Nachricht | Geschichte - Deutsche / Europäische Geschichte - GK Geschichte Terhoeven: Die Rote Armee Fraktion. Eine Geschichte terroristischer Gewalt, München 2017

Autorin vertritt stets einen konsequent neutralen Standpunkt

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2017 jährte sich der «Deutsche Herbst» zum 40. Mal. Petra Terhoeven, Europäische Kultur- und Zeithistorikerin an der Universität Göttingen, widmete den Ereignissen rund um die Rote Armee Fraktion (RAF) eine kompakte Monographie in der Beck’schen Reihe Wissen. Sie schöpft dabei aus einem reichen Fundus an wissenschaftlicher Vorarbeit, nicht zuletzt aus den Erkenntnissen ihrer Habilitationsschrift (Petra Terhoeven: Deutscher Herbst in Europa. Der Linksterrorismus der siebziger Jahre als transnationales Phänomen, München 2014).

34 Todesopfer forderte der Terror der RAF (S. 7). Terhoeven behandelt die Genese der gewaltbereiten Kleingruppe ebenso wie die zunehmende Isolation innerhalb der Studierendenbewegung nach 1968. Dabei differenziert sie sauber zwischen der «Bewegung 2. Juni», der «Kommune 1», der RAF selbst, den «Revolutionären Zellen», den «Tupamaros West-Berlin», der «Wielandkommune» sowie dem «Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen» und ordnet diese in den internationalen Kontext ein («Action Directe», «Brigate Rosse», «GRAPO», «Uccelli» usw.). Ein besonderes Highlight sind kurze Psychographien zu Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Horst Mahler und Ulrike Meinhof (S. 40-47).

Wo liegt aber der Mehrwert dieses Büchleins, das sich kantenlos in die Liste der Publikationen zur Terrorismusforschung des 20. Jahrhunderts einreiht? Ganz klar kann hier auf den Destillatcharakter auf Grundlage der Habilitationsschrift verwiesen werden, wobei es der Autorin gelingt, bei vorgegebener Kürze stets einen konsequent neutralen Standpunkt zu vertreten. Einerseits erfahren also Ulrike Meinhof oder Gudrun Ensslin ebenso Kritik wie die Polit-Promis Franz Josef Strauß (S. 66) oder Willy Brandt (S. 63). Ihre Argumentation folgt am ehesten einem linksliberalen Erklärungsmuster.

Darüber hinaus unterstreicht die Autorin einmal mehr den Vorwurf, dass offene Fragen in der Causa RAF längst hätten beantwortet werden können, würden die Verschlusssachen auf Archivseite endlich durch die Bundesregierung freigegeben (S. 19f.). Der wertvollste Denkanstoß für die bundesdeutsche Geschichts- und Politikwissenschaft ist jedoch der klare Angriff gegen die höchst umstrittene Hufeisentheorie: «Keinesfalls sollte man [der L]üge aufsitzen, nach der Links- und Rechtsextremismus im Grunde dicht beieinander lägen» (S. 40).

Petra Terhoeven, Die Rote Armee Fraktion. Eine Geschichte terroristischer Gewalt,: Verlag C. H. Beck, München 2017, 128 S., 9,95 Euro