Nachricht | Deutsche / Europäische Geschichte - GK Geschichte 20 Jahre Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur

Dortmund 2016. Unter den Schlagworten Bewahren, Nutzen, Forschen, Vermitteln wird über die kulturelle und historische Arbeit mit den Baudenkmälern informiert

Information

Das Ruhrgebiet dürfte die weltweit größte und komplexeste Altindustrielandschaft sein. Der aktive Steinkohlebergbau wird dort in zwei Jahren zu Ende sein. Um diesen Wandel, der bereits Anfang der 1980er Jahre, wenn nicht früher begann, etwas abzufedern, wurden ausgewählte Bauwerke unter Denkmalschutz gestellt. Begleitend und darüber hinausgehend wurden von verschiedenen Seiten geschichtspolitische Projekte initiiert, die dem „drohenden Identitätsverlust“ angesichts des Endes der Industriegesellschaft begegnen sollten. In einem aufwendig und ansprechend gestalteten Überformat blickt nun die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, eine dieser Institutionen, auf 20 Jahre Tätigkeit seit ihrer Gründung 1995 zurück. Damals verfügte die Stiftung über neun Standorte, heute sind es 12. Diese Stiftung ist eine Public-Private-Partnership des Landes Nordrhein-Westfalen und des Energiekonzerns Ruhrkohle AG (RAG), was die Interessenslage erklärt, denn selbstverständlich handelt es sich hier um eine Publikation, die in erster Linie der Selbstlegitimation des Jubilars dienen soll.

Lässt die Leserin die vielen Grußworte von PolitikerInnen außer Acht, findet sie in der ersten Hälfte der reichhaltig und farbig illustrierten Publikation kurze historische Abrisse zu den einzelnen baulichen Standorten der Stiftung, versehen mit historischen und aktuellen Fotos. Weitere Standorte, die mittlerweile andere Träger haben, werden ebenfalls vorgestellt. Stets ging es um die Sicherung der teilweise bereits lange leerstehenden Gebäude und Anlagen, um ihre Sanierung und auch den Teilabriss, und dann die Neu- und Umnutzung für Gewerbe, Sport oder Kultur bzw. die explizite Nutzung als industriegeschichtliches Museum.

Die Texte sind durchweg populärwissenschaftlich gehalten, und berichten in der zweiten Hälfte der Veröffentlichung unter den Schlagworten Bewahren, Nutzen, Forschen, Vermitteln über die kulturelle und historische Arbeit mit den Baudenkmälern: Z.B. über die Arbeit mit Zeitzeugen, oder über die vielen ehrenamtlichen HelferInnen, ohne die wohl kaum eine der umfangreichen Gebäudeanlagen betrieben werden könnte. Ein Artikel informiert über die Internationale Bauausstellung (IBA), die von 1989 bis 1999 im Ruhrgebiet wirkte und eine Impulsfunktion hatte. Mittelfristig möchte die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur die „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ insgesamt als Weltkulturerbe der UNESCO qualifizieren. Die Zeche Zollverein in Essen ist bereits, wie auch das bauhaus in Dessau oder das Stahlwerk Völklinger Hütte im Saarland als Weltkulturerbe ausgezeichnet.

Bemerkenswert, aber ebenso symptomatisch ist es, dass die Gewerkschaften als kollektive Akteure oder als Körperschaft in dem Buch nicht vorkommen, und auch in den Gremien der Stiftung nicht vertreten sind.

Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur (Hrsg.): 20 Jahre Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur 1995-2015; Dortmund 2016, 220 Seiten A4, 20 EUR (plus Versand), ISBN 978-39-35783-28-6 [Bezugsadresse: info@industriedenkmal-stiftung.de)

Zum Thema dieses Bandes erscheint seit 1998 halbjährlich die Zeitschrift forum geschichtskultur ruhr (bis 2009 unter dem Titel FORUM Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur) die u.a. vom Forum Geschichtskultur Ruhr herausgegeben wird.