Buchvorstellung

Klaus Gietinger: "Die SPD und die Konterrevolution 1918"

Montag, 25.05.2009, 20.00 Uhr

Freiburg | Kollegiengebäude I, Raum 1139, Platz der Universität 3


In diesem Jahr, 2009, jährte sich der Mord an Rosa Luxemburg zum 90. Mal. Sofern heute überhaupt noch von ihr und ihrem unnätürlichen Lebensende die Rede ist, wird die Phrase bedient, sie sei “von rechtsgerichteten Freikorps” ermordet worden. Immerhin, so meinen sicher manche, schon mal ein Fortschritt gegenüber dem Urteil der Bundesregierung aus dem Jahre 1962, das behauptete, die KPD-Mitbegründerin sei durch eine “standrechtliche Erschießung” ums Leben gekommen, und von einer Mordtat nichts wissen wollte. Von der aktiven Beteiligung der SPD an der Ermordung Luxemburgs, von der Kollaboration zwischen Faschisten und etatistisch-patriotischen Sozialdemokraten ist heutzutage nur noch, bestenfalls, unter solchen Linken die Rede, die sich nicht (wieder) auf die Sozialdemokratie als Bündnispartner, in welcher Gestalt sie auch immer auftrete, eingelassen haben. Die staatstragende Historikerzunft ist gewillt, die Legende der SPD weiterzuspinnen, die der Garant für den demokratischen Übergang vom Kaiserreich hin zur Weimarer Republik gewesen sei. Dass Ebert, Noske und Co. blutig Arbeiteraufstände niederschlagen ließen und politische Morde billigten oder gar selber befohlen, verschweigt sie.

Eine Ausnahmeerscheinung unter den Sozialwissenschaftlern ist Klaus Gietinger. Er hat sich um die Erforschung der Konterrevolution von 1918/1919 große Verdienste erworben. Sein Buch “Eine Leiche im Landwehrkanal. Die Ermordung der Rosa L.” aus dem Jahre 1995, das nun in einer überarbeiteten Fassung vorliegt, zeichnete den Tathergang akribisch nach und benannte die Veranstwortlichen. Auch in den bürgerlichen Medien fand dieses Werk teils lobende Beachtung.

Mit seiner jüngsten Publikation “Der Konterrevolutionär”, einer Biographie über Waldemar Pabst, veranschaulicht Gietinger erneut, welche Jahrhundertkatastrophe die Ermordung Liebknechts und Luxemburgs für das politische Klima in Deutschland darstellte. Nicht ohne Grund trägt das Werk den Untertitel “eine deutsche Karriere”: Gietinger zeigt anhand des Offiziers und Rüstungsfabrikanten Pabst, der sich selber stolz als „Faschisten“ bezeichnete, exemplarisch die Kontinuitätslinien der Konterrevolution in der deutschen Geschichte. Papst war führend an der Ermordung Liebknechts und Luxemburgs beteiligt, arbeitete intensiv mit der Führungsriege der SPD zusammen, plante Staatsstreiche, wirkte beim Kapp-Putsch mit, unterhielt Kontakte zu Mussolini sowie anderen Faschisten, wurde unter Hitler Wehrwirtschaftsführer und verdiente als Rüstungslobbyist in der Nachkriegszeit an Napalmbomben und Tretminen.

Beide Bücher werden am Veranstaltungsabend im Rahmen eines Vortrages über die Konterrevolution 1918/19 vorgestellt.

Klaus Gietinger ist Sozialwissenschaftler, Drehbuchautor und Regisseur zahlreicher Kinofilme und Fernsehspiele. Er schrieb und inszenierte diverse „Tatorte“.

eine Veranstaltung des Rosa-Luxemburg-Club Freiburg



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