Wir klagen an! Ein Jahr nach dem rassistischen Terroranschlag
Am Abend des 19. Februars kam es in Hanau zu einem rassistischen Massaker an überwiegend jugendlichen Menschen, die sich mit ihren Freunden und Freundinnen in zwei Sisha-Bars trafen, dort miteinander aßen, sich unterhielten, abhingen. Mercedes Kierpacz, Ferhat Unvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu und Vili Viorel Păun wurden Opfer eines mordenden Rassisten.
Dieser Anschlag kam nicht aus dem Nichts, sondern reiht sich ein in die massiven Angriffe auf migrantisches Leben und die postmigrantische Gesellschaft. Dem Massenmord in Hanau ging außerdem eine politische Stigmatisierung, mediale Hetze und behördliche Kriminalisierung von Sisha-Bars voraus. Das Verbrechen fand seinen Ursprung in der Mitte der Gesellschaft.
Die große Solidarität, die von vielen Menschen in Hanau und bundesweit, darunter auch viele Betroffene anderer rassistischer Anschläge, zeigte, dass der Rassismus nicht mehr hingenommen wird. Die Forderungen und Perspektiven der Familien und Angehörigen der Opfer stehen dabei zentral. Serpil Temiz, die Mutter von Ferhat, machte deutlich, dass das Problem Rassismus heißt: «Mein Kind soll nicht für nichts gestorben sein. Der Rassismus soll keine andere Familie mehr zerstören.»
Direkt nach dem Anschlag gründete sich die Initiative 19. Februar Hanau. Sie hat sich auf zahlreichen Mahnwachen, Kundgebungen und Trauerfeiern ein Versprechen gegeben: Dass die Namen der Opfer, ihre Gesichter und ihren Geschichten nicht vergessen werden. Dass sie für eine lückenlose Aufklärung kämpfen werden. Dass sie Gerechtigkeit und Veränderung in dieser Gesellschaft und in den Strukturen und den Behörden einfordern. Dass sie die Familien, die Betroffenen und Überlebenden nicht alleine lassen und die rassistischen Morde vom 19. Februar nicht ein weiteres Mal unter den Teppich kehren lassen werden.
Die Rosa-Luxemburg-Stiftung Migration war von Anfang an an der Seite der Betroffenen und Familienangehörigen in Hanau. Gemeinsam mit der Initiative 19. Februar Hanau stärkt die solidarische Arbeit vor Ort. Teil der Kooperation ist die Erstellung eines monatlichen Newsletters, der über die Arbeit vor Ort, über den Stand der Aufklärung und über solidarische Aktionen und Veranstaltungen berichtet.
Mehr Infos: 19feb-hanau.org
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- Juni 2020: Wir sind die Initiative 19. Februar Hanau
Dies ist unser erster Newsletter in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin über unsere Arbeit, unsere Organisierung und unseren Kampf gegen das Vergessen. - Juli 2020: Erinnerung - Aufklärung - Gerechtigkeit - Konsequenzen
Der rassistische Terroranschlag vom 19. Februar 2020 in Hanau wird bald sechs Monate her sein. Seitdem hat sich vieles getan und leider auch vieles auf sich warten lassen.
Aufruf zur Demonstration und Kundgebung in Hanau am Samstag, 22. August 2020 - August 2020: Hanau ist überall
Nachdem an dem Abend vor dem 22.8. kurzfristig die Demonstration wegen steigender Corona-Infektionszahlen verboten wurde, musste die Mobilisierung abgebrochen und das geplante Programm geändert werden.Die Kundgebung in Hanau wurde an vielen Stellen als Livestream übertragen. Dieser Newsletter zeigt eine Zusammenfassung der eindringlichsten Worte der RednerInnen. - September 2020: 19. September - Tag der Zivilcourage
Am 19. September 2020 kamen wir zum siebten Mal dieses Jahr zusammen, um an die Opfer des rassistischen Terroranschlags vom 19. Februar 2020 zu erinnern und sie würdevoll zu ehren. - Oktober 2020: 19. Oktober - Acht Monate nach dem rassistischen Anschlag
Acht Monate nach dem rechtsextremen Terroranschlag vom 19. Februar kamen wir wieder zusammen, um unserer neun Verlorenen zu gedenken.
Es fand ein gemeinsames Gedenken und Erinnern in Hanau Kesselstadt am Kurt-Schumacher-Platz, dem zweiten Tatort, dem Hanauer Heumarkt, dem ersten Tatort, und wie in den vergangenen Monaten auch immer am Hanauer Marktplatz am Brüder-Grimm-Denkmal statt. - Dezember 2020: 23. November 2020 - 28 Jahre nach dem rechtsterroristischen Brandanschlag
Beim Gedenken in Mölln war es sehr beeindruckend zu sehen, wie viele Angehörige gesprochen haben – auch aus Halle, Dessau und Hanau.
Emiş Gürbüz, die Mutter von Sedat und Vaska Zlateva, die Cousine von Kaloyan Velkov, haben vor dem Haus gesprochen und ihre Solidarität erklärt, in dem vor 28 Jahren drei Menschen ermordet wurden.