Vortrag und Diskussion

Bernd Hüttner (Rosa-Luxemburg-Stiftung, Bremen):"Die 68er und ihr Erbe: Quelle emanzipatorischer Politik für heute"

Freitag, 28.9., 20.00 Uhr

Rosa-Luxemburg-Forum/RLS-Regionalbüro Stuttgart, Planckstr. 79, 70184 Stuttgart

Der Vortrag geht von der These aus, dass es für eine moderne Linke notwedig ist, die Einsichten der 68er-Bewegung zu bewahren und in das eigene politische Handeln zu integrieren. Auch und gerade die neue Linkspartei wird nur dann (über wahlarithmetische Erfolge hinaus) emanzipatorisch wirken können, wenn sie es versteht, das Erbe der 68er für heute produktiv zu machen.

“1968” bedeutete einen Bruch mit dem Hauptstrom der “klassischen” ArbeiterInnenbewegung und deren Denken in Kategorien von “Hauptwiderspruch” und “Nebenwidersprüchen”. Subjektivität und Individualität wurden als wesentliche Bedingungen und Elemente politischen Handelns ernst genommen, die Unterordnung des Einzelnen unter bürokratische Apparate agbelehnt.

Inhaltlich konkretisiert sich dieser Bruch wesentlich in drei Punkten:

  • Das Verständnis von Politik wurde auf den “Alltag”, das gesamte Leben und die gesamte Person erweitert. Besonders bedeutsam wurden hier Fragen der Sexualität, der Geschlechterverhältnisse, der Erziehung sowie der Biopolitik.
  • Das Forschritts- und Wachstumsdenken wurde problematisiert, der Kapitalismus nicht mehr nur als materiell “ausbeuterisch”, sondern auch als entfremdend kritisiert. In der Umwelt- und Anti-Atombewegung, aber auch in veränderten Erziehungspraktiken äußerte sich dieses veränderte Bewusstsein.
  • Der bisherige Arbeitsbegriff wurde in Frage gestellt. Politische Kämpfe sollten nicht mehr nur um die Verteilung des gesellschaftlich erzeugten Produkts geführt werden, sondern auch um die Frage, wie dieses erarbeitet wird, d.h. anders arbeiten, weniger arbeiten, andere Dinge herstellen.

    Organisatorisch wurde die Ablehung von Stellvertreterpolitik, die Kritik am Delegations- und Repräsentationsprinzip besonders wichtig.

    Mit der 68er-Bewegung entstand eine Aufspaltung der linken Bewegung in eine “kulturelle Linke” und eine “soziale Linke”. Während erstere in Anknüpfung an die Ideen der 68er Prinzipien wie Freiheit, Autonomie, Selbstorganisation und Anerennung einer Pluralität von Lebensformen in den Vordergrund rückten, beharrte letztere weiterhin auf dem Primat materieller Gleichheit und sah in der Umverteilung den entscheidenden Schlüssel gesellschaftlicher Emanzipation.
    Hiermit entstand ein Konfliktfeld, das auch viele Auseinandersetzungen in der Linkspartei heute wesentlich mitbestimmt.

    Der Referent wird die Auffassung vertreten, dass beide Perspektiven integriert werden müssen, und argumentieren, dass das heute die Linkspartei bestimmende Umverteilungsregister der sozialen Linken dringend ergänzt werden muss um Themen der

  • Entfremdungs-, Wachstums- und Technikkritik
  • Frauenbewegung/Feminismus
  • Selbstorganisation und Selbstkonstitution, Projektebewegung, alternative Ökonomie, Aneignung, Prekarisierung

    Bernd Hüttner ist sozialisiert in der autonomen Bewegung der 80er und frühen 90er Jahre, betreut seit 2000 das Archiv der sozialen Bewegungen in Bremen und ist Mitarbeiter im Regionabüro Bremen der Rosa-Luxemburg-Stiftung sowie Koordinator des Gesprächskreises Geschichte der RLS.



Startseite         Seitenanfang         Seite drucken