Pressemeldung | Links nach draußen

Linker Promialarm in Düsseldorf. Auf Initiative der Linksparteiler Wolfgang Dreßen und Frank Laubenburg widmete sich ein Forum in der Fachhochschule dem Verhältnis der Fraktionslinken zu den sozialen Bewegungen. (terz, 1.2.2006 - www.terz.org)

"Wo sind meine Leute da draußen", fragten sich die Linksparteilinken und debattierten am 21. Februar in der Düsseldorfer Fachhochschule über "Linken Parlamentarismus und außerparlamentarische Bewegung unter den Bedingungen der Präsenz der Linkspartei im Bundestag". Standesgemäß boten die ca. 200 TeilnehmerInnen zunächst aber einem Delegierten der seit gut drei Monaten streikenden Beschäftigten des Catering-Unternehmens "Gate Gourmet" Gelegenheit, über den Stand der Dinge zu berichten. Ein paar besonders Solidarische sollten sich in der Mittagspause sogar zu einem Kurzbesuch zum Flughafen aufmachen. Nach kurzen einführenden Worten verteilten sich die BesucherInnen dann auf die sieben Arbeitsgruppen. Peter Grottian, Ulla Jelpke, Karl-Heinz Roth, Tobias Pflüger und Alex Demirovic widmeten sich darin unter anderem den "Möglichkeiten und Grenzen antikapalistischer Politik innerhalb von Institutionen der bürgerlichen Gesellschaft", der "Möglichkeit von nationalstaatlichem Keynsianismus", der "Rolle der alten und neuen sozialen Bewegungen im außerparlamentarischen Widerstand", den "Erwartung der gesellschaftlichen Linken" an die Linkspartei und den "Erfahrungen der Linken mit Parlamentarismus in der bürgerlichen Gesellschaft".

Als Erfolge linken Parlamentarismus' verbuchte die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke in ihrer Arbeitsgruppe die Zwangsarbeiter-Entschädigung und die abgeforderten Berichte zur Lage des Rechtsextremismus. Der Friedenspolitiker Tobias Pflüger verwies auf den privilegierten Zugang zu Informationen und den nicht nur bei Demonstationen hilfreichen Mandatsträger-Status. Für beide bedeutet "linker Parlamentarismus", sich abseits des üblichen institutionellen Rahmens zu bewegen. Statt der "Beschäftigungstherapie in Ausschüssen" zu frönen, verstehen sie sich als Sachwalter außerparlamentarisch agierender Gruppen. Das gemeinsam mit dem Politikwissenschaftler Peter Grottian geplante Komitee zu den Zwangsumzügen in der Folge von Hartz IV nannte Jelpke als Beispiel für eine solche Politik. Mit der Einrichtung eines Verbindungsbüros will die Linkspartei diesen Ansatz verstetigen. Einige sehen das allerdings nur als Alibiveranstaltung an. "Wenn es einmal läuft, bist Du zu 80 Prozent mit Parlamentsarbeit beschäftigt", prophezeite etwa ein Parteikollege Ulla Jelpke. Gleichermaßen skeptisch beurteilten Jelpke und Pflüger wiederum das Treiben mancher Fraktionskollegen. Von den 14 Enthaltungen bei der Abstimmung über den Sudan-Einsatz über die sogar noch hinter ihre Koalitionsvereinbarungen zurückfallenden Berliner Senatoren bis zu den emsig an einer Regierungsfähigkeit im Bund arbeitenden Linksparteilern reichte ihre Kritik.

Aber nicht nur solche Fraktionsfriktionen verhindern eine linke Politik im Bundestag. Helmut Manz vom Landesvorstand NRW betrachtete das Projekt "Linke im Parlament" an sich als ein höchst paradoxales Unterfangen, wovon schon Strategeme wie "radikale Reformpolitik" oder "Übergangsforderungen" kündeten. "Das Dilemma ist ein echtes", konstatierte Manz.

Demgegenüber bewegten sich die Historiker Wolfgang Dreßen und Karl-Heinz Roth im widerspruchslosen Raum. Kurz und schmerzlos erledigten sie den Keynsianismus mit Verweis "Globalisierung" und "Fetisch Lohnarbeit". Entsprechend folgenlos blieben ihre Einlassungen. Roth bemühte sich gar nicht erst, seine Alternative "Emanzipation aus entfremdeter Lohnarbeit" anschlussfähig zumindest an eine linke Linkspartei-Politik zu machen. Ein Keynsianist wurde bei dieser Diskussionsrunde dann auch schmerzlich vermisst. Hätte die mitveranstaltende Rosa-Luxemburg-Stiftung nicht sinnvollerweise auf der Einrichtung eines Arbeitskreises zum Regierungshandeln in Mecklenburg-Vorpommern bestanden, wäre man in Düsseldorf ganz unter sich geblieben.

Streit gab es natürlich trotzdem. In dem Linkspartei-Anspruch, "die Vertretungslücke zu schließen, ohne Stellvertreterpolitik zu betreiben", wie es Edith Bartelmus-Scholich formulierte, witterten einige eine fürsorgliche Belagerung. Die AußerparlamentarierInnen hingegen mussten sich ihre momentane politische Schwäche konstatieren lassen, die es z. B. nicht erlaube, Großdemonstrationen durchzuführen, ohne auf die Infrastruktur des DGB zurückzugreifen.

Am Schluss entwickelte das Forum drei Prüfsteine für die außerparlamentarische Koalitionsfähigkeit der Partei. Es forderte eine Unterstützung der Großdemonstration gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie, eine Art Anwesenheitspflicht bei sozialen Bewegungen und die Einrichtung eines Rates aus linken Gewerkschaftlern, Sozialbewegten und Linksparteilern als "institutionalisiertes Korrektiv" gegen Rechtsabweichungen. Ein sinnvoller Abschluss einer nicht immer sinnhaften geschlossenen Gesellschaft. Das Bündnis mit unabhängigen Gruppen kann nämlich nur die Linkspartei als Ganze suchen, wenn es tragfähig sein soll, als Projekt der Linkspartei-Linken gegen den rechteren Rest hat es keine Chance.