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Viktor Orbán nutzt die Pandemie zur ungestörten Verwirklichung seiner politischen Ziele

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Protest gegen den ungarischen Parlamentsentscheid gegen die Rechte von Transpersonen
Am 21. Mai 2020 hat das ungarische Parlament die Möglichkeit der rechtlichen Anerkennung von Transmenschen abgeschafft, das eingetragene «Geschlecht bei der Geburt» darf nachträglich nicht mehr geändert werden. In den letzten Wochen gab es unter dem Hashtag #Drop33 eine Kampagne gegen das Gesetz in Teilen der ungarischen Zivilgesellschaft und darüber hinaus. Der Hashtag bezieht sich auf Paragraf 33 des reformierten Gesetzes über den Registrierungsprozess von Geburten, Todesfällen und Ehen, in dem es um die Einführung des «Geschlechts bei der Geburt» in den ungarischen Personenregistern geht. CC BY-SA 2.0, Bild von BriYYZ, Toronto/Kanada

Verhaftungen wegen Verdachts der falschen Panikmache, Schikane gegen Transpersonen, Überwachungsauftrag an den Sicherheitsdienst, Zurückweisung der Ratifizierung der Istanbul-Konvention – Ungarns rechte Regierung tobt zu Zeiten von Corona herum, als gäbe es kein Morgen.

Außerordentliche Rechtslage überspannt mit Sondervollmacht für die Regierung

Die Regierung Ungarns hatte am 11. März 2020 die außerordentliche Gefahrenlage auf dem Gebiet des ganzen Landes per Regierungsverordnung verkündet. Laut der Verfassung hätte diese Rechtslage innerhalb von 15 Tagen (also bis zum 26. März 2020) vom Parlament bestätigt werden müssen. Ein solcher Entschließungsantrag wurde jedoch seitens der Regierung nicht eingebracht. Stattdessen wurde der Entwurf einer Sondervollmacht für die Regierung vorgelegt («Gesetz über die Verteidigung gegen das Coronavirus»), dessen Verabschiedung im Eilverfahren am erforderlichen 4/5-Quorum scheiterte. Die Sondervollmacht wurde schließlich am 30. März 2020 mit den Stimmen der Regierungsfraktionen Fidesz-KDNP (Zweidrittel-Mehrheit) verabschiedet, noch am selben Tag im Gesetzesblatt verkündet und es ist am 31. März 2020 in Kraft getreten.

Szilárd Mészáros ist Jurist. Er war viele Jahre Mitarbeiter im ungarischen Parlament. Er beschäftigt sich zuletzt mit zeitgeschichtlicher Auseinandersetzung, mit neueren Erscheinungsformen von Rechtspopulismus sowie mit linken Gegenstrategien in Vergangenheit und Gegenwart.

Die Sondervollmacht diente dazu, den nationalen Notstand zu verlängern und die Regierung zum eigenständigen Handeln zu ermächtigen, damit sie sämtliche Maßnahmen zur Abwehr der Epidemie ohne weitere Abstimmungen vornehmen kann. Damit sollte eine effiziente Handlungsfähigkeit bewahrt bleiben, wenn das Parlament etwa aus Seuchengründen nicht mehr zusammentreten könnte. In diesem Gesetz ist es auch zur Änderung des Strafgesetzbuches gekommen: Die Regeln zu Verstößen gegen die Quarantäne-Auflagen und zur Verbreitung von Falschmeldungen wurden strenger – mit der Androhung von Freiheitsstrafen bis zu acht Jahren – gefasst. Die Oppositionsparteien meldeten im Vorhinein Bedenken. Der MSZP-Fraktionsvorsitzende Bertalan Tóth sagte, die gesamte Opposition hätte für das Corona-Gesetz gestimmt, wenn die Wirkung der Regierungsverordnung auf 90 Tage plus Verlängerung befristet worden wäre. Die linke Partei Párbeszéd (Dialog) machte sich in der außerordentlichen Lage erneut für die Einführung eines «krisenbedingten» Grundeinkommens in Höhe von 100.000 HUF (etwa 280 EUR) stark. Laut der grünen Partei LMP sollte die Einkommensteuerpflicht unterhalb des Niveaus des Durchschnittslohns ausgesetzt werden, der Staat sollte Großprojekte wie das Atomkraftwerk Paks 2 und die Eisenbahnstrecke Budapest-Belgrad aussetzen. Alle Oppositionsstimmen wurden – wie gewohnt – außer Acht gelassen.

«Sicherheit der Bürger*innen» durch Überwachung und gegen Transpersonen

Obwohl also das ungarische Parlament somit quasi in den Hintergrund gedrängt worden war, mangelte es weiterhin nicht an skrupelloser gesetzgeberischer Durchsetzung rechtskonservativer Ziele. Es wurde unter anderem ein Gesetzentwurf mit dem Titel «Gesetz über die Änderung bestimmter Gesetze zur Stärkung der Sicherheit der Bürger» eingebracht und verabschiedet, in welchem verschiedene, miteinander überhaupt nicht (bzw. lediglich aus rechter ideologischer Perspektive der Regierungsparteien) zusammenhängende Themen behandelt wurden. Als Beispiele vielleicht die beiden wichtigsten:

Laut diesem Gesetz wurde dem Nationalen Sicherheitsdienst ermöglicht, den Inhalt elektronischer Kommunikationsnetze zu überwachen, die von staatlichen und lokalen Regierungsbehörden betrieben werden, «um einen möglichen Cyberangriff auf Ungarn zu verhindern». Das Gesetz besagt zwar, dass der professionelle Dienst den Inhalt der Kommunikation nicht kennen darf, aber Datenschutz- und Rechtsexpert*innen sagen, dass es keine Garantie dafür gibt. Dies bedeutet, dass spezialisierte Dienste danach praktisch alles über eine*n bestimmte*n Bürger*in herausfinden könnten, einschließlich Krankenakten, Steuerdetails und Strafregistern, die auf den Servern von Regierungsbüros gespeichert sind. Das Gesetz schreibt außerdem vor, dass die Polizei Daten über Personen und deren Kontakte, die aufgrund eines begründeten Verdachts auf eine Straftat mit «forensisch wichtigen Merkmalen» befragt wurden, mindestens 20 Jahre lang aufbewahren darf. Bei Straftaten gegen Leib und Leben, bei Drogendelikten, bei Geldwäsche können die Daten 25 Jahre lang (wenn es um lebenslängliche Haft geht, 30 Jahre lang; wenn die Straftat nicht verjährt, dann 50 Jahre lang) gespeichert werden. In Fällen der organisierten Kriminalität gilt eine Frist von 40 Jahren. Darüber hinaus kann die Polizei bis zu 20 Jahre lang mit verdeckten Mitteln durchgeführte Aufzeichnungen über unschuldige Verdächtige führen.

Trotz internationaler Proteste hat das ungarische Parlament in diesem ominösen Gesetz die Möglichkeit der rechtlichen Anerkennung für Transsexuelle abgeschafft. Demnach darf im standesamtlichen Personenregister das biologische Geschlecht eines Menschen, das dort nach seiner Geburt eingetragen wurde, später nicht mehr verändert werden. Insbesondere schließt dies aus, dass eine Person, die sich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen hat, unter ihrem neuen Geschlecht anerkannt wird und ihre Dokumente in diesem Sinne ändern lassen kann. (Bisher war es ihnen rechtlich möglich, einen Antrag auf Geschlechts- und Namensänderung zu stellen.) Menschenrechtsorganisationen verurteilten die neue Regelung. So erklärte Dávid Vig von Amnesty International Ungarn: «Diese Gesetzgebung (...) setzt Transpersonen und intersexuelle Menschen weiterer Diskriminierung aus.» Sie verstärke eine «intolerante und feindselige Umgebung» für diese Menschen und werfe Ungarn zurück ins Mittelalter. In den letzten Wochen gab es unter dem Hashtag #Drop33 eine Kampagne in Teilen der ungarischen Zivilgesellschaft gegen das Gesetz (der Hashtag bezieht sich auf Paragraf 33 des Gesetzes, in dem es um die Einführung des «Geschlechts bei der Geburt» in den ungarischen Personenregistern geht). Ein führendes Mitglied der LGBT-Bewegung in Ungarn, Tamás Dombos, kündigte an, vor den ungarischen und internationalen Gerichten gegen das Gesetz vorzugehen.

Mit alten Mitteln gegen neuen «Gender-Wahn»

In Zeiten der Quarantäne ist die Zunahme der häuslichen Gewalt ein überall erkennbares Phänomen, gegen welches mit geeigneten Mitteln vorgegangen werden sollte. In diesem Zusammenhang wurde die Istanbul-Konvention («Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen

und häuslicher Gewalt») auch in Ungarn erneut thematisiert – hier wurde sie nämlich noch nicht ratifiziert. Für die ungarischen Regierungsparteien seien jedoch soziales Geschlecht und somit Teile der Konvention aus migrationspolitischem Aspekt (!) inakzeptabel, denn diese würden ihrer Meinung nach die «illegale Einwanderung» fördern. Deshalb hat das Parlament eine Erklärung verabschiedet, wonach die Konvention «destruktive Gender-Ideologien» unterstütze. Das Dokument fordert die ungarische Regierung dazu auf, keine weiteren Schritte zur Anerkennung der Konvention zu unternehmen. Der Opposition zufolge hätte die Ratifizierung der Istanbul-Konvention einen erheblichen Beitrag zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt geleistet. Politiker*innen der Opposition demonstrierten außerhalb des Parlamentsgebäudes.

Zwei Niederlagen mit absehbarem Zurückschlagen

Die Orbán-Regierung musste in den letzten Wochen zwei politische Niederlagen hinnehmen: Zum einen wurden Roma-Schüler*innen aus Gyöngyöspata (einem der ärmsten Gebiete Ungarns) finanzielle Entschädigungen wegen Segregation rechtskräftig zugebilligt, zum anderen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) gegen eine dauerhafte Unterbringung von Asylbewerber*innen in einem an der südlichen Landesgrenze Ungarns aufgestellten Containerlager entschieden. Diese beiden Fiaskos haben aber Orbán – nicht überraschenderweise – dazu ermuntert, neue (zurzeit noch unbekannte) Regelungen für die Durchsetzung seiner Ziele vorzubereiten. Die beiden Fälle dürfen hier kurz skizziert werden.

Laut der Entscheidung der Kurie (des Obersten Gerichtes Ungarns) erhalten 62 Schüler*innen der Roma-Volksgruppe aus der ost-ungarischen Siedlung Gyöngyöspata Entschädigungen von insgesamt rund 100 Mio. HUF (etwa 285.000 EUR). Sie wurden in der Schule ethnisch getrennt in Sonderklassen untergebracht, sie durften die Klassenräume der anderen Schüler*innen nicht betreten und nicht an Klassenausflügen und am Schwimmunterricht teilnehmen. Die Regierung hatte sich geweigert, das frühere Urteil erster Instanz anzuerkennen, und erklärte, niemand solle Geld bekommen, der dafür nicht gearbeitet hatte. Anstelle von Bargeldzahlungen sollten nach Antrag der Gemeinde und Schulbehörde den betroffenen Schüler*innen nachträgliche Bildungsangebote und Kurse offeriert werden.

Laut Auffassung von Ministerpräsident Orbán gewähre das rechtskräftige Urteil nur Recht, aber keine Gerechtigkeit. Es stelle sich die Frage, ob sich die Ungar*innen in ihrem Land noch zu Hause fühlen könnten und ob eine Minderheit befähigt werde, der Mehrheit ihren Willen aufzuzwingen. Das werde nicht passieren, solange er Ministerpräsident von Ungarn sei. «Offensichtlich sieht man in der Kurie im 5. Budapester Bedie die Ortschaft Gyöngyöspata nicht, aber wir werden sie zeigen», so deutete Orbán eine baldmögliche Gesetzesänderung an.

Kanzleramtsminister Gergely Gulyás gab am 21. März 2020 im staatlichen Fernsehen bekannt, dass die Regierung beschlossen habe, die Transitzonen am serbischen Grenzabschnitt zu schließen. Personen in den Transitzonen, welche sich in einem offenen Asylverfahren befinden, sollen in geöffnete, andere Zonen oder in geschlossene Aufnahmezentren verlegt werden. Asylanträge sollen dann nur mehr bei den ungarischen Botschaften in den jeweiligen Herkunftsländern eingereicht werden können. Die Schließung ist als Reaktion auf das für Ungarn negative Urteil des EuGH in Zusammenhang mit einer Beschwerde von Asylwerber*innen in Transitzonen zu sehen. Die bisherigen Statements von Viktor Orbán und anderer Funktionäre der Fidesz zeichneten ein gegenteiliges Bild – immer wieder wurde darauf hingewiesen, den Erhalt der Transitzonen mit allen Mitteln weiterhin durchsetzen zu wollen.

Auf die Frage, warum die ungarische Regierung so schnell auf das Urteil bezüglich der Transitzonen reagierte, sagte Minister Gulyás, dass es sich hier um die ständige Diskussion handle, wer darüber entscheide, mit wem die Bürger*innen der EU-Mitgliedsstaaten, in diesem Fall Ungarn, zusammenleben wollen. Brüssel beanspruche dieses Recht für sich selbst und dies werde auch von der ungarischen Linken unterstützt. Die ungarische Regierung und die Mehrheit der Ungarn hingegen bestehen darauf, dass nur jene Personen hereingelassen werden, mit denen die Ungarn – mit Rücksicht auf die völkerrechtlichen Bestimmungen – zusammenleben wollen. Aber dass Brüssel bestimme, dass sich Asylantragsteller*innen ohne Kontrolle in Ungarn aufhalten dürfen, werde nicht vorkommen. Die Entscheidung des EuGH sei nicht nur aus der Sicht Ungarns, sondern auch aus der Sicht der ganzen EU gefährlich, weil Ungarn gleichzeitig auch die Grenzen Europas schütze, da Griechenland nicht in der Lage sei, dies zu gewährleisten. Die ungarische Regierung interpretiere die Entscheidung des EuGH so, dass man keine Transitzonen betreiben dürfe, das heißt dass Antragsteller nicht den Bescheid über ihren Antrag in Transitzonen abwarten dürfen. «Gut so! Dann schließen sie die Transitzonen und bitten die Antragsteller, außerhalb des Zaunes zu warten. So sehe nun die Lage aus. In kürzester Zeit werden die neuen Bestimmungen verabschiedet, die dies regeln werden, das heißt wenn jemand ungarisches Gebiet betreten will, soll er sich an die ungarische Botschaft in Belgrad oder an eine andere ungarische Botschaft wenden und dort den Antrag stellen, welcher in Ungarn bearbeitet werde. Während dieser Zeit werden die Antragsteller irgendwo außerhalb des Zaunes warten, aber keinesfalls auf ungarischem Gebiet. Die ungarischen Behörden entscheiden über den Antrag und der Antragsteller wird dann verständigt. Das sei die neue Ordnung» – gab Viktor Orbán in einem Radiointerview bekannt. Er glaube, dass dies schlechter für die Migrant*innen als die bisherige Regelung sei, aber wenn die Bürokrat*innen in Brüssel dies so haben wollen, werde man deren Wunsch erfüllen. Die entsprechenden Gesetzesänderungen würden bald vorgenommen werden. Denn er hielt fest: «Wenn der EuGH ein Urteil fällt, das gegen die ungarische Verfassung verstößt, so muss der Verfassung Vorrang gegeben werden.» Diese letzten Worte sind besonders nach dem jüngsten Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts bezüglich des Vorranges der EuGH-Rechtsprechung bemerkenswert. Die Gefahr, die aus diesem Urteil der Karlsruher Verfassungsrichter*innen ausging, lauert also bereits im illiberalen Musterland Ungarn.

«Wer ist hier der Tyrann?!»

Ein 64-jähriger Mann aus Szerencs (Süd-Ungarn) wurde Mitte Mai wegen des Verdachts der falschen Panikmache in Gewahrsam genommen. Laut Meldung der Polizei habe der Mann am 28. April 2020 auf Facebook gepostet, die politische Führung des Landes habe die Milderung der Pandemieeinschränkungen absichtlich zum Zeitpunkt des Höhepunktes der Pandemie veranlasst, um damit massenhafte Erkrankungen herbeizuführen. Der Verdächtige wurde wegen dieses Facebook-Posts in Gewahrsam genommen und verhört. Die Polizei betonte auf ihrer Webseite: «Jede*r Bürger*in solle darauf achten, was für Inhalte er/sie online stelle, denn bösartige oder unüberlegte Nachrichten (!) könnten leicht zu Strafverfahren führen.» Das Verfahren wurde schließlich von der Staatsanwaltschaft eingestellt – mangels hinreichenden Verdachts. Laut Standpunkt der Staatsanwaltschaft sei der inkriminierte Facebook-Post des Mannes keine Gefährdung der erfolgreichen Bekämpfung der Pandemie. Die Polizei habe jedoch – laut nachträglicher Mitteilung des Mannes – bei der Festnahme dem Mann auch die Frage gestellt, an wen genau er gedacht habe, als er noch geschrieben hätte: «Du bist ein grausamer Tyrann, merke dir aber, dass bislang alle Diktatoren ans Ende ihrer Herrschaft gekommen sind.»

In Gyula (ebenfalls in Süd-Ungarn gelegen) wurde ein anderer Mann – Sympathisant der außerparlamentarischen liberalen Momentum-Bewegung – auch wegen des Verdachts der falschen Panikmache vernommen. Er habe auf seiner Facebook-Seite folgenden Satz gepostet: «In Gyula wurden 1170 Betten im Spital geräumt.» Alle seine EDV-Geräte seien sichergestellt worden.

Justizministerin Judit Varga hat sich nach diesen beiden Fällen verständnisvoll über die Polizei geäußert. Ihrer Meinung nach mache Fehler, wer arbeitet. Wie wahr, könnte man sagen, wenn diese beiden Fälle keinen üblen politischen Nachgeschmack hätten.

Weiter in die Krisenlage

Viktor Orbán hat – wahrscheinlich des europaweiten (und insbesondere auch deutschen) Aufschreis wegen – neulich angekündigt, die Sondervollmacht für die Regierung zurückzugeben und die ausgerufene Gefahrenlage beenden zu lassen. Demnach würde das Parlament alle seine Rechte zurückbekommen, und die Opposition (samt allen anderen Kritikern) müsste um Entschuldigung bitten, weil sie die Regierung diffamiert habe.

Nun liegt dem Parlament der entsprechende Gesetzentwurf vor, welcher zwar die vor Orbán angekündigten Maßnahmen beinhaltet – aber eben nicht nur diese. Es wird nämlich die Rechtsinstitution der «gesundheitlichen Krisensituation» eingeführt, welche im Wesentlichen der Gefahrenlage gleichzusetzen ist. Eine gesundheitliche Krisensituation könnte laut Entwurf vom Landesamtsarzt vorgeschlagen und von der Regierung vorerst für sechs Monate verkündet werden – eine Verlängerung wäre per Regierungsverordnung möglich, die Zustimmung des Parlaments wäre hierfür nicht erforderlich. Die Regierung könnte während der Krisensituation Gesetze außer Kraft setzen, von gesetzlichen Bestimmungen abweichen und andere außerordentliche Maßnahmen treffen.

Jeder möge selbst beurteilen, ob dieses Gesetzesvorhaben in Richtung Demokratie zeigt.