Archiv 2011




VERANSTALTUNGSBERICHT:

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Recht auf Stadt

Mit Dr. Andrej Holm

„Ein Recht auf Stadt muss man einfordern, für dieses Recht muss man kämpfen, es steht einem nicht irgendwie juristisch zu“, diese kämpferische Perspektive durchzog den Vortrag von Dr. Andrej Holm zu Möglichkeiten und Grenzen einer Politisierung von Stadtpolitik. Dabei stützte er sich auf seine Forschungsarbeiten zu Stadtentwicklung und sozialen Kämpfen in der Stadt, aber auch auf die Erfahrungen des eigenen Engagements in stadtpolitischen Bewegungen in Berlin.

Er skizzierte ausführlich die Prozesse innerstädtischen Wandels, die seit dem Übergang vom Fordismus zum Postfordismus ab den 1970er Jahren insbesondere in den Metropolen Westeuropas und Nordamerikas stattfinden. Im Zentrum standen dabei, die 1) Finanzialisierung der Städte: Für in der kapitalistischen Akkumulation gewonnenes Kapital werden rentable Anlagemöglichkeiten gesucht und in der Investition in Infrastruktur sowie in der Investition in und Spekulation mit Immobilien gefunden; 2) die Verbetriebswirtschaftlichung der Städte: Städte sehen sich zunehmend und positionieren sich offensiv in Standort-Konkurrenz zu anderen Städten, in Verwaltungsabläufe werden Quasi-Marktprozesse eingeführt, um Effizienzpotenzial auszuschöpfen und Verwaltungskosten zu senken, schließlich wird von Seiten der Städte (zumeist vergeblich) versucht, die gewünschte Stadtentwicklung durch Investitionsanreize für Privatunternehmen umzusetzen. Den Verkauf aller Wohnungen städtischen Eigentums der Stadt Dresden präsentierte Holm als eines der deutlichsten Beispiele für diese verfehlte Kooperation mit Privatunternehmen.

„Recht auf Stadt“-Bewegungen setzten zumeist an einem dieser Punkte an, um für ihre unmittelbaren Interessen zu kämpfen: gegen die Gentrifizierung von Stadtteilen, gegen die Verdrängung bestimmter Personengruppen in äußere Stadtbezirke, gegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums an bezahlbaren Wohnungen, für selbstverwaltete Räume, bspw. Kulturzentren, gegen städtebauliche Großprojekte usw. Die Bewegungen sind dabei zumeist heterogen, wobei institutionalisierten Akteuren (Gewerkschaften, Parteien, linken Gruppen) in der Regel eher wenig Gewicht zukommt, etwa in Hamburg, oder aber sie verzichten in einem Netzwerk auf die Durchsetzung der je eigenen Position zu Gunsten breiter Bündnisse. Wenn es diesen Bewegungen gelingt, politische, soziale und kulturelle Fragen im Kontext der Städte zu formulieren, können diese Bewegungen, so Holm, einen wichtigen Beitrag zu einer emanzipatorischen Entwicklung der Städte leisten.