11. März 2019 Bildungsreise „Das Land denen, die es bearbeiten!“

Landbesetzungen, Selbstermächtigung und ländliche Solidaritätskultur. Was bleibt von der Revolution der Nelken? Eine Bildungsreise in den Alentejo, vom 11. bis 15. März 2019

Information

Veranstaltungsort

Alentejo
Rua de Mértola 56
7800-475 Beja / Alentejo / Portugal

Zeit

11.03.2019, 13:04 - 15.03.2019, 13:04 Uhr

Themenbereiche

Deutsche / Europäische Geschichte, Parteien- / Bewegungsgeschichte, Soziale Bewegungen / Organisierung, Südosteuropa, Demokratischer Sozialismus, Stadt / Kommune / Region, Westeuropa

Kosten

Einzelzimmerzuschlag: 100,00 €
Normalpreis: 450,00 €
Ermäßigter Preis: 350,00 €
ermöglichend: 550,00 €

Zugeordnete Dateien

„Das Land denen, die es bearbeiten!“
Alentejo im Mai 1979 Foto: Frieder Bauer

Die Reise ist ausgebucht!

Die portugiesische Nelkenrevolution 1974 war der Ausgangspunkt für eine Vielzahl sozialer Forderungen und Bewegungen, die insbesondere das Land erfassten. Im Alentejo, die Region zwischen Lissabon und der Algarve, nahm die Welle der Landbesetzungen ihren Anfang, die zur gelebten Hoffnung für "ein anderes Land", um "otro pais" wurden. Die bekannte Forderung „a terra quem a trabalha!“ (Das Land denen, die es bearbeiten) wurde mit Landbesetzungen umgesetzt und bald mit der Gründung von Kooperativen eine Form gefunden, wie möglichst alle Dorfbewohner einbezogen werden. Der Traum von Gerechtigkeit schien für die AlentejanerInnen endlich realisierbar - und sie packten gleich selbst an: diese Landbesetzungen vor allem unbearbeiteter Felder waren von keiner politischen Partei geplant und wurden als Selbstermächtigung der Bevölkerung bald legendär. Für eine kurze Zeit schien die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft möglich. Ihre Legalisierung als „Reforma agrária“ wurde im Frühjahr1976 noch gesetzlich verankert, aber nicht mehr umgesetzt. Denn den kleinen und großen Kooperativen ein Ende zu setzen wurde bald zur Bedingung für die Verhandlungen zum EG/EU-Beitritt, und nach der Beitrittsfeier 1986 galten endgültig die Vorschriften der Strukturförderung "aus Brüssel": Stillegungsprämien fürs Nichtstun der zurückgekehrten Großgrundbesitzer.


Heute hingegen nimmt die agrarische Nutzung sprunghaft zu. Das Wasser der Alqueva, des größten Stausees Europas, macht es möglich, der Alentejo wird sogar grün, überall werden reihenweise Ölbäume gepflanzt, manchmal auch Wein und Aprikosen. Aber es arbeitet kaum ein Alentejaner auf den neuen Plantagen. Der Wettbewerbsdruck in der Landwirtschaft macht die Beschäftigung osteuropäischer Migranten und Illegaler auf den riesigen Grundstücken der zusammengelegten Latifundien rentabel. In der Weite der Herdades sind die Baracken nicht sichtbar. Die neue Landwirtschaft hat sich von den realen Dörfern und Städtchen abgewendet. Der wachsende Portugal-Tourismus kennt und lobt im noch unbekannten Alentejo vor allem die großen neuen Wein-Adegas, zumeist von Holländern, Deutschen, Engländern und Dänen gegründete Betriebe. Der alentejanische Wein ist tatsächlich von sehr hoher Qualität – aber diese Produkte sind für die meisten Einheimischen, die für eine Flasche zwischen 1,5 und 3 Euro ausgegeben haben, unbezahlbarer Luxus. Der nationale Mindestlohn wurde zwar von der neuen linken Regierung der PS, unterstützt von PC und BE, schrittweise erhöht, aber - er wird inzwischen auch in Berufen bezahlt, die bis zur Krise andere Tarife kannten.


Was allen Besuchenden im Alentejo auffällt, ist seine ruhige Atmosphäre, die vielen kleinen Cafés, die Burgen über weißen, liebevoll gepflegten Städtchen. Das ist der Verdienst von über 40 Jahren linker Kommunalpolitik, viele Bürgermeister waren und sind Kommunisten – eine einzigartige „Selbstverständlichkeit“ in diesem Randbereich Europas. Doch das „Abseits“ ist kein sicherer Ort mehr. Wie kann eine ländliche Kultur, die hier immer auch eine der Solidarität und des Widerstands war, erhalten bleiben, wenn sich "alles umwälzt", wie der Chefredakteur des Diário do Alentejo, Paulo Barriga, die derzeitige Entwicklung beschreibt.
Auf unserer Bildungsreise fragen wir nach, was bleibt von der Revolution der Nelken, den Landbesetzungen, der kollektiven Selbstermächtigung und der im Alltag gelebten ländlichen Solidaritätskultur im Alentejo? Was bewirkt die Politik der neuen linken Regierung in Portugal? Was entwickelt sich an neuen Solidarstrukturen, insbesondere mit den migrantischen LohnarbeiterInnen und Illegalisierten im Alentejo?
Wir informieren uns über die Geschichte des Alentejo innerhalb der jüngeren Geschichte Portugals. Erfahren mehr über die Nelkenrevolution 1974 und den Alentejo als Motor der revolutionären Entwicklung auf dem Land. Während unseres Aufenthaltes treffen wir u.a. engagierte Frauen in dörflichen Kulturvereinen, das Projekt Solidarität mit den Immigranten, die Initiative Beja merece mais für mehr Infrastruktur, besuchen den Diário do Alentejo und diskutieren mit einer neuen Generation lokaler PolitikerInnen.

Teilnahmebeitrag
Der Reisebetrag umfasst 450 Euro. Er beinhaltet die Hotelunterkunft für sechs Übernachtungen im Doppelzimmer incl. Frühstück (Einzelzimmerzuschlag 100 €), Reiseprogramm und die vor Ort anfallenden Transfers (Fahrten mit dem Reisebus im Alentejo),  Übersetzungen und Eintrittsgelder (Museen). Die An- und Abreise zum/vom Veranstaltungsort (Beja) ist selbst zu organisieren.

Soli- bzw. Unterstützer_innenpeis (fakultativ): Für Menschen mit geringeren finanziellen Spielräumen haben wir einen Solipreis eingerichtet (100 Euro Nachlass). Wir können max. fünf Solipreise realisieren. Ein Nachweis ist nicht erforderlich. Wer einen Unterstützer_innenpreis für die Reiseteilnahme zahlen möchte (100 Euro Aufschlag), ermöglicht es Menschen mit geringeren finanziellen Spielräumen, ebenfalls an der Reise teilzunehmen.

Reisetermine, Unterkunft und Anreise
Anreise 10. März (Sonntag) bis Abreise 16. März (Samstag), Seminarprogramm von Montag bis Freitag (11.03. bis 15.03. 2019). Unterkunft im Hotel Santa Bárbara in Beja.
Vom Flughafen „Humberto Delgado“ in Lissabon beträgt die Fahrtzeit zu unserem Unterkunftsortsort in Beja ca.  3,5 Stunden. Wir empfehlen ab Flughafen „Humberto Delgado“ den AEROBUS 2 zum Busbahnhof in Lissabon „Lisboa Sete Rios“ zu nehmen (fährt alle 20 min, 40 - 45 min). Von dort weiter mit dem Überlandbus Espresso nach Beja. Gesamtkosten der Anfahrt ca. 20 Euro.
Es ist auch möglich, über den Flughafen Faro anzureisen, von dort gibt es aber seltener Busverbindungen nach Beja.
Wir bieten für den Anreisetag,  Sonntag den 10. März, im Flughafen in Lissabon einen Treffpunkt (17:30 Uhr) zur gemeinsamen Weiterfahrt nach Beja an. Bei Interesse bitte im Anmeldeformular vermerken.

Reiseleitung: Friederike Heuer und Meinhard Meuche-Mäker

Das Anmeldeformular zum Herunterladen.

 

Gefördert durch die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg.  

Standort

Kontakt

Andreas Merkens

Referent für politische Bildung / Studien- und Bildungsreisen, Rosa-Luxemburg-Stiftung Hamburg

Telefon: +49 40 28003709