Nachricht | Staat / Demokratie - Afrika - Südliches Afrika Ist der «Elite-Pakt» das Papier wert?

Das erneute Friedensabkommen in Mosambik gibt wenig Anlass zur Hoffnung. Nicht nur, weil dieses noch geheim ist.

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Unterzeichnung des Friedensvertrag in Maputo
Unterzeichnung des Friedensvertrages in Maputo CC BY-ND 2.0, GovernmentZA, via flickr

»Paz definitiva« - »Endgültiger Frieden« steht auf dem Rednerpult und der Leinwand in Maputo. In Anwesenheit mehrerer internationaler Gäste wie dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa, Ruandas Präsident Paul Kagame und der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, unterzeichneten am 6. August 2019 Präsident Filipe Nyusi und der Führer der RENAMO, Ossufo Momade, ein Friedensabkommen, um militärische Aktionen und Feindseligkeiten zu beenden. Ein erster Vertrag wurde einige Tage vorher in der RENAMO-Hochburg im Gorongosa National Park in Zentralmosambik unterzeichnet, der zweite jetzt in Maputo. Nicht nur die Anwesenheit internationaler Politiker*innen, sondern auch die genutzte Wortwahl wie »historisch« oder »endgültig« verdeutlichen die Dimension, welche dem Vertrag zugeschrieben wird.

Jedoch: Über den Inhalt des gefeierten Abkommens ist wenig bekannt, nur Einzelheiten wurden genannt. Der Vertrag sieht die sofortige Entwaffnung und Wiedereingliederung von mehr als 5.000 Rebellen in die Gesellschaft vor. Einige RENAMO-Offiziere sollen Führungspositionen im Militär einnehmen. All das erinnert sehr stark an das legendäre Friedensabkommen von Rom aus dem Jahr 1992 oder den zweiten Vertrag aus dem Jahr 2014. Bis dato hielten die Verpflichtungen, auf Gewalt und militärische Aktionen zu verzichten, jedoch nie lange an. In Anbetracht dessen, dass erst wenige RENAMO-Militärs ihre Waffen abgegeben haben und die RENAMO kein monolithischer Block ist, scheint ein erneuter Bruch des Abkommens nicht unwahrscheinlich. Zudem hat eine Abspaltung der RENAMO bereits angekündigt, sich nicht an den Waffenstillstand gebunden zu sehen.

Friedliche Wahlen, aber ungewisser Ausgang

In zwei Monaten, am 15. Oktober, finden Parlaments-, Präsidentschafts- und Provinzwahlen in Mosambik statt. Mit dem Friedensabkommen kann sich die FRELIMO als Garant für Stabilität und Frieden für die internationale Öffentlichkeit darstellen. Angesichts der immensen Kreditunterschlagung und des damit einhergegangenen Vertrauensverlustes mehr als notwendig. Die RENAMO kann als versöhnlicher Akteur an den Wahlen teilnehmen. RENAMO-Chef Momade läutete auch sogleich den Wahlkampf ein.

Im Rahmen der Verhandlungen zum neuen Abkommen ergänzte die mosambikanische Legislative die Verfassung des Landes, so dass Provinzgouverneure gewählt und nicht von der Regierungspartei ernannt werden. Es wird erwartet, dass diese Änderung der RENAMO ermöglichen wird, einige Positionen als Provinzgouverneure in zentralen und nördlichen Gebieten zu gewinnen, in denen sie Unterstützung genießt. Mit der unzureichenden Mobilisierung - nur sechs der ersten 50 demobilisierten Kämpfer gaben Waffen ab - lässt sich die RENAMO jedoch ein Druckmittel offen. Ein weiteres Druckmittel sind die (noch) nicht durchgesetzten Forderungen der RENAMO wie die Integration von Kämpfern in die Sicherheitsdienste. Dem steht immer noch eine eher abwartende Haltung der FRELIMO im Weg.

Pakt der FRENAMO-Elite

Der Sinn des Vertrages soll nicht vollständig negiert werden, er ist notwendig - trotz seiner wahltaktischen Intention. Aber der Vertrag wurde abgeschlossen zwischen einer Regierung (FRELIMO), die mit den Folgen eines immensen Schuldenskandals zu kämpfen hat und einer militärisch-politischen Zwittergruppe (RENAMO), die oftmals Zusagen gebrochen hat, und aus ihren jetzigen Erwartungen an monetäre Kompensationen keinen Hehl macht. Worte der Versöhnung, zur Aufarbeitung und der Konfliktprävention waren deutlich leiser. Die Elite akzeptiert nicht, dass Frieden mehr ist als die Abwesenheit von Krieg, Gewalt und Konflikt. Außerdem wird aus den Fehlern der beiden Vorgängerabkommen nichts gelernt: Eine inklusive überparteiliche Debatte über die strukturellen Herausforderungen des Landes und vor allem über die Determinanten von Frieden und Konflikt fehlt völlig. Seit der nationalen Unabhängigkeit wurden alle Friedensverhandlungen in Mosambik im Wesentlichen nur von zwei Parteien, die zudem über ein Gewaltmonopol verfügen, geführt, ohne die notwendige Einbeziehung anderer gesellschaftlicher Kräfte zu ermöglichen. Ebenso wurde dieses Friedensabkommen wieder nicht genutzt, um politische Fortschritte wie Meinungsfreiheit, Zugang zu fairer Justiz und so weiter aufzugreifen und geschweige denn zu gewährleisten. Ein erneutes Amnestiegesetz, welches  Ende Juli vom Parlament bestätigt wurde, lehnen Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch ab, verschafft sich auch damit einmal mehr nur die Elite Rechtssicherheit. Ebenso gab es keinen Raum für sozioökonomische Debatten. Das scheint auch nicht notwendig betrachtet man viele Reaktionen: Die Relevanz des Abkommens zeige sich daran, dass - wie die Financial Times entsprechend ausführt - endlich die Chance vorhanden ist, die Gasvorkommen im Norden Mosambiks zu erschließen.