Nachricht | Geschichte - Parteien- / Bewegungsgeschichte - Osteuropa Die Weltpartei aus Moskau

Ausstellungseröffnung im RGASPI-Archiv

Information

Vor 100 Jahren, vom 2. bis 6. März 1919, tagte in Moskau der Gründungskongress der Kommunistischen Internationale (Komintern). Pünktlich zum Jubiläum hat das Moskauer Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Russischen Staatsarchiv für soziale und politische Geschichte (RGASPI) eine Ausstellung über die Geschichte der “Weltpartei aus Moskau” präsentiert. Die von Wladislaw Hedeler und Alexander Vatlin erarbeitete Ausstellung wurde nun am 5. März in den Räumen des RGASPI offiziell eröffnet.

Die Vorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Dagmar Enkelmann, betonte bei der Eröffnung die widersprüchliche Entwicklung der Organisation, die sich zum einen das Ziel gesetzt hatte, die Völker der Welt vom Joch des Kapitalismus zu befreien, deren Politik jedoch zum anderen – im Grunde seit ihrem Gründungskongress – an den politischen Prioritäten der sowjetischen Führung ausgerichtet war. Dies führte auch zu geradezu aberwitzigen politischen Schwenks, etwa mit der berüchtigten Sozialfaschismusthese, mit der die Kommunisten die sozialdemokratischen Parteien zu einem Flügel des Faschismus erklärten – wodurch eine Einheitsfront der Parteien der Arbeiterbewegung gegen den Aufstieg des Nationalsozialismus unmöglich gemacht wurde. Viel zu spät erst erkannte und korrigierte die immer mehr von Stalin dominierte Führung ihren verhängnisvollen Fehler, von dem sich die Internationale bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1943 nie mehr erholen sollte.

Der Direktor des RGASPI, Andrey K. Sorokin, erläuterte die unterschiedliche Rezeption der Komintern, die in Russland als Teil der russischen, im Ausland hingegen als Teil einer internationalen linken Geschichte wahrgenommen wird. Sorokin unterstrich, dass der sozialistische Aufbruch der Gründerjahre der UdSSR spätestens in den 1930er Jahren, zur Zeit des Großen Terrors, sich in sein Gegenteil verkehrt hatte. Auch deshalb konnte die Komintern ihrem selbst gestellten Anspruch globaler Emanzipation nicht gerecht werden.

Im Gegenteil: Die Ausstellung zeigt anhand von 18 biografischen Skizzen eindringlich das persönliche Schicksal von Delegierten des Gründungskongresses, darunter Grigori Sinowjew, Alexandra Kollontai, Fritz Platten und Hugo Eberlein (zu Eberlein vgl. auch den Artikel von Jörn Schütrumpf). In den Räumen des RGASPI werden die biografischen Stelltafeln ergänzt durch zahlreiche Originaldokumente, die etwa für Eberlein von seiner Delegiertenkarte 1919 bis hin zu seiner Verhaftung als “Volksfeind” durch den NKWD reichen.

Den Besucherinnen und Besuchern der Ausstellung wird auf diese Weise rasch deutlich, dass hier nichts beschönigt wird, sondern alles – und gerade die Verbrechen des Stalinismus – konsequent aufgearbeitet werden. In diesem Sinne kann man die Ausstellung nur zur Nachahmung empfehlen.