Pressemeldung | Die Welt, in der wir leben

Linke debattieren über den rechten Weg (Märkische Allgemeine, 23.1.2006)

Zwar lag die "Junge Welt" auf dem Tisch, aber sie konnte den Gesamteindruck der Auftaktveranstaltung der neuen Reihe "Die Welt, in der wir leben", in der über "Perspektiven einer neuen Linkspartei" diskutiert wurde, nicht verwischen: Sie ist alt, sie ist grau, sie ist männlich, sie bedient sich alt bekannter und nicht immer bewährter Floskeln und Kampfaufrufe, die linke Kraft jenseits der SPD, zumindest wenn man dem Augenschein der Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung am Mittwochabend Glauben schenken will.
 
Tatsächlich aber verfügt sie auch über so viel Anziehungskraft, dass die beiden Räume der Rosa-Luxemburg-Stiftung proppenvoll besetzt und bestanden waren. Dass die Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG), die in Gestalt ihres brandenburgischen Sprechers Herbert Driebe auf dem Podium saß, einen Frauenanteil von lediglich 22 Prozent hat, und dass die Deutsche Kommunistische Partei DKP, für die der Philosoph Robert Steigerwald mitdiskutierte, einen Mitgliederanteil unter fünf Prozent von 30-Jährigen oder Jüngeren aufweist, all dies bildete diese Veranstaltung ab.
 
Da konnte auch die Überzeugungskraft des Ehrenvorsitzenden der PDS, Hans Modrow, der mit heiserer Stimme und rational wirkenden Argumenten immer wieder darauf hinwies, dass "viele Dinge noch ausdiskutiert" werden müssten, nicht viel ausrichten. Zwar versuchte er, die unterschiedlichen linken Richtungen auf den gemeinsamen Nenner der "Zukunft der Arbeiterbewegung" zu beschwören, aber er bekannte auch, dass zuerst ein einigendes Profil notwendig sei, um die Kräfte zu bündeln. Und da müsse man sich über viele Fragen klar werden, so zum Beispiel über die Bereitschaft, sich an Regierungen mit zu beteiligen oder lieber außerparlamentarisch wirksam sein zu wollen.
 
Modrow sprach von der "sozialistischen Linken", so dass Driebe sich augenblicklich verpflichtet fühlte, darauf hinzuweisen, dass ein solcher Sprachgebrauch zwischen den beiden Parteien, die sich in der "Linkspartei-PDS" getroffen haben, gar nicht vereinbart sei. Trotz verwandter Ideologie also die altbekannten Reibereien, die die Energien aufsaugen und nur noch Splitter übrig lassen.
 
Modrow sprach auch das heikle Thema Privatbesitz an und fand die Praxis der späten DDR gar nicht so schlecht, während Driebe darüber informierte, dass der WASG-Vorsitzende Lafontaine ja bekanntlich gegen Enteignung sei. Spitzfindig wirkte da die Position Steigerwalds, der von "Aneignung" sprach, die die wirklichen Verhältnisse zurechtrücken müsse.
 
Ganz am Ende kam man dann durch Hinweis aus dem Publikum darauf, dass neuere soziale Bewegungen wie Attac oder Greenpeace ebenfalls zur linken Kraft zu zählen seien. Ob diese Jüngeren, spontan aktionistischen Gruppen aber mit den im Bildsinne starr gereckten Fäusten der Älteren wirklich etwas anfangen können, wird erst die Zukunft erweisen.