Planwirtschaft ist ein Reizwort, ein rotes Tuch. In der breiten Öffentlichkeit ist sie der Inbegriff für das Scheitern des Realsozialismus: autoritär, ineffizient und weltfremd.
Failing to plan is planning to fail.
Benjamin Franklin
Doch auch die kapitalistische Marktwirtschaft kann ihr Scheitern nicht länger verbergen: Weder gelingt der «unsichtbaren Hand» eine optimale Verteilung der Ressourcen noch befördert sie auf magische Art das Gemeinwohl. Im Gegenteil: Profit und Wachstum um jeden Preis treiben die Welt an den Abgrund. Um der Klimakrise zu begegnen, wäre radikales Umsteuern nötig. Doch das scheint nur gegen die Interessen des Kapitals möglich.
Berlin, 30.5.2024:
Lux Launch: Mit Planwirtschaft gegen die Klimakrise?
Gespräch mit den Autor*innen Raul Zelik, Jakob Heyer und Katalin Gennburg über linke Planung und eine Linke mit Plan
Genau deshalb geht das Gespenst der Planwirtschaft wieder um in linken Debatten: vom Vorschlag einer «ökologischen Kriegswirtschaft» bis zu neuen Ansätzen des Ökosozialismus. Ein gigantischer klimagerechter Umbau erscheint nur machbar, wenn er geplant wird, und zwar entlang der Interessen der Mehrheit. Längst werden in der kritischen Wissenschaft neue Modelle der Planung diskutiert, die die Schwächen der realsozialistischen Kommandowirtschaft überwinden sollen. Zentral ist die Demokratiefrage: Wer entscheidet, was produziert wird? Welche Bedürfnisse zählen? Wie lässt sich autoritäre Erstarrung ebenso verhindern wie endlose zermürbende Aushandlungen?
Die demokratische Planwirtschaft antwortet auf die Fehler des Realsozialismus und wirft neue Fragen auf, die wir uns als Linke heute stellen: Wie entkommen wir dem Wachstumszwang? Würden wir dann alle weniger arbeiten oder eher mehr? Kann man Wohnungsbau und Krankenhäuser von unten planen? Und sind wir bereit für echte Demokratie? Unser Heft blickt auf die neue Debatte um Wirtschaftsplanung und sucht Wege in eine ZUKUNFT MIT PLAN. Es zeigt: Den einen Masterplan gibt es nicht – aber viele gute Ideen.
Inhalt
- RETTET UNS DIE PLANWIRTSCHAFT?
Über grünes Schrumpfen, Eigentumsfragen und Verzichtdebatten
Gespräch mit Sabine Nuss, Ulrike Herrmann & Raul Zelik - FÜR EINE LINKE MIT PLAN
Von Rabea Berfelde, Justus Henze, Samia Mohammed & Eva Völpel - DEMOKRATISCH PLANEN, ABER WIE?
Von Christoph Sorg - KEIN KINDERSPIEL
Wen die Planungsdebatte vergisst
Gespräch mit Heide Lutosch - COMEBACK DER PLANUNG?
Staatsinterventionen für das Kapital
Von Samuel Decker - BAUEN, WOHNEN, MITENTSCHEIDEN?
Reale Utopien des öffentlichen Wohnungsbaus von Wien bis Belgrad
Gespräch mit Andrej Holm & Philipp Möller - REAL EXISTIERENDE WIDERSPRÜCHE
Ungelöste Probleme der sozialistischen Planwirtschaft
Von Lutz Brangsch - «IST DOCH ALLES INEFFIZIENT»
Welche Anreize und Zahlen braucht eine sozialistische Wirtschaft?
Von Simon Sutterlütti - BLICKWINKEL
In den Sand gesetzt
Von Markel Redondo - SOZIALISTISCHE SCOCKTHERAPIE GEGEN DEN KLIMAKOLLAPS
Warum wir die Energiewende nicht dem Markt überlassen dürfen
Von Jakob Heyer - FAHRPLAN: ÄNDERUNG
Wieso wir mit einer gemeinnützigen und demokratischen Bahn besser fahren
Von Bernhard Knierim - DEMOKRATIE AUF DEM TROCKENEN
Wer entscheidet über knappe Ressourcen?
Gespräch mit Katalin Gennburg - SCHWANKENDE BILANZ
Wie funktioniert Planung in der Stromwirtschaft?
Von Uwe Witt - VOM LEBEN HER PLANEN
Wie organisieren wir neue Sorgeverhältnisse?
Von Barbara Fried & Alex Wischnewski - KRANKENHAUSPLANUNG VON UNTEN – (WIE) GEHT DAS?
Gespräch mit Kalle Kunkel - MIT PLANIFICATION AUS DER KRISE
Wie Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg seine Wirtschaft lenkte
Von Dominique Plihon - VORBILD KRIEGSWIRTSCHAFT?
Kontroversen um den ökologischen Umbau
Von Judith Dellheim & Helge Peukert - WER ENTSCHEIDET, WAS ICH ARBEITE?
Demokratische Planung und freie Kooperation
Von Alex Demirović - KONFLIKTE OHNE ENDE?
Was wir lernen müssen, um demokratisch zu planen
Von Jenny Stupka