Gründungsworkshop in Blossin 2002

Vertrauen in die Stärke schwacher Bindungen

Von der Gründungsveranstaltung eines Netzwerkes für politische Jugendbildung „Rosa Luxemburg“

Ronald Höhner / Dieter Schlönvoigt

Auf Einladung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin berieten vom 25. bis 27. Oktober 2002 Träger der politischen Jugendbildung im Bildungszentrum Blossin über die Einrichtung eines Netzwerkes „Jugendbildungswerk Rosa-Luxemburg“. Über ein Ausschreibungsverfahren hatten im Vorfeld bereits mehr als 15 Träger  ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert. Das Wochenende sollte zeigen, ob es möglich ist, mit den Antragstellern ein solches Netzwerk auf den Weg zu bringen. VertreterInnen von 11 Bildungsträgern  aus dem ganzen Bundesgebiet stellten sich schließlich der Aufgabe.

Mit dem "Vertrauen in die Stärke schwacher Bindungen" begründete Dr. Dieter Schlönvoigt (RLS) die Netzwerk-Idee als eine moderne Form der Förderung politischer Jugendbildung. Wunschkriterien für eine effektive Zusammenarbeit im Jugendbildungswerk seien die Autonomie der Träger, die Respektierung von Unterschieden, gegenseitiges Vertrauen und Offenheit, Austausch von Leistungen, die Bereitschaft, Zeit und Aufwand in gemeinsame Anliegen zu investieren sowie die Einhaltung getroffener Vereinbarungen und die Verbindlichkeit von Absprachen.

Mit dem Netzwerk soll die bisherige Förderpraxis eines reinen Geldgebers, ohne evaluierend, inhaltlich und konzeptionell in die tatsächliche Bildungsarbeit eingebunden zu sein, beendet werden. Durch die Vernetzung von Trägern, die bundesweite Nutzung  ihrer Kompetenzen, Erfahrungsaustausch und Konzentration auf  inhaltliche Schwerpunkte, erwartet man eine größere Wirkung politischer Bildungsarbeit.

Es entwickelte sich eine außerordentlich spannungsgeladenen Debatte, in deren Verlauf es lange Zeit nicht klar war, ob die unterschiedlichen Interessenlagen der TeilnehmerInnen, ein gemeinsames Selbstverständnis unter dem Dach dieses Netzwerkes überhaupt zulassen würden. Was ist linke politische Bildung?, Was ist Jugendbildung?“, Welche Förderkriterien sollen in Anwendung kommen?“, Welche Grundprinzipien und Regeln der Zusammenarbeit müssen vereinbart werden? Und wie soll schließlich der „Finanztopf“ verteilt und genutzt werden? – das waren Schwerpunkte der Debatte, in der die Idee des Netzwerkes allerdings zu keinen Zeitpunkt zur Disposition stand.

Am Samstag kamen VertreterInnen der Stiftung und ihres Verbundes dazu. In kleinen Gruppen wurden die eingereichten Anträge vorgestellt. Wertungen wollten die Teilnehmenden jedoch nicht vornehmen, ohne sich vorher über Kriterien verständigt zu haben. Die nun geführte Auseinandersetzung führte zu einem gewissen Stillstand im Prozess und lähmender Diskussion. Trägerinteresse versus  Netzwerkidee – was wird sich schließlich durchsetzen?  Allgemeine Erleichterung kam auf, als sich die TeilnehmerInnen dann doch über konkrete erste weitere Arbeitschritte und Kooperationsprojekte verständigen konnten. Dazu zählt u.a. die gemeinsame Vorbereitung einer Tagung im Jahre 2003, die sich mit Problemen und Ansprüchen linker politischer Jugendbildung beschäftigen will und weitere Treffen, auf denen die begonnene Debatte über Selbstverständnis und Arbeitsaufgaben des Netzwerkes fortgeführt werden soll. Außerdem wird an einem eigenständigen Erscheinungsbild, Internetpräsenz und Programm gearbeitet. Auf weiteren Netzwerktreffen werden die Gespräche zum Selbstverständnis, zu Förderkriterien und konkreten Arbeitsschwerpunkten weitergeführt. Die Idee der Tagung, nämlich die Entscheidung über die Projektförderung an die Träger zu geben, wurde letztendlich von den Teilnehmenden in diesem Jahr nicht verwirklicht. So bleibt die Qual der Wahl wieder bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Aber es war diesmal die erste selbstbestimmte Entscheidung des Netzwerkes.

Mit dabei waren, arranca e.V., Kirchheim/Thüringen; Bildungsoffensive, Bernau; Bildungsteam Berlin-Brandenburg; Culture Move, Halle; Projekt ‚das leben ist dEINE denkfabrik’, Leipzig; Umwelthaus Johannishöhe, Tharandt; Jugendbildungsstätte „Kurt Löwenstein“, Werftpfuhl/b. Berlin; Jugendbildungswerk e.V., Dresden; Kurve Wustrow, Wendland; Projektgruppe HierarchNIE, Saasen/Hessen; [´solid] – die sozialistische Jugend, Berlin; VertreterInnen der Rosa-Luxemburg-Stiftung und des Stiftungsverbundes aus Berlin und Bremen.

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