Vortrag und Diskussion

Norbert Cyrus (Oldenburg), Jürgen Klose (DGB, Stuttgart): "Kein Mensch ist illegal? Der Umgang mit illegalisierten MigrantInnen zwischen Abwehr und Ausbeutung"

Veranstalter: Rosa-Luxemburg-Forum Baden-Württemberg in Kooperation mit der Arbeitsgruppe „Aus dem Schatten“ und attac Tübingen

Termin: Montag, 15.10.2007; 20.00 Uhr

Ort: Schlatterhaus, kl. Saal, Österbergstr. 2, 72074 Tübingen

In Deutschland leben über 1 Million Menschen, die keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben. Sie werden als ‚Illegale’ bezeichnet. Die meisten von ihnen sind prekär beschäftigt. Einerseits gehört die „Bekämpfung der ‚illegalen Migration’“ zu den Kernzielen deutscher und europäischer Migrationspolitik, andererseits sind bereits bestimmte Sektoren der Arbeitswelt wie etwa die Altenhilfe ohne solche Menschen nicht mehr funktionsfähig. Statt die soziale und rechtliche Lage dieser Menschen zu verbessern, gelten die ‚Illegalen’ aber weiterhin als Bedrohung und werden mit Terroristen und Kriminellen auf eine Stufe gestellt. Statt humanitärer und entwicklungspolitischer Maßnahmen werden die Grenzen um die Europäische Union zur Abwehr von Flüchtlingen und ArbeitsmigrantInnen militarisiert („Frontex“). Viele sterben bei dem Versuch, mit Booten das Mittelmeer zu überqueren oder werden von Sicherheitsbehörden aufgegriffen und abgeschoben. Pro Jahr wandern dennoch etwa eine halbe Million Menschen auf der Suche nach besseren Lebens- und Arbeitsbedingungen in die Staaten der EU ein. Für die Wirtschaft sind die hier lebenden Illegalisierten nutzbringend, weil sie als Rechtlose in der Schattenwirtschaft ausgebeutet werden können.

Norbert Cyrus wird neben den Dimensionen ‚illegaler’ Migration und Beschäftigung in Deutschland und Europa zunächst den widersprüchlichen Umgang mit ‚illegalen’ Arbeits- und ArmutsmigrantInnen zwischen migrationspolitischer Repression und ökonomischer Ausnutzung aufzeigen. Schwerpunktmäßig wird er die Lebens- und Arbeitsverhältnisse von Illegalisierten in Deutschland darstellen sowie den Umgang der Politik (Parteien, Regierung) sowie der Zivilgesellschaft mit diesen Menschen, die den untersten sozialen Rand der Gesellschaft bilden. Er wird Perspektiven eines alternativen und gesellschaftlich würdigen Umgangs mit Armuts- und ArbeitsmigrantInnen aufzeigen, die über Kontrolle und Repression auf der einen und ökonomische Ausnutzung auf der anderen Seite hinausgehen.
Jürgen Klose wird das Problem der illegalen Beschäftigung aus der Sicht der Gewerkschaften darstellen und gewerkschaftliche Positionen und Strategien zur Unterstützung Illegalisierter darlegen. In der anschließenden Diskussion wird erörtert werden, inwiefern wissenschaftliche, menschenrechtliche und gewerkschaftliche Positionen miteinander vereinbar sind.

Norbert Cyrus ist Anthropologe. Er arbeitet am Interdisziplinären Zentrum für Bildung und Kommunikation in Migrationsprozessen an der Universität Oldenburg. Seit 2004 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter im EU-Forschungsprojekt „POLITIS“ zur Untersuchung des gesellschaftlichen Engagements von Zuwanderern in 25 europäischen Mitgliedsländern. Er hat außerdem intensiv zu illegaler Arbeitsmigration in Deutschland geforscht.
Jürgen Klose ist Pressesprecher und Migrationsexperte des DGB-Bezirks Baden-Württemberg.


Transkript der Diskussion
Download  2007-10-15-va-kein_mensch_ist_illegal.pdf - 89 kB



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