Sozialökologischer Umbau – nichts ist heute dringlicher
... weil es anders keine nachhaltige Entwicklung und damit keine für alle nachhaltige Entwicklung und das heißt: keine lebenswerte Zukunft geben kann und weil erst mit einem sozialökologischem Umbau erste Schritte gegangen werden können, die es (wieder) ermöglichen, die Lebensbedingungen und Lebenschancen zerstörende kapitalistische Produktionsweise zu überwinden.
Diese These deutet bereits das vorrangige Anliegen unseres Buches an: einen Beitrag zur Nachhaltigkeitsdebatte »von unten« zu leisten und diesen zugleich sozialistisch zu akzentuieren.
Für diese Überzeugung gibt es Gründe: menschliches Leiden; Erfahrungen und Interessen; Einsichten; für viele auch Werte und Ideale – und zumindest einen offiziell organisierten Anlass: Die UN-Konferenz über sustainability, Nachhaltigkeit, im Frühjahr 2012.
Seitdem der tschechoslowakische Philosoph Radovan Richta 1966 sein Buch »Zivilisation am Scheideweg« (Richta 1966) veröffentlichte und der Club of Rome 1972 (Club of Rome 1972) seinen ersten Bericht, haben sich die menschheitlichen Existenzfragen dramatisch zugespitzt. Die Folgen treffen zuerst und am brutalsten die global Ärmsten und die sozial Schwächsten in den Industrieländern.
Das wollten viele Millionen Menschen in sehr verschiedenen sozialen Situationen und gesellschaftspolitischen Positionen verhindern. Sie wollten bzw. wollen globale und lokale Entwicklung so beeinflussen und gestalten, dass die sozialen, ökologischen und globalen Probleme demokratisch und gerecht gelöst werden. Sie woll(t)en die Interessen der Schwächsten zur Geltung bringen, ihr Gewicht in den Gesellschaften und global stärken, so dass das Zusammenleben solidarischer wird, weil die Menschen die sozialen Spaltungen und Unterschiede untereinander abbauen und die natürlichen Lebensbedingungen erhalten.
Mit dem sogenannten »Brundtland-Bericht« der 1983 von den Vereinten Nationen gegründeten und durch Gro Harlem Brundtland geleiteten unabhängigen »Weltkommission für Umwelt und Entwicklung« reagierte ein Teil der Eliten auf derartige Hoffnungen, soziale Bestrebungen, zielgerichtete politische Auseinandersetzungen und Kämpfe: Entwicklung sollte »zukunftsfähig« gemacht werden, was hieß: Die gegenwärtige Generation soll ihre Bedürfnisse befriedigen können, ohne die Fähigkeit der zukünftigen Generation zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse ebenfalls befriedigen zu können (Brundtland 1987: 24).
Allein schon die globale Betrachtungsweise zwinge dazu, Hunger und Unterentwicklung in den armen Ländern, Umweltzerstörung, Unterdrückung von Frauen, Ressourcenmangel und Hochrüstung zu eigenen Problemen zu machen, sie sich anzueignen. Also müsse eigenes Verhalten verändert werden. »Eine zukunftsfähige Entwicklung ist ein Prozess der Veränderung, in dem die Nutzung der Ressourcen, die Struktur der Investitionen, die Orientierung des technischen Fortschrittes und die institutionellen Strukturen konsistent gemacht werden mit den zukünftigen und den gegenwärtigen Bedürfnissen« (Brundtland 1987: 25). Es gehe um das Ausbalancieren von gegensätzlichen Interessen, von Sozialem, Ökologischem und Ökonomischem. Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Akteure sollten die globalen Probleme erkennen, ihnen Rechnung tragen lernen und sie schließlich lösen – die Reproduktion der Weltgesellschaft denken und entsprechend handeln, so die Hoffnung.
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