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Vortrag und Diskussion

Karl Kopp (Pro Asyl, Frankfurt): "Ist oder war Deutschland ein Einwanderungsland? Schein und Realität deutscher und europäischer Migrationspolitik"

Veranstalter: Rosa-Luxemburg-Forum Baden-Württemberg in Kooperation mit dem Nepomuk Kulturverein, der evangelischen Kontaktstelle für Asylarbeit Reutlingen und dem AK Flüchtlinge Reutlingen

Termin: Montag, 03.09.2007; 20.00 Uhr

Ort: Cafe Nepomuk, Unter den Linden 23, 72762 Reutlingen

„Deutschland ist ein Einwanderungsland“. Angesichts von über 15 Millionen im Land lebenden „Menschen mit Migrationshintergrund“ ist dies eine Tatsache geworden, die seit wenigen Jahren nun auch von Konservativen anerkannt wird. Dabei wird die Einschränkung gemacht, dass Deutschland kein „klassisches“, sondern ein „modernes“ Einwanderungsland sei. Statt wie früher die MigrantInnen einfach zu ignorieren oder als Menschen zweiter Klasse zu behandeln, wird seit einigen Jahren die „kulturelle Vielfalt“ entdeckt und es wird eine aktive Integrationspolitik beitrieben, die sich freilich an den Interessen der weißen Mehrheitsgesellschaft orientiert. Das Bild vom Einwanderungsland mit der schönen neuen Vielfalt wird aber schief, wenn man auf die Entwicklung der Migration nach Deutschland schaut:

  • die Asylzahlen sind auf einem historischen Tiefstand angelangt.
  • die Bleiberechtsregelung für über Jahre nur geduldete Flüchtlinge ist mehr als kleinlich und erlaubt nur einem geringen Prozentsatz der Betroffenen ein tatsächliches Bleiberecht.
  • das „modernste Zuwanderungsgesetz Europas“ (Otto Schily) erlaubt nach wie vor nur hochqualifiziertem „Brain Drain“ und bereits erfolgreichen Unternehmern ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Obwohl immer wieder hervorgehoben wird, dass Deutschland viele Fachkräfte diese Art brauche, bleibt die Zahl der Zuwanderer im dreistelligen Bereich pro Jahr.
  • die EU-Grenze wird weiter militarisiert („Frontex“) statt nach humanitären Lösungen zu suchen und Fluchtursachen zu bekämpfen.
  • ArbeitsmigrantInnen werden in diversen Wirtschaftssektoren als billige Arbeitskräfte toleriert, ansonsten wird die „illegale Migration“ als ähnlich monströse Bedrohung wie der „Terrorismus“ und die „organisierte Kriminalität“ eingestuft.

    Ist also Deutschland ein Einwanderungsland oder war es eines? Was ist gegen die aktuelle Flüchtlings- und Migrationspolitik auf nationaler und europäischer Ebene einzuwenden? Was müsste geschehen, damit sich Deutschland und die EU nicht weiter ihrer Mitverantwortung für die globalen Fluchtursachen entziehen? Wie müsste demnach eine Flüchtlings- und Migrationspolitik aussehen, die globaler Verantwortung gerecht wird und sozialen und menschenrechtlichen Standards genügt?

    Der Sozialwissenschaftler Karl Kopp ist Vorstandsmitglied und Europareferent bei Pro Asyl sowie Vorstandsmitglied im Europäischen Flüchtlingsrat (ECRE).


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