die Immobilienlobby machen Stimmung dagegen. Am Beispiel von Berlin widerlegt dieser Standpunkt die falschen Versprechen der Umwandlungsbefürworter*innen. Umgewandelte Mietswohnungen werden zu teuer bezahlten und für die Bestandsmieter*innen unbezahlbaren Eigentumswohnungen oder sind als vermietete Kapitalanlage ein hohes Risiko für Käufer*innen und Mieter*innen. Von einer schlecht regulierten Umwandlung profitieren vor allem spekulative Investor*innen auf der Suche nach dem renditemaximierenden Exit und professionelle Umwandler*innen.

Christoph Trautvetter ist externer Projektleiter des Projekts «RLS-Cities – Wem gehört die Stadt?» der Rosa-Luxemburg-Stiftung und Autor mehrerer Studien zum Berliner Immobilienmarkt. Er arbeitet außerdem als wissenschaftlicher Referent für das Netzwerk Steuergerechtigkeit.

Einleitung – der rechtliche Hintergrund

Seit 1951 besteht die Möglichkeit, durch Umwandlung bestehende Mehrfamilienhäuser in Eigentumswohnungen aufzuteilen. Aus einem Grundbuchblatt für das Haus werden dadurch einzelne Blätter für jede Wohnung. Damit sind sie einzeln verkäuflich. Die Eigentümer*innen bilden zusammen eine Wohneigentümergemeinschaft, in der Entscheidungen über das Haus mehrheitlich getroffen werden. Für Häuser in sogenannten Erhaltungsbieten können die Bundesländer in einer Umwandlungsverordnung den Verkauf umgewandelter Häuser für bis zu sieben Jahre auf die Mieter*innen beschränken (Paragraf 172 BauGB). Dies ist in Berlin seit 2015 der Fall. Darüber hinaus genießen Mieter*innen, die bereits vor der Umwandlung in dem Haus wohnten, drei – oder bei entsprechender Verordnung und Ausweisung als angespannter Wohnungsmarkt auf Landesebene – zehn Jahre Kündigungsschutz bei Verkauf (Paragraf 577a Bürgerliches Gesetzbuch). In ausgewiesenen Milieuschutzgebieten sind es aber zwölf Jahre: Es gilt eine siebenjährige Verkaufssperre (mit Ausnahme des Verkaufs an die Mieter*innen der Wohnungen), danach gelten weitere fünf Jahre Kündigungsschutz.

Der neue Paragraf 250 BauGB soll nach aktuellem Stand die siebenjährige Verkaufsbeschränkung auf alle Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt ausdehnen. Allerdings lassen sich sowohl der bestehende Paragraf 172 BauGB wie auch der vorgeschlagene Paragraf 250 BauGB mit einem Verkauf an eine fingierte «Mieter*in» umgehen.

Umwandlung eher für Kapitalanleger*innen als für Selbstnutzer*innen

In Berlin gab es Ende 2019 insgesamt 521.269 Eigentumswohnungen. Das entspricht etwa 30 Prozent der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Seit 1991 wurden laut Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin 292.298 Bestandswohnungen umgewandelt und 67.721 Eigentumswohnungen neu gebaut.[1] Ein Vergleich mit den Kaufpreisen für bezugsfreie, umgewandelte Altbauten zeigt: Umgewandelt wird vor allem dann, wenn die Preise steigen – mit einigen Sondereffekten nach der Wende.