Pressemeldung | Luxemburgs Erben unerwünscht?

Heinz Vietze zum Umgang mit der Wahrheit über die SED-Diktatur. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Brandenburger Landtag (59) ist Vorstandsvorsitzender der RLS (Neues Deutschland, 5.7.2007)

ND: Die Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur hat Streit im eigenen Haus. Noch vor drei Jahren war die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) bei Hubertus Knabe zur Eröffnung des Stasi-Museums in Hohenschönhausen mit einem eigenen Stand eingeladen und wohlgelitten. Jetzt reitet er mit anderen in einem Offenen Brief Attacke gegen eine Zusammenarbeit mit Ihnen. Was ist der Sachstand?

Vietze: Für die Rosa-Luxemburg-Stiftung war und ist die Teilnahme an der gesamtgesellschaftlichen Diskussion zur Aufarbeitung der Geschichte immer ein verpflichtendes Anliegen. Deshalb haben wir uns bewusst entschieden, uns an dem Graduiertenprogramm der Bundesstiftung zu beteiligen, um aktiv an einer pluralistisch orientierten Aufarbeitung der DDR-Geschichte auch in dieser Form teilzunehmen und ein Stipendium zur Verfügung zu stellen. Für Hubertus Knabe und einige Unterzeichner ist offensichtlich die momentan laufende Debatte der Anlass, darauf aufmerksam zu machen, dass sie – also die Birthler-Behörde – noch nötig sind. Und das tut man offensichtlich am wirksamsten, indem man anderen – also uns – unterstellt, dass sie sich bestimmten historischen Herausforderungen nicht ausreichend gewappnet gezeigt haben und demzufolge die Geschichte immer noch nicht begriffen haben.

Mit solchen Unterstellungen könnte man vielleicht noch umgehen. Im Offenen Brief von Vera Lengsfeld, Hubertus Knabe und anderen steht aber über die Rosa-Luxemburg-Stiftung, dass sie »die kommunistische Diktatur in der DDR aktiv verherrlicht«. Mir ist in ihren Aussagen der letzten Jahre eher ein besonders kritisches Verhältnis zur DDR aufgefallen.

Es wäre sehr zu empfehlen, sich mit unseren Veröffentlichungen der Stiftung zu beschäftigen. Die Unterzeichner sind auch gern eingeladen zu Veranstaltungen der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Wir werden bis 2009 eine Fülle von solchen Geschichtsdiskussionen haben. Ich bin gerne bereit, mich mit Hubertus Knabe, mit Frau Boley, mit Lutz Rathenow und vielen anderen so zu streiten, wie ich mich in der Vergangenheit auch immer diesen Gesprächen gestellt habe.

Jörg Schönbohm, der gerne die Lebensumstände der DDR »zutreffend exakt« analysiert, gehört auch zu den Unterzeichnern.

Schönbohm selber, der einen hohen Anspruch hat in der Bewertung geschichtlicher Abläufe, muss sich natürlich selber ernst nehmen. Mit der Forderung, wir sollten uns nicht einbringen dürfen in die kritische Auseinandersetzung mit der DDR, wird es doch langsam lächerlich. Wenn wir uns nicht eingebracht hätten, wäre uns gewiss vorgehalten worden, dass die LINKE und die ihr nahestehende Stiftung sich der notwendigen gesellschaftlichen Auseinandersetzung entzöge. Und wenn wir uns beteiligen, hält man uns vor, dass wir uns daran beteiligen. Irgendwo müssen die Briefschreiber mal wissen, was sie wollen.

Hat es denn in der Rosa-Luxemburg-Stiftung Diskussionen gegeben, ob man sich mit anderen zusammen an einen Tisch setzt zum kontroversen Thema »Die Revolution 1989« ?

Natürlich. Aber wir stehen geradezu in der Pflicht, uns an diesem gesamtgesellschaftlichen Diskussionsprozess zu beteiligen, an dem übrigens insgesamt 17 Stiftungen mitwirken. Ohne uns wäre »die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur unglaubwürdig«, so lese ich in einem aktuellen Brief an uns von Rainer Eppelmann, der die Bundesstiftung leitet. Und wenn die Birthler-Behörde »mehr als nur nachlässig mit der Wahrheit umgeht«, wie gestern im Kulturausschuss des Bundestages zu hören war: wir werden das nicht tun.

Fragen: Hanno Harnisch