Nachricht | International / Transnational - Südostasien - Asien - Gesellschaftliche Alternativen - Sozialökologischer Umbau - Klimagerechtigkeit - COP 21 - COP 23 «‹Dump Trump› und macht das Klima wieder sicher»

Im Mai 2017 wurde die weitere Umsetzung des Pariser Abkommens diskutiert. Wir sprachen mit einer Aktivistin aus den Philippinen.

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Maria Theresa (Tetet) Lauron
Maria Theresa (Tetet) Lauron

Eineinhalb Jahre nachdem die Welt die Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens feierte, schlägt die globale Klimakrise weiterhin mit voller Wucht zu. Vom 8. bis 18. Mai 2017 trafen sich die internationalen Klimadiplomat*innen in Bonn zu Zwischenverhandlungen, um die weitere Umsetzung des Pariser Abkommens zu diskutieren. Während dieser Prozess sich extrem zäh gestaltet, wurde das Bonner Treffen von den US-amerikanischen Ankündigungen, den Klimavertrag zu verlassen, überschattet und zusätzlich verlangsamt. Die Glaubwürdigkeit der UNFCCC wurde zusätzlich durch die offensichtliche Einflussnahme des Privatsektors, insbesondere von Vertreter*innen fossiler Industrien angekratzt. Viele der anwesenden zivilgesellschaftlichen Organisationen kritisieren diesen Interessenkonflikt vehement. Auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung war vor Ort gemeinsam mit mehreren Partner*innen aus dem globalen Süden. Eine von ihnen ist Maria Theresa (Tetet) Lauron von IBON International aus den Philippinen. Wir haben vor Ort mit ihr gesprochen und sie gefragt, warum die Anwesenheit der Zivilgesellschaft, insbesondere progressiver Bewegungen während der Klimaverhandlungen eigentlich wichtig ist und was sie von den Bewegungen und linken Akteur*innen in Deutschland in Bezug auf die internationale Klimapolitik erwartet.


Rosa-Luxemburg-Stiftung: Tetet, IBON International ist eine philippinische Organisation, die sich für soziale Gerechtigkeit und Transformation sowie für die Förderung von Demokratie, Frieden und Gleichberechtigung einsetzt. IBON International und insbesondere du, Tetet, ihr nehmt regelmäßig an den internationalen Klimaverhandlungen teil. Warum findest du es wichtig, dass progressive soziale Bewegungen und zivilgesellschaftliche Organisationen sich an der internationalen Klimadiplomatie beteiligen?

Tetet: Die Verhandlungen der UNFCCC sind die Antwort der internationalen Gemeinschaft auf den Klimawandel und dessen Auswirkungen. Diese Entscheidungen, welche die Unterschiede zwischen dem Überleben und dem Tod unseres Planeten und all seiner Bewohner*innen ausbuchstabieren, liegen darin, wie gut (oder schlecht) die Regierungen dieser Welt sich darauf einigen, gegen die Klimakrise aktiv zu werden und in wie weit sie denen ihre Hand reichen, die schon jetzt die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen. Nichts desto trotz, wir erleben diese «internationale Klimadiplomatie» und ihre vermeintlichen Lösungen seit 20 Jahren, aber Erfolge konnten wir bisher keine erleben. Wir sehen auch, dass die Interessen der reichen, industrialisierten Länder (und ihrer Konzerne) mit Vorrang behandelt werden und dass die sogenannten Lösungen eigentlich ihrem Interesse dienen, aus der Klimakrise am Ende noch Profit zu schlagen. Regierungen und die UNO müssen beständig von uns gefordert und unserem Druck ausgesetzt werden, wenn sie sich nicht um die Hoffnungen und Belange der Menschen kümmern, die sie hier vertreten. Und genau deswegen ist die Präsenz von progressiven sozialen Bewegungen und der Zivilgesellschaft an dieser Stelle so wichtig.

Und warum ist es für die Arbeit von IBON International und deine Arbeit auf den Philippinen so wichtig hier in Bonn dabei zu sein?

Das Pariser Klimaabkommen wurde mit solch einer Euphorie von den Regierungen und anderen, darunter auch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, gefeiert. Man kann dem entgegenhalten, dass dieses Abkommen viele Schwächen hat und den von der Wissenschaft formulierten Anforderungen und auch den Forderungen nach globaler Gleichberechtigung niemals genügen wird. Aber, da es nun einmal existiert, müssen wir auch dafür sorgen, dass unsere Regierung, wenn sie sich über die Umsetzung Gedanken macht, es nicht so tut, dass es am Ende eine Verschlechterung der Situation für die Menschen bedeutet. Wir müssen auch versuchen, die Messlatte möglichst hoch zu halten, um die Klimaschutzaktionen unserer Regierung anzuspornen. Ich sehe eine große Gefahr darin, dass im Namen der CO2-Minderungspolitiken viel Schaden angerichtet wird. Z. B. durch das Umschwenken auf erneuerbare Energien kann es zu Vertreibung von Millionen Menschen kommen, deren Lebensgrundlage z. T. auch die dreckigen fossilen Brennstoffe sind, während gleichzeitig unter dem Deckmantel der Anwerbung ausländischer Investitionen weiterhin verschmutzende Industriebetriebe eröffnet werden. 

Die UNFCCC ist gefordert, die Glaubwürdigkeit des Klimaschutzprozesses aufrecht zu erhalten.

Wie du gerade festgestellt hast, wurde das Pariser Abkommen ja breit als eine Art Durchbruch zur Rettung unseres Planeten gefeiert. Wir sehen aber, dass für die Umsetzung eigentlich nach wie vor ernsthafte Zusagen, insbesondere der reichen Industrieländer, fehlen. Dieses Jahr im November finden die Klimaverhandlungen unter der Präsidentschaft von Fidschi in Deutschland statt. Deutschland beherbergt auch den G20-Gipfel und wir haben dieses Jahr Bundestagswahlen. Was erwartest du von Ländern wie Deutschland während der Verhandlungen dieses Jahr? Was sollten die NGOs, Bewegungen und progressive Parteien wie DIE LINKE für die Klimapolitik tun?

Das heutige Mantra heißt, dass der Privatsektor ein unentbehrlicher Akteur im Feld der nachhaltigen Entwicklung sei. Wo auch immer – sei es bei der UNO, bei der OECD oder irgendwo anders. Firmen – und da meine ich insbesondere die Konzerne – werden gelobt für ihre Beiträge und Technologien, die die Weltprobleme lösen. Politische Entscheidungen werden getroffen, Regulierungen abgeschafft, alles um dem Privatsektor zu gefallen. Die UNFCCC ist gefordert, die Glaubwürdigkeit des Klimaschutzprozesses aufrecht zu erhalten, d. h. es muss ein Prozess der verhandelnden Staaten und Vertragsparteien bleiben. Aber der Einfluss von Konzernen (fossiler Industrien, von Agrochemiekonzernen etc.) in den Verhandlungen ist angestiegen und hat den Prozess in Gefahr gebracht, in einen fundamentalen Interessenkonflikt zu geraten. Und da frage ich mich, warum die UNFCCC noch nicht einmal von einer transparenten Richtlinie für den Umgang mit Unternehmen hören möchte. Vielleicht liegt das genau daran, weil es diesen Interessenskonflikt schon gibt. Und Deutschland ist eines der Länder, welches sich sehr stark für die Interessen von Unternehmen eingesetzt hat. Konzerne sind hier gerade dabei, sich Superprofite auszuhandeln. Ihre Interessen stehen im krassen Gegensatz des öffentlichen Wohls und zur Rettung unseres Planeten. Das sollte nicht bloß eine Frage von politischen Wahlen sein – sondern ein Thema der gesamten Bevölkerung.


Das Interview führte Nadja Charaby von der Rosa-Luxemburg-Stiftung am 11. Mai 2017. Gefragt, ob sie den einen Kommentar zu Donald Trumps erneuerter Ankündigung, am 1. Juni sich nun endgültig zu entscheiden, ob die USA aus dem Pariser Abkommen austräten, sagte Tetet einfach: «Shall we add: ‹dump trump› and make climate safe again».