Nachricht | Gesellschaftliche Alternativen - COP 21 klimadiplomatie.de | Die vier letzten Fragen von Paris

Die Klimaverhandlungen gehen in die Verlängerung, aber die verbleibenden Probleme sind überschaubar. Die "Koalition der Ambitionierten" umfasst nun die EU, die USA, Brasilien und viele Entwicklungsländer.


Diesen Text veröffentlichen wir in Kooperation mit dem Portal www.klimadiplomatie.de


Wenig überraschend ist die UN-Klimakonferenz um einen Tag bis zum morgigen Samstag verlängert worden. Der neue Weltklimavertrag ist aber schon weit gediehen.

Schaut man in den aktuellen Entwurf, sehen sich die Minister am heutigen Freitag mit nur noch vier offenen Fragen konfrontiert:

Ambition: 1,5-Grad-Ziel schafft es in den Vertrag

Die Länder haben sich darauf geeingt, die Klimaerwärmung auf "deutlich unter zwei Grad" zu begrenzen und "Anstrengungen zu unternehmen, um den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu limitieren". Dies ist das überraschendste Element des Paris-Abkommens, da im Vorfeld die meisten Beobachter nicht davon ausgegangen waren, dass sich die kleinen Inselstaaten mit dieser Forderung durchsetzen.

Tony de Brum, der Außenminister der Marschallinseln, zeigte sich denn auch zufrieden: "Damit kann ich nach Hause fahren und meinen Leuten sagen, dass unsere Chance zu überleben noch nicht verloren ist."

Um den Klimawandel zu stoppen, haben die Länder zudem beschlossen, "Emissionsneutralität in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu erreichen". Diese Formulierung ist ebenfalls stärker als von vielen erwartet. Positiv ist auch, dass die nationalen Klimapläne, die "INDCs", im Jahr 2019 überprüft werden sollen.

Finanzierung: Widersprüchliche Formulierungen

Am Freitag standen noch zwei widersprüchliche Versionen zur Klimafinanzierung im Text. Ein Paragraf sprach davon, dass sich Entwicklungsländer "freiwillig" beteiligen könnten. Im nächsten Paragrafen stand wiederum, dass die Industrieländer bei der Klimafinanzierung "die Führung" übernehmen müssen, allerdings "als Teil einer geteilten Anstrengung".

Die zweite Formulierung ist aus Sicht der bisherigen Geberländer vorteilhafter. Denn angenommen, die Entwicklungsländer beteiligen sich nicht, dann brauchen auch die Industriestaaten nichts zu tun, weil es ja dann keine "geteilte Anstrengung" gibt.

In einem anderen Teil des Vertrags steht zudem, dass alle fünf Jahre der Finanzbedarf neu ermittelt wird. Hier wird aber nur gesagt, wer Unterstürtzung braucht, und nicht, wer Unterstützung leisten muss.

Differenzierung: Pflichten für Schwellenländer unklar

Um die Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern geht es auch bei den Transparenzregeln, etwa der CO2-Buchhaltung. Hier standen am Freitag noch drei Optionen im Text. Die erste beschrieb unterschiedliche Transparenzregeln für Industrie- und Entwicklungsländer, die zweite ein einheitliches System für beide Ländergruppen und die dritte ein Mittelding.

Verluste und Schäden: USA fürchten Forderungen

"Loss and Damage", ein Begriff aus der Versicherungswirtschaft, ist eine der umstrittensten Fragen der Verhandlungen. Er bezeichnet unabwendbare Schäden und verluste infolge des Klimawandels. Vor allem die USA befürchten hier, in Zukunft zu Schadenersatz verpflichtet zu werden, und wollen das Thema unbedingt klein halten. Die Entwicklungsländer fordern hingegen eine neue Institution, die sich um "Verluste und Schäden" kümmert. Am Freitag standen noch beide Versionen im Vertragsentwurf.

Wie diese vier offenen Punkte schließlich verknüpft und entschieden werden, ließ sich am Freitag noch nicht abschätzen. Klar war aber, dass die EU gestärkt in die wohl letzte Verhandlungsnacht geht. Die von der EU und den Marschallinseln gezimmerte "Koalition der Ambitionierten" erhielt weiteren Zulauf: die Schweiz, Kanada, die Philippinen und – überraschenderweise – das Schwellenland Brasilien schlossen sich offiziell der Allianz für "ehrgeizigen" Klimaschutz an.

Die Allianz macht mittlerweile sogar China nervös. Der chinesische Fernsehsender CCTV berichtete von einem Telefongespräch zwischen US-Präsident Barack Obama und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Xi sagte dort: "Kurz vor Ende der Pariser Klimakonferenz müssen China und die USA zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Konferenz pünktlich fertig wird."

Der Hintergrund: Während die USA zu den "Ambitionierten" gehört, ist China bei dem Bündnis nicht dabei. Das Obama-Xi-Telefonat erweckt hier den Eindruck, dass China es vorzieht, wieder bilateral mit den USA zu verhandeln, statt mit einer großen Koalition aus meist kleinen Ländern.