Möglichkeiten und Grenzen linker Politik waren am Dienstagnachmittag in Erfurt Gegenstand eines gesellschaftspolitischen Forums. »Wie weiter links?«, fragten die Landtagsfraktion der Linkspartei und die Rosa- Luxemburg-Stiftung.
Es sei wirklich nicht schwer, heute eine linke Politik zu formulieren, findet Oskar Lafontaine. Die Linke müsse nur das Gegenteil dessen anstreben, was auf dem neoliberalen Katalogs steht – also mehr Staat statt Deregulierung, öffentliches Eigentum statt Privatisierung und soziale Gerechtigkeit statt Sozialabbau.
Lafontaine sieht den Ausgangspunkt für linke Politik in einem »radikalen Freiheitsbegriff« in dessen Mittelpunkt die Freiheit von sozialer Existenznot steht. Nachdrücklich betonte der Chef der Bundestagsfraktion der Linkspartei: »Wir werden uns an keiner Regierung beteiligen, die einen neoliberalen Kurs verfolgt.« Statt dessen könne man sich an den skandinavischen Ländern orientieren. Dort ist der Anteil der im öffentlichen Dienst Beschäftigten insgesamt weitaus höher, als hier zu Lande. Mehr Arbeitsplätze in diesem Bereich könnten auch in der Bundesrepublik entstehen – zum Beispiel mit der Übernahme des Steuersystems skandinavischer Länder, die rund 330 Milliarden Euro zusätzlich in die deutsche Staatskasse spülen würde.
Zuvor hatte Edelbert Richter vor der »Gefahr des Erfolgs« gewarnt. Als mögliche Regierungspartei müsse die Linke unter anderem die Dominanz der Exportindustrie brechen und europapolitisch eine völlige Kursumkehr anstreben. Dabei solle man die Widerstände nicht unterschätzen und sich die Frage stellen, ob die Linke das auch leisten kann. Die europäische Zentralbank könne beispielsweise alle Anstrengungen zunichte machen. Werde jedoch die Unabhängigkeit der Bank eingeschränkt, schwäche das den Euro. Ein starker Euro aber sei ein denkbarer Hebel zur Durchsetzung einer alternativen internationalen Finanzpolitik. Das scheine ihm die Leitfrage zu sein, so Richter, mit der man sich beschäftigen müsse.
Die jüngsten Streiks sind für Sahra Wagenknecht ein Zeichen dafür, dass die Menschen es satt haben, sich über den Tisch ziehen zu lassen. Die Linke müsse »jeden Keim von Gegenwehr« unterstützen, damit die Bundesrepublik französischer werde, forderte die Europaparlamentarierin. Dazu bedürfe es allerdings der Verankerung des linken parteipolitischen Spektrums in den sozialen Bewegungen und den Gewerkschaften. Auf diesem Gebiet gebe es einen Anfang, aber noch keinen Durchbruch.
Nachdrücklich betonte Wagenknecht, die Menschen müssten sehen, das die Linke zu ihren Überzeugungen stehe und überall gegen neoliberale Entscheidungen Front macht. Wenn sie sich aber wie beim Verkauf kommunaler Wohnungen in Dresden oder mit dem Berliner Bankengesetz daran beteiligt, Kommunaleigentum zu verschleudern, schädige das ihr Ansehen. Wo Mindestanforderungen für die Arbeit in Parlamenten »nicht durchsetzbar sind, müssen wir in der Opposition bleiben«.