Nachricht | International / Transnational - Migration / Flucht - Westeuropa «Von wegen sicher»

Veranstaltung über die Lebensrealität von Roma und die Kritik am Konzept der «sicheren Herkunftsstaaten»

Tamara Baković-Jadžić; Foto: Mara Puškarević

Zwischen dem 14. und 22. Februar fand die Speakerstour «Von wegen sicher - Das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten in der Kritik» statt, die vom Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Belgrad organisiert wurde. Die Referentin Tamara Baković-Jadžić reiste durch sieben Städte, um über die Situation von Roma in Serbien zu berichten. Am 21. Februar luden wir gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat Brandenburg zu einer Veranstaltung im Rahmen dieser Speakerstour ins Potsdamer freiLand ein. Neben Tamara Baković-Jadžić war Kenan Emini zu Gast. Er ist Mitbegründer und Vorsitzender des Roma-Center Göttingen und engagiert sich in der Initiative «Alle bleiben» (http://www.alle-bleiben.info/). Tamara Baković-Jadžić engagiert sich in Serbien in einer NGO mit dem Namen «Roma-Forum Serbiens», die sich für die Verbesserung der Stellung von Roma einsetzt und ist außerdem Mitautorin der Broschüre «Von wegen sicher», die von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Südosteuropa zu dem Thema herausgegeben wurde. Die Broschüre und die Speakerstour sollen auf die Folgen aufmerksam machen, welche die Asylgesetzänderungen, insbesondere in Form des Konzepts der «sicheren Herkunftsländer», für die betroffenen Menschen haben.

Tamara Baković-Jadžić kritisierte das Konzept der «sicheren Herkunftsstaaten», indem sie deutlich machte, unter welchen Bedingungen Roma in Serbien leben. Sie beschrieb die Armut, Arbeitslosigkeit, rassistische Diskriminierung und massive Benachteiligung im Bildungssystem. Von geschätzt 500000 in Serbien lebenden Roma leben 120000 (nach offiziellen Angaben) in «inoffiziellen Siedlungen». Der Lebensstandard hier ist deutlich schlechter als der der Mehrheitsbevölkerung in Serbien. Die starke Segregation im Bildungssystem führt dazu, dass Roma in Serbien kaum Perspektiven haben, sich aus Armut und Arbeitslosigkeit zu befreien. Anhand dieser Schilderung wurde schnell deutlich, warum die Bezeichnung «Wirtschaftsflüchtling» lediglich eine weitere Form der Diskriminierung darstellt und die Not, der die Menschen entfliehen, verkennt. 

Kenan Emini berichtete im Anschluss darüber, welche Folgen die Erklärung der Balkanländer zu «sicheren Herkunftsländern» für in Deutschland lebende Roma hat. Viele der in Deutschland lebenden Roma flohen bereits während des Kosovo-Krieges. Sie leben teilweise seit 17 Jahren in Deutschland in «Duldung». Ihre Kinder sind hier aufgewachsen. Durch die Deklarierung ihrer Herkunftsländer als «sicher» können sie nun keinen Aufschub ihrer Abschiebung mehr erwarten. Sie haben in ihren Herkunftsländern keinen Ort, an den sie zurückkehren können und sind dort der sozioökonomischen Marginalisierung und rassistischen Diskriminierung ausgesetzt, die Tamara Baković-Jadžić beschrieb. Kenan Emini schilderte zudem seine Beobachtung, dass Roma den Rechtsruck in Europa in besonders ausgeprägter Weise zu spüren bekommen. Die Solidarität mit Roma nehme noch weiter ab und die rassistische Diskriminierung verschärfe sich spürbar.

Abschließend plädierte Tamara Baković-Jadžić dafür, dass der Kampf gegen Asylrechtsverschärfungen und zur Verbesserung der Lage von Roma nicht isoliert geführt, sondern in andere soziale Kämpfe gegen Armut und soziale Ungleichheit eingebunden werden sollte.

Ausführlichere Informationen über die Lebenssituation von Roma in den Balkanländern und die Folgen der Asylrechtsverschärfungen lassen sich in der Broschüre «Von wegen sicher» nachlesen:

http://www.rosalux.de/publication/42788