Nachricht | Geschlechterverhältnisse - Migration / Flucht WARUM DIE BÖSEN MÄDCHEN DIE GUTEN SIND

Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg beteiligte sich an 25. Brandenburgischen Frauenwoche mit einer Veranstaltung im Senftenberger Rathaus

Das Motto der diesjährigen Frauenwoche aufnehmend, lud die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg zu einer gemeinsam mit der Stadt Senftenberg organisierten Veranstaltung zum Thema "Warum 'Die bösen Mädchen' die guten sind" ins Senftenberger Rathaus ein. Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann (Philosoph, Rosa-Luxemburg-Stiftung) und Monika Auer (Frauen- und Integrationsbeauftragte der Stadt Senftenberg) begrüßten als Gesprächspartnerin Gabriele Gün Tank aus Berlin. Als Journalistin, Integrationsbeauftragte eines Berliner Bezirks und Mitgründerin der Mädchenband „Die bösen Mädchen“ sowie als Vorstandsmitglied des IG-Metall-Migrationsausschusses und der Rosa-Luxemburg-Stiftung hat sie sich intensiv – theoretisch wie praktisch – mit den Themen Rassismus und Diskriminierung, aber auch mit partizipativer Demokratie und interkultureller Bildung auseinandergesetzt.

Ihr Anliegen, einen neuen Begriff von Inklusion – statt Integration – zu entwickeln, stellt sie gestern Abend zur Diskussion. Ziel ist dabei die Ermöglichung maximaler Teilhabe bei minimaler sozialer und struktureller Ausgrenzung. Maßgeblich, so Gün Tank, ist, dass jede/r das Recht darauf hat, sich selbst zu definieren und dies auch von anderen akzeptiert und nicht ständig hinterfragt wird. In Deutschland geboren, wird sie selbst von vielen jedoch als Türkin wahrgenommen. Dies ist etwas, das ihr allerdings nur in Deutschland begegnet ist. Während ihrer Aufenthalte in den USA und in der Türkei spielte dies keine Rolle. Vielfalt ist die eigentliche Normalität und das eigentlich Spannende.

Zu Hause fühlt sie sich tatsächlich in der Türkei und in Deutschland, obwohl Berlin ihre Heimat ist. Heimat ist da, wo man satt wird, heißt ein türkisches Sprichwort – nicht nur der Bauch, sondern auch das Herz und die Seele. Gün Tank sagt: „Ich habe nie das Gefühl gehabt, zwischen zwei Stühlen zu sitzen, sondern immer auf einem großen Sofa.“

Ihr geht es darum, dass Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit wahrgenommen und akzeptiert und nicht auf bloß eine Eigenschaft reduziert und nur als Angehörige einer Gruppe werden – sei es das Geschlecht, ein Handicap oder ein Migrationshintergrund. Um für den Abbau von Barrieren zu kämpfen, muss man manchmal eben auch „böse“ sein – „qualifiziert böse“ oder, wie Ernst Bloch sagen würde, wissend unzufrieden. So setzt sich Gün Tank in ihrer haupt- wie ehrenamtlichen Arbeit dafür ein, Menschen in Workshops und Seminaren zu befähigen, ihre Interessen zu artikulieren und sich für ihre Rechte einzusetzen.

In der Diskussion ging es unter anderem um die die Rolle der Integrationsbeauftragten als Diplomatin und Brückenbauerin, um den Umgang mit Asylsuchenden, die Rolle von Solidarität und Neugier, die Begriffe  Toleranz und Akzeptanz sowie um die Chancen, die in einer Quotenregelung liegen – für Frauen oder auch für People of Color. Nicht nur auf der politischen Ebene oder in den Medien, sondern auch in Verwaltungen spiegelt sich die Zusammensetzung der Gesellschaft zu wenig wider.

Es ist noch ein weiter Weg zur Gerechtigkeit, aber Motivation genug für Politik und unser alltägliches Handeln.

Die musikalische Gestaltung des Abends hatte der sorbische Liederpoet Bernd Pittkunings übernommen. Er illustrierte die Forderung von Gün Tank, die Mehrheitsgesellschaft in die vielfältige Gesellschaft zu integrieren, mit dem Beispiel der Sorben/Wenden, siedeln sie doch schon seit Jahrhunderten in der Region und haben Zuwanderer insbesondere deutscher Nationalität aufgenommen.

Zum Blog zur 25. Brandenburgischen Frauenwoche "Weite Wege zur Gerechtigkeit".