Logo

Vortrag und Diskussion

Dr. Sabine Schiffer (Erlangen): "Mediale Barrieren? Rassismus als Integrationshindernis. Zur Konstruktion des Islambilds in den deutschen Medien"

Veranstalter: Rosa-Luxemburg-Forum Baden-Württemberg

Termin: Montag, 10.12.2007; 20.00 Uhr

Ort: Neue Aula, HS 6, Wilhelmstr. 7, 72074 Tübingen

Dreht sich mit dem integrationspolitischen Kurswechsel auch der Wind in der medialen Berichterstattung über Migration, Integration, multikulturelle Gesellschaft…? Arbeitshypothese: Ja und Nein.
Auch im Zeitalter der Globalisierung und der Transnationalisierung des Kulturellen konstruieren die Mehrheitsmedien immer noch die Fiktion der homogenen Nationalkultur. In diese sind die „guten Migranten“ mittlerweile vielfältig eingebunden, die „schlechten Migranten“ werden nach wie vor entlang ihrer vermeintlichen oder realen Defizite und Differenzen markiert. Auch der Auslandsjournalismus konstruiert ein polarisiertes Bild und trägt zur Stigmatisierung von hier lebenden Menschen aus bestimmten Regionen der Welt bei. Die Mainstream-Berichterstattung über Migration und Einwanderungspolitik folgt in der Regel den dominierenden Diskursen aus Politik und Ökonomie – mehr, als diese kritisch zu hinterfragen. Über Integration und hier lebende angepasste Migranten wird jetzt häufig auch sehr positiv berichtet. Migranten, die „uns“ ökonomisch nicht nützen, werden aber nach wie vor in ein negatives Licht gestellt. Der Rassismus der Mehrheitsgesellschaft oder die menschenrechtlichen Defizite deutscher oder europäischer Politik stehen so gut wie nie in den Schlagzeilen. Unausgewogene und diskriminierende Berichte über Flüchtlinge und Asylsuchende sind aber weniger geworden. Sie wurden seit dem 11.9.2001 abgelöst durch die Problematisierung des Verhältnisses zwischen „uns“ und „dem Islam“. Berichterstattung über Migration und verbundene Themen wurde seitdem häufig zur Debatte über die Terrorismusbedrohung oder das angebliche Scheitern der multikulturellen Gesellschaft.
Als Beispiele hierfür seien kurz genannt: Der Mord an Theo van Gogh 2004, die Vorstadtrandale in Frankreich im Herbst 2005, die immer wiederkehrende Kopftuchdebatte, der „Karikaturenstreit“, „Idomeneo“, die „Fälle“ El Masri und Kurnaz, die Terroranschläge in Madrid, London u.a. Trotz einer gleichzeitigen Versachlichung der Migrationsdebatte durch progressive JournalistInnen scheint „der Islam“ als allgemeines Bedrohungsszenario sowie als Folie für den vermeintlichen Kampf der Kulturen und die Geschlechterdebatte das politisch und medial konstruierte Verhältnis zwischen „Uns“ und den „Anderen“ zu überlagern.
Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung analysiert seit vielen Jahren den Rassismus in den Medien. In der aktuellen Neuerscheinung „Mediale Barrieren“, zu der auch die Referentin beigetragen hat, wird u.a. an den oben genannten Beispielen ausführlich aufgezeigt, wie polarisierender Journalismus auch in der Gegenwart zum Integrationshemmnis werden kann.


Sabine Schiffer hat über die Darstellung des Islams in der deutschen Presse promoviert. Sie leitet das Institut für Medienverantwortung in Erlangen.


Gedruckt: 11.12.2010  |  www.rosaluxemburgforum.de
©  2005-2010 Rosa-Luxemburg-Forum für Bildung und Analyse in Baden-Württemberg e.V.