Regionalbüro Cono Sur

Das Regionalbüro in Buenos Aires koordiniert die Arbeit der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Argentinien, Chile und Uruguay.

Nachdem in den 2000er Jahren der Cono Sur, der Südkegel Südamerikas, durch fortschrittliche Regierungen geprägt war, stehen alle drei Länder der Region, Argentinien, Chile und Uruguay, vor großen Herausforderungen: politische Schwankungen, wirtschaftliche Krisen und starke gesellschaftliche Bewegungen.

Während in Uruguay im Jahr 2020 nach 15 Jahren zum ersten Mal eine rechte Regierung gewählt wurde, die sogleich begann mit einem Gesetzespaket den für das kleine südamerikanische Land charakteristischen Sozialstaat auszuhebeln, konnten die zuvor rechtsgerichteten Regierungen Argentiniens und Chiles in der letzten Legislaturperiode abgewählt werden. Jedoch ist es weder Alberto Fernández in Argentinien noch Gabriel Boric in Chile bisher gelungen, die Erwartungen für mehr soziale Gerechtigkeit und bessere Lebensumstände für die Mehrheit der Bevölkerung zu erfüllen. Auch die Covid19-Pandemie hat die sozioökonomische Situation in allen drei Ländern sichtlich erschwert.

Die Revolte von 2019 und der darauffolgende Verfassungsprozess in Chile haben in der ganzen Welt Hoffnungen auf eine Veränderung der globalen neoliberalen Stoßrichtung geweckt, die mit der Ablehnung des Entwurfs beim Verfassungsreferendum am 4.September 2022 jedoch bitter enttäuscht wurden. Während die feministische Bewegung des Landes noch maßgeblich an der Wahl von Boric zum Präsidenten beteiligt war, sodass er sich gegen den Kandidaten der extremen Rechten durchsetzen konnte, konnte auch sie nicht genug Stimmen für das «Ja» zum Verfassungsreferendum mobilisieren. Eine politische Strategie des progressiven Lagers für den Umgang mit einer Niederlage im Referendum gab es nicht, gleichzeitig gelang es dem rechten bis extrem rechten Lager, im Mai 2023 neu gewählten Verfassungskonvent die absolute Mehrheit zu erzielen. Dadurch ist jegliche Hoffnung auf eine fortschrittliche Verfassung vom Tisch und die Regierung nachhaltig geschwächt –  Chile befindet sich in einer politischen Krise.  

Die seit 2015 massenhaft erstarkte feministische Bewegung in Argentinien und der Region hatte zu einer neuen weltweiten feministischen Welle beigetragen und zahlreiche politische Erfolge errungen, darunter die Legalisierung der Abtreibung in Argentinien Ende 2020. Das peronistische Parteienbündnis um Alberto Fernández gewann die Wahl 2019 gegen seinen rechten Vorgänger Mauricio Macri, auch mit Unterstützung der feministischen und anderen sozialen Bewegungen. Argentinien hat unter der Regierung Fernández indes keinen Weg heraus aus der Schuldenfalle gefunden und in Folge der extrem angespannten Situation mit starker Inflation fürchtet die Mehrheit der Bevölkerung sozialen Abstieg und sogar Hunger. Dies erweist sich auch als Nährboden für ultrarechten Populismus – eine schwierige Ausgangslage für die kommenden Präsidentschaftswahlen im Herbst 2023.

Wirtschaftlich bleiben die Länder stark vom Export von Rohstoffen und unverarbeiteten Agrarprodukten abhängig. Dabei werden die sozialen und ökologischen Folgen des Bergbaus, der Gewinnung fossiler Brennstoffe und der industriellen Landwirtschaft immer sichtbarer: Verschmutzung von Böden und Wasser, die voranschreitende Erosion, die Gefährdung der Ernährungssouveränität weiter Teile der Landbevölkerung und die damit zusammenhängende Landflucht stellen in der Region zentrale Probleme dar. Darüber hinaus waren die Folgen der durch die Pandemie noch verstärkten globalen Wirtschaftskrise auch im Cono Sur stark zu spüren. Trotz wieder steigender Rohstoffpreise durch den Ukraine-Krieg hat sich die Lage nicht entspannt und trägt eher zur «Refossilisierung» des Energiesektors bei. Die «grüne» Energiewende in Europa löst zudem einen neuen Hunger nach in der Region vorhandenen/produzierten Rohstoffen aus – Lithium und Wasserstoff – verbunden mit altbekannten neokolonialen Ausbeutungsstrukturen.

Die Regierungen antworten auf die wirtschaftliche Krise mit Einschnitten bei den Sozialausgaben und der Flexibilisierung des Arbeitsmarkts. Insbesondere die argentinische Bevölkerung hat unter der Sparpolitik, der Prekarisierung und dem Anstieg der Arbeitslosigkeit zu leiden. In Chile werden niedrige Umweltstandards, prekäre Arbeitsbedingungen und die Kriminalisierung bzw. Repression sozialer Widerstände – in dramatischem Ausmaß sichtbar im Mapuche-Konflikt und in der aktuellen Migrationssituation – auch unter der neuen Mitte-Links Regierung aufrechterhalten, um das investitionsfreundliche Klima nicht zu gefährden.

Regionalbüro Argentinien, Chile und Uruguay

Büroleitung: Torge Löding

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