Nachricht | Nerdinger: Das Bauhaus; München 2018

Eine gute Einführung in diese «Werkstatt der Moderne»

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Im April 1919 wurde das Bauhaus in Weimar offiziell eröffnet. Aus Anlass der 100-jährigen Wiederkehr dieses Ereignisses beginnt in diesen Tagen in den Medien und Museen ein erinnerungskultureller Marathon, der natürlich mit Publikationen begleitet wird. Winfried Nerdinger, ehemals Professor für Architekturgeschichte in München, hat nun einen Einführungsband vorgelegt.

Das bauhaus existiert von 1919 bis Anfang 1933, an drei Standorten (Weimar, Dessau, Berlin) , mit drei Direktoren (Gropius, Meyer, van der Rohe). Es gilt heute als die weltweit wichtigste und wirkmächtigste Ausbildungsstätte für Gestaltung. An ihr wirkten schon damals und erst recht heute bekannte Künstler, wie etwa Oskar Schlemmer, László Moholy-Nagy oder Gerhard Marcks. Andere, wie Lyonel Feiniger, Wassily Kandinsky oder Paul Klee lehrten dort weit über zehn Jahre.

Nerdinger geht chronologisch vor. Er beschreibt zuerst die Wurzeln des Gründungsgedankens des Bauhauses. Diese waren die politische und kulturelle Aufbruchsstimmung nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und die auch von Teilen der Industrie und Verwaltung gesehene Notwendigkeit, die Gestaltung industrieller Produkte zu verbessern, und die dafür nötige Ausbildung zu modernisieren. So wollte schon der 1907 gegründete Deutsche Werkbund, so Nerdinger «über eine Durchgeistigung der maschinellen Produkte der kapitalistischen Wirtschaft eine kulturelle, sowie national charakteristische Grundlage geben» (S. 16). Hatte bis dahin die Künstlerausbildung vor allem im stumpfen Kopieren von Bild-Vorlagen und griechisch-römischen en Statuen im Atelier bestanden, sollte nun in Werkstätten frei gearbeitet werden, die sich um Materialien wie Ton, Stoff, Stein, Papier und Metall gruppierten. Nerdinger schildert die personellen und inhaltlichen Entwicklungen und auch die konzeptionellen Dispute, die mit den Direktoren parallel und auch unabhängig davon verliefen. Sollten z.B. aus Künstlern Ingenieure werden? Sollte die Ausbildung subjektiv-ästhetisch oder an wissenschaftlichen Kriterien und Regeln ausgerichtet sein? Geht es um Komposition oder Konstruktion? Orientierte man sich am Handwerk, wurde später aus verschiedenen Gründen eine stärkere Kooperation mit der Industrie angestrebt, und auch praktiziert.

Das bauhaus wurde von rechts immer kritisiert und diffamiert, zuerst in Weimar, dann in Dessau. Nerdinger verschweigt nicht, dass viele, auch prominente, Bauhäusler nach dessen Schließung in den ersten Jahren des Nationalsozialismus noch für diesen arbeiten. Er schildert auch die globale Wirkung des bauhaus, vor allem in den USA und in Israel, wohin viele emigrieren. Zum Schluss schildert er wie Gropius bis zu seinem Tod 1969 die Deutung monopolisierte.

Nerdinger ist Architekturhistoriker und so legt er den Schwerpunkt seiner Ausführungen auf die Architektur – obwohl es eine (klassische) Architekturausbildung am bauhaus lange Zeit, bis April 1927, gar nicht gab. Sein preiswertes Büchlein ist eine gute Einführung in dieses Laboratorium der Moderne, gerade für LeserInnen, die sich wenig oder bisher gar nicht mit ihm beschäftigt haben.

Winfried Nerdinger: Das Bauhaus. Werkstatt der Moderne, Reihe Beck Wissen, C.H. Beck Verlag, München 2018, 128 Seiten, 9,95 EUR