Vortrag und Diskussion

Prof. Fabian Kessl: "Die neue Unterschichtsdebatte und der ´aktivierende` Sozialstaat"

Mittwoch, 02.06.2010, 19.00 Uhr

Stuttgart | Uni Stadtmitte K1, Raum 1.08, Kepplerstr. 11

Veranstaltungsreihe "Sozialstaatlichkeit im Wandel"

Im Rahmen der Diskussionen um die Arbeitsmarktreformen der letzten Jahren kam eine Debatte um eine sogenannte “neue Unterschicht” auf. Diese “neue Unterschicht” ist nicht wie die “alte” eine soziologische Kategorie zur Beschreibung einer Bevölkerungsgruppe, die über die geringsten materiellen, kulturellen und sozialen Ressourcen verfügt. Sie ist ein politischer Kampfbegriff, mit dem eine Kulturalisierung der Debatte über soziale Ungleichheit erreicht werden soll.

Nicht strukturelle Ungleichheiten seien für Arbeitslosigkeit und sozialen Abstieg verantwortlich, sondern eine “Unterschichtenmentalität”, die sich in Faulheit und Passivität äußere. Der Sozialstaat trage daran schuld, weil er die Menschen von sich abhängig mache und ihre “Eigeninitiative” zerstöre. Mit diesem Diskurs und seinen materiellen Resultaten wie der Hart-IV-Gesetzgebung wird Sozialabbau gerechtfertigt und eine Bevölkerungsgruppe konstruiert, die, da potentiell faul, chaotisch und zum Sozialmissbrauch neigend, scharf überwacht und sanktioniert werden muss.

In der Veranstaltung wird die Debatte über die “neue Unterschicht” analysiert und gezeigt, wem diese Debatte dient und was ihre Ziele sind. Wie das Leitbild der Sozialen Arbeit durch die Debatte verändert wird und welche Konsequenzen dies für deren “zu aktivierende” Klientel hat, ist weiter Gegenstand des Vortrags.

Fabian Kessl ist Professor für Theorie und Methoden der Sozialen Arbeit an der Uni Duisburg-Essen. Er ist Mitherausgeber des Buches “Erziehung zur Armut? Soziale Arbeit und die ´neue Unterschicht`” (2007).

Gemeinsame Veranstaltung mit attac Stuttgart und der Linken Hochschulgruppe Stuttgart



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