Die Zeit der Redaktionsarbeiten zur 2014er-Ausgabe des Doktorand_innen- Jahrbuchs der Rosa-Luxemburg-Stiftung war geprägt durch die militärischen Auseinandersetzungen in Gaza und in der Ukraine, aber auch in Syrien und im Irak. Unsere Vorgänger_innen im Herausgeber_innenkollektiv nahmen die allgemeine Nachrichtenlage und die Diskussionen innerhalb der Stipendiat_innenschaft zum Anlass, über Wut und Wissenschaft, Empörung, Objektivität und Kritik nachzudenken. Diesen Faden nehmen wir gern wieder auf. Aber: Waren vor einem Jahr die Konflikte zumindest geografisch noch weit entfernt, sind die Auswirkungen mittlerweile in Deutschland deutlich zu spüren: Immer mehr Menschen aus den genannten Kriegsgebieten – aber auch aus all den anderen, von diversen Krisen und den leider alltäglichen Zumutungen der vom Kapitalismus und seinen Folgen gebeutelten Regionen der Welt – suchen, logischerweise, in Europa Schutz.
In Zeiten steigender Zahlen von Geflüchteten schlagen tief sitzende Ängste und Rassismen vieler Deutscher in offenen Hass um. Diese Ängs te manifestieren sich seit Herbst 2014 in den GIDA-Bewegungen (PEGIDA, LEGIDA & Co.), die versuchen, aus der aktuellen politischen Situation heraus Kapital für ihre rassistischen Bewegungen zu schlagen. Ob ihrer weder grammatisch noch inhaltlich wenig intellektuellen Artikulation macht sich Deutschlands aktuelle völkische Bewegung zwar zum Gespött des bürgerlichen Feuilletons. Doch sind die von jenen vermeintlich lächerlichen Rassist_innen angedachten »Lösungen« und Konzepte für den Umgang mit »Flüchtlingsschwemme« und »Asylmissbrauch« den Bedürfnissen besorgter Bürger_innen letztendlich nicht doch recht ähnlich? Und was heißt das alles für eine linke, kritische Wissenschaft? (Aus der Einleitung)
INHALT
Einleitung: Wütende Kritik
ZUSAMMENFASSUNGEN
ERKENNTNISTHEORIE
Sebastian Friedrich: Problem und Diskurs. Das Potenzial des Problematisierungsbegriffs bei Michel Foucault für eine ideologiekritische Diskursanalyse
David Kaeß: Denken in Konstellationen. Zum reflexiven Potenzial der Wissenschaft in der Kritischen Theorie
ARBEIT
Jenny Morín Nenoff: Quo vadis Cuba? Der kubanische Transformationsprozess aus der Sicht der Reformverlierer_innen
Marika Pierdicca: Du musst es nur wollen. Integrationsregimes in der Arbeitswelt – Eine Feldstudie zu migrantischer Selbstständigkeit
POLITISCHE ÖKONOMIE
Rafael Aragüés Aliaga: Der Staat der Logik und die Logik des Staates. Anmerkungen zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie
Stefano Breda: Kredit als spezifisch kapitalistische Finanzierungsform. Forschungsnotizen gegen die realwirtschaftliche Auffassung der Marxschen Theorie
Inna Michaeli: Economic Citizenship. A Category of Social Analysis in Neoliberal Times
GEWALT UND ERINNERUNGEN
Stefanie Steinbach: Gegnerforschung im Sicherheitsdienst des Reichsführers SS. Das Amt II des Sicherheitshauptamts (1935-1939)
Wolfgang Johann: Das Diktum Adornos in der westdeutschen Nachkriegszeit. Historische, literarische und philosophische Kontexte
ANTISEMITISMUS UND RASSISMUS
Jan Diebold: Vorstellungen von ›Blut‹, ›Boden‹ und ›natürlicher‹ Herrschaft. Das Wechselverhältnis von adligen und rassistischen Konzepten
Beatriz Junqueira Lage Carbone: Whiteness and Discourses on Nationality in Brazil. An Analysis of Populações Meridionais do Brasil
NATUR – TECHNIK – KULTUR
Paul Fischer-Schröter: Die germanische Siedlung Wustermark 23, Landkreis Havelland. Ein Beitrag zu den sogenannten Korridorhäusern
Mennat-Allah El Dorry: Monks and Plants. Understanding Foodways and Agricultural Practices in an Egyptian Monastic Settlement
Maren A. Kellermann: Alexander Mitscherlich. Zur gesellschaftlichen Dimension Psychosomatischer Medizin
Rosa Lehmann: Ohne offenen Ausgang. Die indigene Befragung in Juchitán als Machtinstrument zur Durchsetzung eines Mega-Windparks
MEDIEN
Anna Islentyeva: The English Garden under Threat. Roses and Aliens in the Daily Telegraph Editorial
Maria Tsenekidou: Vom Buckeln zum Treten. Leistungsdruck und konformistische Rebellion
KÖRPER – MACHT – IDENTITÄT – GENDER
Archana (Aki) Krishnamurthy: Widerstandskörper – Körperwiderstand. Körperdialoge zur Rolle der Scham bei vergeschlechtlichten Subjektivierungsprozessen
EMANZIPATION UND UTOPIE
Susanne Reh: Megaprojekte in Chiapas. Koloniale Kontinuitäten und neozapatistischer Widerstand
NACHWORT
Marcus Hawel: Immanente Kritik und politische Praxis. Stichworte zum methodischen Verfahren Kritischer Theorie
AUTOR_INNEN & HERAUSGEBER_INNEN
VERÖFFENTLICHTE DISSERTATIONEN VON STIPENDIAT_INNEN
AUS DEN JAHREN 2014-2015
REGISTER «WORK IN PROGRESS»
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