Nachricht | Waffenexporte Heckler & Koch – Prozesstag 14: Zwei Zeugen des Bundesausfuhramtes

BAFA-Mitarbeiter erläutern «Genehmigungsketten» und «Komplementärgenehmigungen» und relativieren mit Behördensprech den Vorwurf «erschlichener Genehmigungen».

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Jan van Aken,

Ein wenig erkenntnisreicher Tag – aber der nächste Prozesstag wird spannend, denn der Vorsitzende Richter kündigte detaillierte Hinweise an, bei welchen Angeklagten sich für das Gericht bislang welche vorläufige Einschätzung ergäbe.

Bericht vom 14. Prozesstag am 18. September 2018.

 
Zunächst wurden zwei Zeugen aus dem Bundesausfuhramt (BAFA) befragt. Klaus S. war seinerzeit Sachbearbeiter im Rüstungsgüter-Referat des BAFA. Er bestätigte, was auch frühere Zeug*innen schon berichtet hatten: Dass die Genehmigung nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) sich einfach an die Genehmigung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz dranhängt. Es würde nur noch geprüft, ob alle Unterlagen vollständig und stimmig sind.

Die Endverbleibserklärungen, so Klaus S., seien das «entscheidende Dokument» – für den Antrag, aber nicht für die Genehmigung, denn seiner Meinung nach könne der Exporteur ja schlecht versprechen, dass der Empfänger die Waffen nicht weiter exportiert. Die Endverbleibserklärung sei Grundlage für die Entscheidung, aber nicht körperlicher Bestandteil der Genehmigung. Wenn ein neuer Endverbleib geplant sei, dann müsse das den Genehmigungsbehörden mitgeteilt werden, damit die prüfen können, ob diese Lieferung von der Genehmigung gedeckt sei.

Klaus S. ist zu einem konkreten Fall geladen worden, in dem er die AWG-Genehmigung für Heckler & Koch erteilt hat. Dabei ging es um den Export von rund 100 Maschinenpistolen MP5. In den Antragsunterlagen befand sich auch der Kaufvertrag zwischen HK und Mexiko, in dem unter anderem Guerrero und Chiapas als Endempfänger genannt werden, während die Endverbleibserklärung andere Bundesstaaten nennt. Es sei, so Klaus S., nicht ungewöhnlich, dass es Änderungen gäbe und ältere Papiere schließlich überholt wären.

Der zweite Zeuge, Willy J., war und ist stellvertretender Referatsleiter im BAFA. Er wurde zum Thema Komplementärgenehmigungen befragt. Zweck der so genannten Komplementärgenehmigungen sei die Entbürokratisierung gewesen. Für Fälle, in denen eine KWKG-Genehmigung vorliegt, wurden die nachgeordneten AWG-Genehmigungen nicht mehr einzeln, sondern pauschal per Komplementärgenehmigung genehmigt – also letztlich auf ein separates AWG-Verfahren verzichtet. HK hatte eine Komplementärgenehmigung vom 13.7.2006 über Ersatzteile für ein Volumen von maximal 10 Prozent des Wertes der dazugehörigen Kriegswaffen. Am 3.12.2007 wurde der Wert auf 30 Prozent angehoben.

An diesem Punkt knüpfte der Vorsitzende Richter an seinen «rechtlichen Hinweis» vom vorherigen Prozesstag an und bezog sich auf möglicherweise erschlichene Genehmigungen. In diesem speziellen Falle wird man sich, so der Richter, angesichts der Komplementärgenehmigung voraussichtlich schwer tun, von einer erschlichenen Genehmigung auszugehen, weil im Zusammenhang mit dem Genehmigungsantrag ja keinerlei konkrete Angaben gemacht worden sind.

Es wurden dann noch weitere Dokumente verlesen. Dabei dreht es sich zentral um die Frage, ob zum Zeitpunkt einer Schulung am G36 in Guerrero schon feststand, dass Guerrero nicht belieferungsfähig sein könnte, und welcher der Angeklagten Kenntnis davon hatte. In diesem Falle wurden Schreiben des Mexiko-Vertreters von HK an mexikanische Behörden verlesen, in denen es um eine «Schulung» für «Nutzer» des G36 Ende Juni 2006 in Guerrero ging.

Abschließend wurde die Angeklagte Marianne B. vom Gericht befragt, die als Sekretärin bei HK gearbeitet hat und bei der vielen Prozessbeobachter*innen nicht klar ist, warum sie überhaupt auf der Anklagebank sitzt, angesichts ihrer eher untergeordneten Rolle bei Heckler & Koch. Dazu hält der Vorsitzende Richter ihr einen Reisebericht vor, den sie selbst anlässlich ihrer ersten Mexiko-Reise im Dezember 2005 verfasst hat. Daraus ergibt sich, dass sie an relativ hochrangigen Gesprächen beteiligt war, unter anderem mit mehreren Generälen. Zudem macht sie in dem Bericht konkrete Vorschläge für Geschäfte mit Mexiko (dabei ging es um Pistolen), und der Vorsitzende Richter stellte in Frage, wie das zu der ihr bislang beschriebenen Rolle mit untergeordneten Tätigkeiten passe. Marianne B. meinte dazu nur, dass es bei dieser Reise gar nicht um G36 gegangen wäre, sondern um Anlagenbau.
 

Ausblick

Am nächsten Prozesstag am 20. September plant die Kammer einen weiteren rechtlichen Hinweis, der recht umfangreich und detailliert ausfallen soll, so der Vorsitzende Richter. Dabei ginge es auch um detaillierte Angaben dazu, bei welchen Angeklagten sich bislang welche vorläufige Einschätzung ergäbe.

Zudem sind noch zwei (ehemalige) Mitarbeiter von HK geladen, die zu Bonusvereinbarungen im Betrieb sowie zu den Umsatz-Anteilen des Mexiko-Geschäftes bei HK Auskunft geben sollen. Eventuell wird der Termin am 24. September ausfallen.