Nachricht | Public Private Partnership auf dem Prüfstand

Chance für demokratische Kontrolle oder Privatisierung von Staatsaufgaben? Workshop der RLS auf der attac-Sommerakademie in Karlsruhe

Das Thema Privatisierung war auf der Attac-Sommerakademie in Karlsruhe dieses Jahr mit mehreren gut besuchten Workshops vertreten. Dabei spiegelt das große Interesse die Wirklichkeit wider: öffentliche Dienstleistungen unterliegen schon längere Zeit einem zunehmenden Systemwandel. Nahezu alle Bereiche, die vormals in staatlicher Trägerschaft zur Verfügung gestellt wurden, werden sukzessive der Logik der Profitmaximierung unterworfen, ob in staatlicher oder privater Trägerschaft.

Der Workshop des Netzwerks Privatisierung/Öffentliche Güter der Rosa-Luxemburg-Stiftung widmete sich vor diesem Hintergrund einer ganz speziellen Variante dieser Transformation, nämlich den sogenannten „Public Private Partnerships“ (PPP) oder zu deutsch „Öffentlich-private Partnerschaften“ (ÖPP). Der Referent Uwe Höring führte in das hoch komplexe Thema ein am Beispiel der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Sie setzt seit Anfang der 1990er Jahre verstärkt auf solche Partnerschaften, um den Einstieg internationaler Konzerne in Infrastrukturbereiche wie etwa die Wasserversorgung zu ermöglichen. Er verglich diese „Partnerschaften“ mit einer Eheschließung der besonderen Art: Der Bräutigam (Staat) hat eine Menge Aufgaben und kein Geld und sucht eine Braut (Investor). Diese ist zwar hässlich, hat aber immerhin Geld. Es kommt zu einer Art Zweckheirat. Die Weltbank sieht es im übrigen umgekehrt: In dieser Lesart ist der Staat die Braut und muss sich mit „Abspecken“ (Umstrukturierungen, Ausgliederungen, etc.) attraktiv machen für den Bräutigam (Investor). Grob handelt es sich um einen Vertrag zwischen Staat und Privatunternehmen, mit dem die Aufgabenverteilung von Investition, Betrieb usw. geregelt wird, wobei nicht nur Risiken, sondern auch Nutzen „partnerschaftlich“ geteilt werden sollen – so die offizielle Version.

Die Praxis solcher Partnerschaften sieht kompliziert aus: Public Private Partnership ist ein Oberbegriff für unzählige Varianten von Verträgen. Dies reicht von reinen Serviceverträgen, die der Staat an Private vergibt, über Managementverträge und Pachtverhältnisse bis hin zu Konzessionen. Der Referent Robert Kösling vertiefte in seinem Beitrag den Eindruck, dass diese Verträge nur von Experten verstanden werden können. Die Sprache, in welcher PPPs verhandelt werden, ist von Fremdworten und Anglizismen durchzogen, das Verfahren selbst für einen Laien kaum durchschaubar. In einigen Bereichen wird die Transparenz in der Vergabe öffentlicher Leistungserbringung an Private aber schlicht dadurch verhindert, dass die Verträge geheim sind, so beispielsweise im Hoch- und Tiefbau.

Auch Gerald Klec von der Gewerkschaft der Privatangestellten in Österreich konnte diesen sogenannten „Partnerschaften“ nichts abgewinnen. Er berichtete vom Gesundheitssektor in Österreich, über dem ebenfalls das Damoklesschwert der Kommerzialisierung schwebt. „Rosinenpicken“ nennt er die Motivation von privaten Investoren an staatlichen Einrichtungen oder aber auch die Umwandlung von staatlichen Einrichtungen in gewinnorientierte staatliche Einrichtungen. Hier sei es schon vorgekommen, dass sich die Planer hinterher selbst als Manager im dann umgewandelten Betrieb vorgesehen hatten. Klec verwies vor allem auf die Arbeitsbedingungen, die von PPPs und Privatisierungen allgemein in vorwiegend negativer Weise betroffen sind: In der Regel verschlechtern sie sich und dies bei sinkenden Löhnen.

Angesichts der durchweg negativen Erfahrungen mit den PPPs denke man inzwischen bereits wieder an „Public Private Divorce“ (divorce zu deutsch: Scheidung), so Uwe Höring. Allerdings komme man auch bei neuen Konzepten bisher nicht von den Grundprinzipen des Public Private Partnerships ab. Eine der neueren Konzeptionen im Bereich der Entwicklungskooperationen stellte Lena Partzsch vor. Auf internationaler Ebene würden seit geraumer Zeit sogenannte „Multi-Stakeholder Partnerships“ (MSP) praktiziert, wonach nicht nur staatliche Vertreter und private Investoren mit einander verhandeln sollen, sondern auch zivilgesellschaftliche Akteure, wie NGOs (Nichtregierungsorganisationen). Dabei stellte sich allerdings raus, dass lediglich NGOs mit an einem Tisch sitzen, die explizit nicht gegen Privatisierung sind.

Fazit der Veranstaltung war, dass es dringenden Aufklärungsbedarf über Verfahren und Folgen von sogenannten Public Private Partnerships bedarf, zum einen in der interessierten Öffentlichkeit, zum anderen und ganz akut bei den „Entscheidungsträgern“ (Stadträte, Kreisabgeordnete etc.) und in PPP-Verfahren involvierten Akteuren aus dem kommunalen Bereich. Das Netzwerk ppg wird auf der Homepage der Rosa-Luxemburg-Stiftung die Beiträge der ReferentInnen zum Download zur Verfügung stellen, siehe unter www.wemgehoertdiewelt.de