Mit ihrem «Fit for 55»-Paket hat die EU-Kommission einen klimapolitischen Reformvorschlag unterbreitet, der erstmals größere Teile der Industrie unter stärkeren Transformationsdruck setzen würde. Durch die strengeren Vorgaben für den Emissionshandel könnte der CO2-Preis eine deutlichere Lenkungswirkung entfalten und Dekarbonisierungsvorhaben in der Industrie stimulieren. In den besonders energieintensiven Branchen möchte die Kommission die bisherige freie Zuteilung von Emissionszertifikaten schrittweise beseitigen und als Kompensation einen CO2-Grenzausgleich etablieren. Mittels dieser Importabgabe soll die Verlagerung von Emissionen in Drittstaaten – das sogenannte «Carbon Leakage» – verhindert werden.
Die Untersuchung ist Teil des von der Rosa-Luxemburg-Stiftung geförderten Projekts «Sozial-ökologische Transformation der deutschen Industrie», in dessen Rahmen sieben weitere Studien entstanden sind, die mit der vorliegenden Studie in Zusammenhang stehen. Hierzu gehören etwa Untersuchungen zur deutschen Auto- und Stahlindustrie sowie zu allgemeinen klimapolitischen Rahmenbedingungen oder zum EU-Emissionshandel und zu einem möglichen CO2-Grenzausgleich.
Der Beitrag analysiert die Diskussion um den CO2-Grenzausgleich. Er beschreibt die Elemente des Vorschlags, seine möglichen Wirkungen sowie die Positionen von Unternehmensverbänden, Gewerkschaften und Umweltorganisationen. Der diskursive Rahmen, in dem sich diese Debatte bewegt, lässt sich als der einer kompetitiven Dekarbonisierung bezeichnen – so die hier vertretene These. Die Wettbewerbsstellung der heimischen Industrie in der ökologischen Transformation ist das dominierende Kriterium im öffentlichen Diskurs. Andere Fragen geraten dadurch tendenziell in den Hintergrund: die Risiken für Beschäftigte, die ökologische Wirksamkeit der Maßnahmen und der Transformationsbedarf in Drittstaaten, vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern.
Die Untersuchung ist Teil des von der Rosa-Luxemburg-Stiftung geförderten und von dem gemeinnützigen Verein «Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik» unterstützten Projekts «Sozial-ökologische Transformation der deutschen Industrie», in dessen Rahmen sieben weitere Studien entstanden sind.
Inhalt:
- Einleitung: Emissionshandel und Grenzausgleich
- Gratiszertifikate und ihre Folgen
- Carbon Leakage oder Porter-Hypothese?
- Verlagerungsschutz: Freie Zuteilung und Strompreiskompensation
- «Fit for 55»: Strengere Vorgaben für den Emissionshandel
- CBAM: Zentrale Elemente des Grenzausgleichs
- Reaktionen auf den Kommissionsvorschlag
- Begrenzte Produktabdeckung: Ungleicher Anpassungsdruck
- Die umweltpolitische Effizienz des Grenzausgleichs
- Kostenabwälzung: Folgen für Drittstaaten
- Diskriminierung nicht preisbasierter Regulierung
- Ampelregierung: Klimaclub oder unilateraler Grenzausgleich?
- Wettbewerb im Treibhaus: Defizite der kompetitiven Dekarbonisierung
Autor:
Thomas Fritz ist freier Autor und Berater in Berlin. www.thomas-fritz.org