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Vortrag und Diskussion

Christoph Marischka: "Vernetzte Sicherheit - Aufstandsbekämpfung im Ausland und der Einsatz der Armee im Innern"

Donnerstag, 11.12.2008, 20.00 Uhr

Karlsruhe | DGB-Haus, Ettlingerstr. 3a


Ob bei den Besatzungsmissionen in Afghanistan oder Irak oder bei sogenannten Friedenseinsätzen wie im Kongo besteht die Aufgabe westlicher Militärs nicht mehr primär darin, eine feindliche Armee niederzuringen, sondern in der umfassenden Kontrolle der Bevölkerung und der Niederschlagung von Aufständen. Im Idealfall soll durch eine Reform der jeweiligen “Sicherheitssektoren”, also den Aufbau neuer Geheimdienste, Polizei- und Militäreinheiten eine neue Gesellschaftsordnung entstehen, die sich selbst kontrolliert, aber dauerhaft vom Westen abhängig bleibt. Diesen Zielen, die überwiegend durch das Militär verfolgt werden, sollen sich auch alle zivilen Behörden und Organisationen unterordnen: Humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit, Polizeibehörden und die Wirtschaftsförderung werden in den militärischen Einsatz integriert, um neoliberale Protektorate aufzubauen.

Doch dieser Ansatz der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit bzw. der “vernetzten Sicherheit” bleibt nicht auf Auslandseinsätze beschränkt. Die Soldaten, die im Ausland zunehmend eine Polizeifunktion erfüllen, sollen dies zunehmend auch im Inland tun. Gleichzeitig wird die Polizei im Zuge ihrer Auslandsmissionen militarisiert. Auch der Katastrophenschutz droht, zu einem Anhängsel des Militärs zu werden – ohne eigene Kapazitäten im Bereich der Logistik und ABC-Abwehr.

Im Jahre 2007 bezogen in allen deutschen Landratsämtern “Beauftragte der Bundeswehr für die Zivil-Militärische Zusammenarbeit” eigene Büros, um im Falle ziviler Schadensereignisse ein militärisches Lagebild zu erstellen und Unterstützung der Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe zu organisieren. Im selben Jahr wurden Spähpanzer und Tornados bei den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm eingesetzt, Polizisten mehrfach in Bundeswehrkasernen untergebracht und mit Militärhubschraubern verlegt. Zukünftig soll die Bundeswehr im Inneren auch zur Abwehr nicht näher definierter Terrorgefahren eingesetzt werden. Eine entsprechende Regelung sieht der Reformvertrag für die gesamte EU vor. Längst trainieren die europäischen Soldaten schon den Schutz kritischer Infrastrukturen, zu dem eben auch die Niederschlagung von Streiks, beispielsweise im Transportgewerbe, gehört.


Christoph Marischka ist Politikwisenschaftler und aktiv in der Informationstelle Militarisierung (IMI) in Tübingen

eine gemeinsame Veranstaltung mit der Informationsstelle Militarisierung (IMI) Tübingen und dem Friedensbündnis Karlsruhe




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