Nachricht | Ungleichheit / Soziale Kämpfe Armut in Brandenburg

Erfolgreicher Start der Dienstagsgespräche zu aktuellen politischen Themen

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Was haben Bananen mit Chancengerechtigkeit zu tun? Die Antwort gab Diana Golze, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familien, im Rahmen einer Podiumsdiskussion am 24. Februar 2015 im Landtag Brandenburg. Veranstalter waren die Fraktion DIE LINKE im Landtag und die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg. Das Thema „Armut in Brandenburg“ hätte aktueller nicht sein können. Erst in der Woche zuvor hatte der Paritätische Gesamtverband seinen Armutsbericht 2013 veröffentlicht: In Deutschland hat die Armutsquote mit 15,5 Prozent ein neues Rekordhoch erreicht. 12,5 Millionen Menschen sind arm. In Brandenburg ist die Armutsquote leicht gesunken. Dennoch liegt diese mit 17,7 Prozent noch immer deutlich über dem Bundesdurchschnitt.

Ministerin Golze erläuterte ihren Politikansatz, vorhandene Maßnahmen zur Armutsbekämpfung zu bündeln, neue Maßnahmen zu entwickeln und die Instrumente der Arbeitsförderung besser zu verzahnen. Ihr zentrales Thema ist die Bekämpfung der Kinderarmut durch bessere Chancengerechtigkeit. Kinder aus Familien mit wenig Geld seien öfter krank, hätten schlechtere Bildungschancen und mehr Probleme beim Übergang ins Erwerbsleben. Amtlichen Statistiken zufolge ist in Brandenburg jedes vierte Kind von Armut bedroht. Daraus entstehe die Gefahr eines Armutskreislaufs, dem auch die Kinder armer Eltern nur schwer entkommen könnten.

Andreas Kaczynski, Vorstandsvorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Brandenburg, machte auf die wachsende Altersarmut aufmerksam. Für viele, die jetzt in Rente gehen, sei das ein konkretes Problem, auch wenn das derzeit in der statistischen Erhebung noch nicht sichtbar werde. Die Durchschnittsrente in Brandenburg sei von 800 auf 770 Euro gesunken. Er forderte eine armutsfeste Grundrente. Der Grundstein für Armut im Alter werde im Erwerbsleben gelegt. Die der Wegfall des öffentlichen Beschäftigungssektors und vieler Fördermöglichkeiten im zweiten und dritten Arbeitsmarkt, die Ausweitung des Niedriglohnsektors und prekärer Beschäftigungsverhältnisse sowie die wachsende Zahl von Aufstockern, die zusätzlich zum Lohn auf Sozialleistungen angewiesen sind, beschleunigen die Zunahme von Armut. Hier müsse die Politik mehr tun.

Armutsbekämpfung ist auch ein Arbeitsschwerpunkt der Linksfraktion in dieser Legislaturperiode. Gleich zu Beginn hatte sich der Landtag zur aktiven und zielgerichteten Bekämpfung von Armut bekannt. „Dabei können wir an bewährte Maßnahmen wie das Schüler-Bafög nach dem Ausbildungsförderungsgesetz für Schülerinnen und Schüler aus einkommensschwachen Familien sowie der Zuschuss zu Familienreisen oder das Mobilitätsticket anknüpfen“, sagte René Wilke, Sprecher Sozial-, Gesundheits-, Pflege- und Seniorenpolitik der Fraktion und Vorstandsmitglied der Brandenburger Rosa-Luxemburg-Stiftung. In seinem Wahlkreis Frankfurt (Oder) sind 30 Prozent der Kinder armutsgefährdet. 1500 Bürgerinnen und Bürger nutzen regelmäßig die Tafel, um nicht zu hungern.

80 Gäste, unter ihnen Vertreterinnen und Vertreter der Landesarmutskonferenz, von sozialen Vereinen und Wohlfahrtsverbänden, folgten aufmerksam der zweistündigen Debatte und nutzen die Gelegenheit, über ihre Erfahrungen zu berichten und konkrete Fragen zu stellen. Das Themenspektrum reichte vom Problemfeld „Arm durch Pflege“ über die starke Armutsgefährdung Alleinerziehender bis zur Forderung nach öffentlichen Beschäftigungsangeboten und der Anhebung des Mindestlohnes.

Aber, wie ist das nun mit den Bananen und der Chancengerechtigkeit?

Wenn drei Bananen an gleich langen Strippen von der Decke hängen haben drei Kinder die gleiche Chance, sich eine Banane zu nehmen – vorausgesetzt, sie sind alle groß genug. Sind sie es aber nicht, dann benötigen die zu Kleinen ein Hilfsangebot. Diese Hilfsangebote will die Ministerin ausbauen. Das ist Chancengerechtigkeit.