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Vortrag und Diskussion

Guercan Koekgiran, Anna-Lena Schmidt (FH Fulda): "Zu Gast bei wem? Ein Rückblick auf die Fußball-WM 2006"

Veranstalter: Rosa-Luxemburg-Forum Baden-Württemberg in Kooperation mit der Arbeitsgruppe “Ethnologie und Migration”

Termin: Montag, 19.11.2007; 20.00 Uhr

Ort: Neue Aula, HS 6, Wilhelmstr. 7, 72074 Tübingen

„Weltmeister der Herzen“ war der Titel, den sich die Deutschen für die Ausrichtung der Fussball-Weltmeisterschaft im letzten Jahr selbst verliehen haben. „Die Welt zu Gast bei Freunden“ lautete das offizielle PR-Motto der Fussball-WM, mit dem sich Deutschland als weltoffen und gastfreundlich präsentieren wollte.
Tatsächlich beherrschte dieses Bild die politische Öffentlichkeit und die Massenmedien im Sommer 2006 über Wochen hinweg und hat laut einer Untersuchung der Deutschen Zentrale für Tourismus zu einem verbesserten Deutschland-Image im Ausland beigetragen und positive wirtschaftliche Effekte für die Tourismusbranche nach sich gezogen. Während noch kurz vor Beginn der WM vor „No-Go-Areas“ gewarnt wurde und Ermyas Muguleta in Potsdam ins Koma geprügelt wurde, konnte während der WM kein Wässerchen die gute Laune und die Weltgewandtheit der Deutschen trüben. Der neue “Partynationalismus” schien zumindest für die Zeit der WM die traditionellen Formen von Patriotismus und Nationalismus abgelöst zu haben. An die Stelle von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus traten Weltoffenheit und Interkulturalismus.
Der mediale Grundtenor dieser neuen nationalen Selbstinzenierung hat aber auch willentlich einiges ausgelassen, das nicht ins Bild passte. Wie ist etwa zu erklären, dass im Jahr der Fussball-WM die Zahl rechtsextremer Straftaten rapide zugenommen hat? Und auch für das offizielle Deutschland hört die Gastfreundschaft schnell auf, wenn die Gäste etwas länger bleiben wollen…

Eine Studiengruppe des Fachbereichs Sozial- und Kulturwissenschaften an der FH Fulda unter der Leitung von Prof. Gudrun Hentges hat während der WM Studien zum Zuschauerverhalten, zum Umgang mit nationalen Symbolen und Identitäten und zu nationalistischen Inszenierungen unter dem Aspekt der Stereotypenbildung durchgeführt. Die Ergebnisse rücken das offizielle Gesamtbild der WM in ein kritisches Licht. Mit dieser Veranstaltung riskieren wir das Image der „Spaßbremse“, weil wir der Meinung sind, dass der sich über Sport und andere Wettkämpfe konstruierende scheinbar harmlose Nationalismus so harmlos nicht ist.

Guercan Koekgiran und Anna-Lena Schmidt von dieser Studiengruppe werden die Ergebnisse ihrer Forschung bei dieser Veranstaltung im Detail vorstellen.




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