Nachricht | Waffenexporte Heckler & Koch – Prozesstag 25: Die Staatsanwaltschaft bleibt bei der Anklage

Eine mögliche Geldstrafe für Heckler & Koch könnte hoch ausfallen.

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Autor

Jan van Aken,

Die Staatsanwaltschaft stellte klar, dass sie weiterhin der Meinung sei, dass die Lieferungen in bestimmte Bundesstaaten nicht genehmigt waren. Und der Vorsitzende Richter deutete an, dass eine mögliche Geldstrafe für Heckler & Koch recht hoch ausfallen könnte.

Bericht vom 25. Prozesstag am 17. Januar 2019
 
 

Stellungnahme der Staatsanwaltschaft

Im Vorgriff auf das anstehende Plädoyer gab die Staatsanwaltschaft eine umfangreiche Stellungnahme zur Rechtslage ab, um das Plädoyer «nicht zu überfrachten». Die Staatsanwaltschaft vertrat weiterhin die Auffassung, dass die angeklagten Waffenlieferungen nicht vom Inhalt der Genehmigungen gedeckt waren und macht folgende Punkte:

  • Entscheidend sei die «subjektive Richtigkeit» der Endverbleibsangabe. Eine Ausfuhr in Kenntnis eines anderen als des erklärten Endverbleibs sei nicht von der Genehmigung gedeckt.
  • Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien bei der Auslegung eines Bescheids auch die Antragsunterlagen heranzuziehen. Demnach könne nur genehmigt werden, was auch beantragt wurde. Werde der Antrag genehmigt, wird dessen Inhalt zugleich Gegenstand der Genehmigung.
  • Allen Beteiligten sei klar gewesen, dass die Genehmigungen nur aufgrund der unbedenklichen Bundesstaaten in den Endverbleibserklärungen erteilt wurden. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft sei es nicht zu erklären, wie man dann zu der Auffassung gelangen könne, man dürfe trotzdem nach Mexiko liefern, unabhängig davon, wo der dortige beabsichtigte Endverbleib ist.
  • Bereits im Anschreiben zum ersten kriegswaffenrechtlichen Antrag vom 16. Juni 2005 habe Heckler & Koch erklärt, dass «der Endverbleib in den Endverbleibserklärungen spezifiziert wird» und die Waffen «durch die berechtigten Polizeibehörden in den genannten mexikanischen Bundesstaaten benutzt werden». Daraus schließt die Staatsanwaltschaft, dass selbst HK nicht davon ausging, der Endverbleib sei allgemein Mexiko.

Der Vorsitzende Richter stellte daraufhin fest, dass es offenbar eine Verschiebung bei der rechtlichen Sichtweise der Staatsanwaltschaft gegeben habe. In der ursprünglichen Anklage sei noch der tatsächliche Endverbleib Inhalt der Genehmigungen gewesen, jetzt ginge es mehr um die subjektive Richtigkeit des Endverbleibs.

Zur möglichen Unternehmensgeldbuße

Auf Nachfrage des Anwaltes von Heckler & Koch sagte der Vorsitzende Richter, dass nach wie vor offen sei, nach welchem Verfahren eine mögliche Geldstrafe für das Unternehmen berechnet werden würde (falls es überhaupt dazu kommt). Allerdings gab er informell den Hinweis, dass der Verteidiger sich in seinem Plädoyer auf eine «Einbeziehung» vorbereiten solle. Das würde bedeuten, dass nicht nur der Gewinn aus dem Mexiko-Geschäft, sondern der gesamte Verkaufspreis für eine Geldstrafe zugrunde gelegt werden würde (siehe 18. Prozesstag).

Zur langen Verfahrensdauer

An einem Punkt wurde der Vorsitzende Richter ungewöhnlich unsouverän und ereiferte sich, es sei «plump populistisch» und «böswillige Verbreitung von Fake-News», wenn jemand nahelegen würde, dass Verfahren sei absichtlich verzögert worden. Dabei ist es schon ungewöhnlich, dass es von der Strafanzeige im April 2010 über fünf Jahre bis zur Anklageerhebung im Oktober 2015 gedauert hat, und nach der Verfahrenseröffnung am 3. Mai 2016 noch mal zwei Jahre bis zum Beginn der Hauptverhandlung (alle Daten aus einer Auflistung des Vorsitzenden Richters).

Diverses

Zur Rolle der Angeklagten Marianna B. sagte der Richter, viele Dokumente würden darauf hindeuten, dass sie einen gewissen Überblick zu den Waffenlieferungen hatte, die Fäden würden sprichwörtlich bei ihr zusammenlaufen. Frau B. antwortete dazu nur trocken, dass sie diese ganzen Listen nicht gemacht habe, weil ihr langweilig war, sondern weil sie den Auftrag dazu bekommen habe. «Wenn er mir sagt, ich muss ihm eine Liste machen, dann mache ich das auch.» Es gäbe zudem einen Vermerk, nach dem Frau B. in einer Besprechung mitgeteilt worden sei, man dürfe keine «Bundesstaaten empfehlen». Daraufhin habe sie das auch nicht mehr gemacht.

Das Verfahren wegen einer einzelnen Lieferung nach Mexiko (von insgesamt 16 ursprünglich angeklagten) wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft eingestellt. Dabei ging es um die Lieferung von Ersatzteilen, bei der nach Auskunft des Vorsitzenden Richters das Gericht sich nicht in der Lage sehe, zu ermitteln, wo diese Zubehörteile am Ende gelandet sind. Das Gericht betonte allerdings, dass diese Einstellung keinerlei präjudizierende Wirkung auf die anderen angeklagten Taten habe. Zudem wurden für den Angeklagten Ingo S. die Taten 10 bis 16 fallen gelassen, da er zum Zeitpunkt dieser Exporte das Unternehmen bereits verlassen hatte.

Das Zollkriminalamt ließ mitteilen, dass die Auswertung des E-Mail-Accounts von Axel H. – mittlerweile verstorbener HK-Mitarbeiter – keine relevanten neuen Erkenntnisse gebracht hätten. Auch das Gericht hat die Mails gesichtet und nach Aussage des Vorsitzenden Richters «keinen weitergehenden Erkenntnisgewinn, und zwar weder belastend noch entlastend» gewonnen.

Zudem berichtet der Vorsitzende Richter von einem Schriftsatz des Anwaltes Holger Rothbauer, der ursprünglich die Anzeige mit erstattet hatte. In diesem Schreiben schlägt Rothbauer vor, zur entscheidenden Frage des Prozesses – sind die Endverbleibserklärungen Inhalt der Genehmigungen? – den ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und den ehemaligen BAFA-Präsidenten Arnold Wallraff als Zeugen zu laden. Der Richter machte allerdings deutlich, dass er da keinen weiteren Aufklärungsbedarf sehe, insbesondere auch nicht durch Vernehmung der beiden Zeugen.