Nachricht | COP 24 «Wir leben in einer Zeit multipler Krisen»

Stimmen unserer internationalen Delegation

Auch in diesem Jahr ist die Rosa-Luxemburg-Stiftung mit internationalen Partner*innen auf dem UN-Klimagipfel. Hier kommen sie zu Wort, berichten über ihre Arbeit und verleihen der Forderung nach Klimagerechtigkeit Nachdruck.

«Wir leben in einer Zeit multipler Krisen. Die Antwort hierauf findet sich in den Regionen und Gemeinschaften. Klimagerechtigkeit wird es nur von unten geben.» | Diego di Risio, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Argentinien

«Die Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Lateinamerika unterstützen lokale Widerstandsgruppen in ihren Kämpfen gegen...

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... Ungerechtigkeiten im Zusammenhang mit dem Thema Energie. Das reicht von der Ausbeutung und Erzeugung der Energie - (Mega-Staudämme in Mexiko und Zentralamerika, Kohle in Kolumbien, Öl und Gas aus Patagonien) bis zum Verbrauch (ungleicher Zugang zu Energie, unfaire Tarife). Dabei gilt: Ungerechtigkeit findet man in verschiedensten Bereichen, wobei Klassenzugehörigkeit, Geschlecht und rassistisch motivierte Privilegien die Haupttreiber sind.

Gleichzeitig befassen wir uns aber auch damit, wie mögliche Alternativen hierzu aussehen könnten. Denn wenn wir einfach nur den einen Energieträger gegen einen anderen austauschen - Lateinamerika etwa  verfügt über eine der weltgrößten Lithiumvorkommen, einer Schlüsselressource für Batterien - bleibt es einfach bei dem bisherigen Muster, dass wir der Rohstofflieferant für den Konsumhunger des globalen Nordens sind (oder Chinas, oder Indiens, oder welcher Hegemon auch immer sich durchsetzen wird).

Es gibt schon jetzt zahlreiche Initiativen, die die Grenzen des Vorstellbaren erweitern: öffentliches oder gemeinschaftliches Eigentum an Fabriken, Gewerkschaften, starke Gemeinschaften, neue Formen der fairen, demokratischen und nachhaltigen Energieerzeugung. Diese Initiativen reichen von kleinen und mittleren Stromerzeugungsanlagen über die ökologische Landwirtschaft bis hin zu Kämpfen für eine Vergemeinschaftung von Unternehmen, um gleichberechtigten Zugang zu Energie, gute Jobs und demokratische Teilhabe zu ermöglichen.

All diese Projekte verdeutlichen, wo Bruchstellen des Kapitalismus liegen. Wir leben in einer Zeit multipler Krisen. Die Antwort hierauf findet sich in den Regionen und Gemeinschaften und braucht vielfältige Visionen und Strategien. Klimagerechtigkeit wird es nur von unten geben.»


«Das Regelbuch zum Pariser Klimaabkommen und der damit verbundene Prozess, die nationalen Klimaziele zu erhöhen, müssen sich an den Prinzipien der Gleichheit und Klimagerechtigkeit orientieren.»   | T. Jayaraman, Professor an der School of Habitat Studies, Tata Institute of Social Sciences, India

«In den vergangenen Monaten bestand ein Großteil der Arbeit von mir und meinen Kollegen darin, am Sonderbericht des Weltklimarats zum 1,5-Grad-Ziel mitzuwirken. Wir haben uns ...

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... hierbei an den Grundprinzipien Gleichheit und Klimagerechtigkeit orientiert. Dabei haben wir viele problematische Formulierungen in dem Bericht kritisiert - und zwar sowohl in unserer Rolle als Experten als auch als Berater der Indischen Regierung. Ich habe auch als Mitglied der indischen Delegation an der 48. Sitzung des Weltklimarates teilgenommen, auf der der Abschlussbericht von den Staaten angenommen wurde.

Die 24. UN-Klimakonferenz wird mit hoher Wahrscheinlichkeit schwierig und von Streit geprägt sein. Ich erhoffe mir ein Regelbuch zur Umsetzung des Pariser Abkommens, das sich an Gleichheit und Klimagerechtigkeit orientiert. Das soll auch für den Prozess des "Global Stocktake" gelten, innerhalb dessen die Staaten ihre nationalen Klimaziele noch einmal erhöhen sollen. Gegenwärtig sieht es bei der Differenzierung der Staaten noch düster aus, von Gleichheit in diesem Zusammenhang wollen wir lieber ganz schweigen. Ich erwarte mir von Indien, dass es sich nicht nur an den wissenschaftlichen Daten und dem, was technologisch machbar ist zur Einhaltung des 1,5-Grad-Limits, orientiert. Es soll sich auch daran orientieren, was ökonomisch, sozial und politisch machbar ist. Ganz konkret hoffe ich, auf der COP24 mit den Regierungsdelegation der G77+China-Verhandlungsgruppe zu diesen Themen sprechen und im Kontakt bleiben zu können.»


«Wir glauben, dass der Wandel nur dann nachhaltig sein wird, wenn er von Graswurzelbewegungen und Individuen getragen wird.»   | Bùi Thị Thanh Thủy, C&E (Center for Development of Community Initiative and Environment), Vietnam

«Alles, was wir tun, zielt auf gesellschaftlichen und einen systemischen Wandel, weil wir hierin die treibenden Kräfte im Kampf gegen den Klimawandel sehen. Wir glauben, dass der Wandel nur dann nachhaltig sein wird, wenn ...

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... er von Graswurzelbewegungen und Individuen getragen wird. Wir wollen diejenigen empowern, sich in den Kampf gegen den Klimawandel einzubringen, die am stärksten davon betroffen sind. Sie kennen ihr Umfeld und können am besten einschätzen, was dort funktioniert.

Deshalb unterstützen wir sowohl Jugendgruppen als auch die universitäre Lehre dabei, Kompetenzen für einen nachhaltigen Lebensstil zu entwickeln. Wir bieten Multiplikator*innenschulungen an, die über den Klimawandel, die Anstrengungen der Regierung und die Aktivitäten internationaler Organisationen für Klimaschutz und  Klimaanpassung informieren. Bislang haben schon fünf Universitäten Bausteine aus unserem Ansatz übernommen. C&E unterstützt aber auch die indigene Gruppe der Kotu in Zentral Quang Nam dabei, ihre traditionellen Rechte am Wald zu verteidigen und zu legalisieren, die bislang von der Regierung nicht anerkannt werden.

Bei der COP 24 hoffe ich, von anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen lernen zu können, solchen, die ebenfalls Frauen, Jugendliche und indigene Gruppen bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützen. Gleichzeitig fordere ich von den Staaten ein klares Bekenntnis, das Pariser Abkommen umzusetzen. Vor allem erwarte ich hierbei, dass die Entwicklungsländer, China zum Beispiel oder Indien, sich zu stärkeren Treibhausgasreduktionen verpflichten. Von den reichen Ländern fordere ich, dass sie mehr Mittel für den Green Climate Fund bereitstellen und sich auf einen umfassenden Technologietransfer in Entwicklungsländer verpflichten. Ich erwarte außerdem, dass die am stärksten vom Klimawandel betroffenen Gruppe - wie Frauen, ethnische Minderheiten und Menschen in Entwicklungsländern - besser unterstützt werden. Ich hoffe gleichzeitig, dass  Vietnam sich zu einem Ausstieg aus der Kohle verpflichtet, insgesamt aber auch mehr internationale Unterstützung bekommt - um auf saubere Energien umsteigen, seine Wälder besser schützen und schwächere Gruppen effektiver unterstützen zu können.»

Mehr Informationen
https://www.facebook.com/Ce.center.vn/
http://ce-center.org.vn 
issuu.com/tamtrung


«Politische Entscheider! Die Anpassungsfähigkeit von uns indigenen Communities ist bedroht, wir sind mit Konflikten, Katastrophen und unfreiwilliger Migration konfrontiert. Handelt jetzt!»   | Edna Kaptoyo, Indigenous Information Network, Kenia

«In den letzten Monaten habe ich versucht darauf hinzuwirken, dass Frauen in unserem nationalen Klimaplan stärker berücksichtigt werden. Dabei geht es darum, indigene Frauen zu empowern...

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... die auf der Graswurzelebene versuchen, Klimaschutz und Klimaanpassung voranzubringen. Von der COP24 erwarte ich mir, dass die Verhandlungsparteien sich auf wesentliche Themen einigen, wie den Respekt gegenüber den Rechten indigener Gemeinschaften, Zugang zu Finanzen für lokale und regionale Aktivitäten und die Etablierung der "Indigenous Knowledge Platform". Ich selbst werde in Katowice den Diskussionen folgen, die sich mit Genderfragen, lokalen Gemeinschaften und der erwähnten Plattform befassen. Ich freue mich darauf, gemeinsam mit anderen Frauen an der "Gender Constituency" und der "Indigenous People Constituency" teilzunehmen, die sich für den Respekt gegenüber den Rechten dieser Gruppen einsetzen.

Meine Botschaft an die politischen Entscheider: Als politische Entscheider repräsentiert ihr die Menschen und ihr habt die Macht, die richtigen Entscheidungen zu fällen und den Klimawandel mit der Ernsthaftigkeit anzugehen, die das Thema verlangt. Die Anpassungsfähigkeit von uns indigenen Communities ist bedroht, wir sind mit Konflikten, Katastrophen und unfreiwilliger Migration konfrontiert. Handelt jetzt!»


«Indigene Frauen leiden unter dem Klimawandel - aber sie haben auch ganz eigene Antworten darauf. Wir fordern von den Regierungen, uns bei unseren Anstrengungen zu unterstützen.»   | Margaret Nguratiang, MADRE, Kenia

«Ich komme aus der Pokot-Community. 80 Prozent unserer Wirtschaft hängen an Landwirtschaft und Viehhaltung. Dürren treffen unsere Wirtschaft hart und ...

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... machen meine Leute arm. Deshalb engagiere ich mich dafür, Frauen bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen, um Nahrungssicherheit und den Zugang zu frischem Wasser zu gewährleisten. Als lokale Anführerin der Frauen unserer Gemeinschaft arbeite ich auch daran, Frauen beim Aufbau von Kompetenzen zu unterstützen, die sie befähigen, an lokalen Planungsprozessen teilzuhaben - damit wir nicht zurück bleiben. Ich fordere, dass die Diskussionen auf der COP24 in konkrete Zusagen für indigene und lokale Gemeinschaften münden. Hier wird viel gebraucht, damit Menschen effektiv auf den Klimawandel reagieren können. Vor allem interessieren mich in Katowice die Diskussionen rund um Klimafinanzierung und Genderfragen. Der Zugang zu Ressourcen auf lokaler Ebene ist zentral für die Anpassung an den Klimawandel vor Ort.»


«Die Regierungen sollten den Klimawandel als Sicherheitsfrage behandeln. Es geht um das Leben unserer Leute und den Fortbestand unserer Kultur.»   | Susan Aleya, MADRE, Kenia


«Ich stamme aus der Rendile-Community. Wir erleben bereits Nahrungsmittelunsicherheit und Wassermangel, weil es vorkommen kann, dass es fünf Jahre lang nicht regnet. Im vergangenen November...

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...hat es zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder geregnet - und unser Dorf wurde überflutet. Das hat zu Verlusten bei Vieh, Menschen und unseren Häusern geführt. Außerdem führen der Wassermangel und die Nahrungsmittelknappheit zu Konflikten in unserer Region. Das treibt Menschen dazu fortziehen. Vor allem leiden die Kinder und Frauen.

In den vergangenen Monaten habe ich mit indigenen Frauen gearbeitet, um zu erreichen, dass sie ökonomisch gestärkt werden und an lokalen Entscheidungsrunden und Versammlungen für Frauen teilnehmen können. Dabei geht es um die Rechte an Land und Fragen des Friedens.

Von der COP24 erwarte ich mir, dass die politischen Entscheidungsträger und -trägerinnen den Klimawandel viel stärker als eine Frage der Sicherheit angehen, die Kinder und indigene Frauen bedroht. Ich freue mich darauf, mit dem Team der Rosa-Luxemburg-Stiftung und anderen indigenen Frauen auf der Konferenz zu sein. Da dies meine erste Klimakonferenz ist, will ich auch erfahren, wie unsere Regierungen hier die Entscheidungen treffen.»


 

«Es ist jetzt Zeit für die Regierungen zu handeln, morgen wird es zu spät sein.»   | Rosemary Mesopirr, MADRE, Kenya

«Ich stamme aus der Gemeinschaft der Maasai. Als indigene Frauen verfügen wir über keine Rechte an Land, obwohl das Gesetz etwas anderes besagt...

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... aber es wird nicht umgesetzt. Während der vergangenen Monate habe ich mit indigenen Frauen zu verschiedenen Fragen gearbeitet, zum Umweltschutz oder zu Fragen des ökonomischen Empowerments zum Beispiel. Außerdem ging es darum, Frauen zu empowern, sich in die Entscheidungen der Gemeinschaft einzubringen, die zentrale Fragen wie den Zugang zu Wasser betreffen. Das Ziel unserer Aktivitäten ist es, Frauen das Recht auf Zugang zu Land zu verschaffen, weil sie mit dem Land ihren Lebensunterhalt verdienen müssen und nur das Recht auf Land Nahrungsmittelsicherheit garantieren kann.

Ich erwarte von der COP24, dass die Entscheider anfangen, den Klimawandel als Frage der Sicherheit anzusehen, die besonders Kinder und indigene Frauen betrifft. Ich freue mich darauf, mit dem Team der Rosa-Luxemburg-Stiftung und anderen indigenen Frauen auf der Konferenz zu sein. Da dies meine erste Klimakonferenz ist, will ich auch erfahren, wie unsere Regierungen hier die Entscheidungen treffen.»