Wieder einmal tauchte die Frage auf, welchen Einfluss die von Heckler & Koch beauftragte Beraterfirma KPMG auf den Prozess hat. Eine E-Mail, die ganz entscheidend für die Anklage gegen Marianne B. ist, liegt nur in Kopie vor. Die E-Mails eines früheren Angeklagten sind größtenteils komplett verschwunden.
Bericht vom 20. Prozesstag am 6. November 2018
Zuletzt schien es so, als ob der Prozess so langsam dem Ende entgegen geht. So ganz sicher scheint das aber noch nicht zu sein. Der Verteidiger der Angeklagten Marianne B. kündigte für den nächsten Prozesstag am 15. November eine umfangreiche Erklärung an, nachdem sie erstmals den kompletten E-Mail-Verlauf seiner Mandantin rekonstruieren konnten.
Dabei kamen offenbar einige haarsträubende Details zur Dokumentenlage in diesem Verfahren zu Tage:
- Eine der entscheidenden E-Mails, die Marianne B. belasten, liegt dem Gericht gar nicht als Original vor. Auf dieser Mail soll Marianne B. auf einem Klebezettel eine (belastende) handschriftliche Notiz hinterlassen haben. Dem Gericht liegt das alles allerdings nur in Kopie vor. Dazu der Verteidiger von Marianne B.: «...das ist von den Hilfstruppen der KPMG da reinkopiert worden.» Antwort des Vorsitzenden Richters: «Ja.» Der Richter konnte dazu nur sagen, dass sie das Original auch «schon gesucht» hätten.
- Die E-Mails des ehemals Beschuldigten Axel H., der mittlerweile verstorben ist, liegen erst ab dem Jahre 2010 vor. Warum die E-Mails aus den Jahren davor nicht bei den Asservaten sind, konnte der Vorsitzende Richter auch nicht sagen.
- Es wurden diverse Organigramme der Firma Heckler & Koch in den Prozess eingeführt, in denen zu verschiedenen Zeitpunkten die genauen Zuständigkeiten im Unternehmen aufgelistet sind. Das Problem hier: Die Organigramme fanden sich in einem Ordner, der von KPMG erstellt wurde – es ist nicht klar, ob es sich hier um nachträglich von KPMG erstellte Organigramme handelt oder um Originaldokumente aus der damaligen Zeit. In zumindest einem Fall widersprechen diese Dokumente den Aussagen des Angeklagten Wolfram M. über dessen Rolle bei HK im Jahre 2008.
Der nächste Prozesstag könnte spannend werden, denn der Verteidiger deutete an, dass es einige Mails gäbe, nach denen auch andere Personen darüber informiert waren, dass Waffen auch in den «verbotenen» Bundesstaat Guerrero geliefert wurden.
Abschließend wurden heute noch Teile eines internen Erlasses des Bundesausfuhramtes (BAFA) verlesen. Es handelt sich dabei um einen 16-seitigen Erlass zum Genehmigungsverfahren beim BAFA. Fast das gesamte Dokument wurde dem Gericht geschwärzt übergeben, die wenigen nicht-zensierten Teile wurden im Prozess verlesen. Dieser vertrauliche Verfahrenserlass legt die Fälle fest, in denen das BAFA autonom, das heißt ohne Vorlage im Wirtschafts- und Außenministerium, über Ausfuhranträge entscheiden kann. Unter Mexiko steht dort schlicht: «Autonomie für Luft».
Ausblick
Der Verteidiger von Marianne B. blieb in seinen Ankündigungen vage. Er wolle am nächsten Prozesstag eine Reihe von «Beweisanregungen» stellen und es dem Gericht überlassen, ob es denen folge. Eventuell wolle er im Plädoyer dann noch «Hilfsbeweisanträge» stellen. Der Vorsitzende Richter drängte ihn, dann doch lieber gleich richtige Beweisanträge zu stellen und kündigte an, dass angesichts dieser Situation jetzt auch Termine bis in den Januar terminiert würden. Der bislang geplante Zeitplan – mit einem eventuellen Urteil am 10. Dezember – ist damit wieder offen.